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Kampf der Poeten

Memminger Meile: Poetry Slam zog 350 Zuschauer an

veröffentlicht am 25.06.2018
Poetry Slam

Allgäuer Trophäen: Mit einer Sieger-Milchkanne im Gepäck konnte sich Tom Candussi aus Graz auf den Heimweg machen. Der Zweitplatzierte Lars Ruppel bekam eine XL-Packung Spätzlesmehl.  Unser Vorschaubild zeigt die sechs Slam-Poeten (v.li.): Tom Candussi, Lars Ruppel, Sara Louisa Heim, Der Mo, Ezgi Zengin und Barbara Gerlach zusammen mit Schauspielerin Miriam Haltmeier (3.v.re.), Songwriterin ANNA (rechts) und Ringrichter Flo (links im Bild). Fotos und Galerie:  amxfoto@gmx.de

Memmingen (as). Sechs Poet/innen und eine Schauspielerin sorgten beim  Poetry Slam „Vorsicht Dichter“ im Rahmen der Memminger Meile für einen an- und aufregenden Abend. Am Ende setzte sich der erfolgreiche Sprachakrobat Tom Candussi aus Graz in einem spannenden Stechen gegen den zweifachen deutschen Meister Lars Ruppel durch.

Der Andrang des vorwiegend jüngeren Publikums beim Poetry Slam im Memminger Kulturzentrum Kaminwerk war so groß, dass noch zusätzliche Stühle aufgestellt werden mussten.

In einem spannenden Dichterwettstreit boten die sechs Slam-Poeten Lars Ruppel, Ezgi Zengin, Sara Louisa Heim, Der Mo, Tom Candussi, Barbara Gerlach dem Publikum ein überaus breites Spektrum der Slamkunst. Durch das Programm führten die  Ringrichter Bernd Scheiter und Florian Frasch. Ihnen zur Seite standen bzw. saßen fünf Freiwillige aus dem Publikum als Jury.

Schwer zu vergleichen

Poetry Slam

Das „Opferlamm“: Vöhlin-Schüler Kevin Schuster musste für den Probelauf herhalten. Mit seinem Beitrag außer Konkurrenz erzielte er eine gute Punktezahl.

Die Slammer hatten jeweils sechs Minuten Zeit, das Publikum zu beeindrucken mit Lyrik, Prosa oder Rap. Der Vergleich fiel dabei schwer, denn die Beiträge waren sowohl thematisch als auch vom Sujet her sehr unterschiedlich, zumal in einigen von ihnen die Sprache selbst zum Gegenstand verspielter Betrachtung wurde.

Leichtfüßig, unterhaltsam und doch tiefsinnig waren die Texte, welche die Slammer im Gepäck hatten. Auf einen „Erotik-Slam“ voller Hindernisse folgte die drogenoptimierte Suche nach dem Sinn des Lebens sowie Betrachtungen über das Älterwerden. „König Schneehofer“ wurde als frostiger Herrscher kurz vorm „Schnexit“ präsentiert. Lautmalerischer „Schizophonetik ohne Anspruch auf Sinnhaftigkeit“ folgte eine Ode an die Sprache.

Mut zur Lücke 

Von absurdem Witz waren die Leipogramme (Texte, die bewusst auf bestimmte Buchstaben verzichten) des Slam-Siegers Tom Candussi. Er bewies Mut zur Lücke: Mit einem Text, der schilderte, wie die Bewohner eines Dorfes ins Gespräch kamen, nachdem verschiedene Konsonanten daraus emigriert waren, siegte Tom Candussi im Finale über seinen Konkurrenten, den zweifachen deutschen Meister und Vollzeit-Slammer Lars Ruppel. In der Vorrunde hatte Ruppel mit seiner Geschichte „Die Kuh auf dem Eis“ um einen Punkt vor ihm gelegen.

„Döner gegen Bratwurst“

Poetry Slam

Viel Applaus bekam auch die Münchner Songwriterin ANNA für ihre bluesige Umrahmung der Runden im Ring.

Lars Ruppel, der 30 Lehrer, Schüler, Azubis und Studenten am Nachmittag in einem Workshop unterrichtet hatte, präsentierte im Finale eine modernisierte Version von Theodor Storms "John Maynard". Held ist auch hier ein Steuermann, nämlich der Berliner S-Bahnfahrer "Mike Lübke". Die Ausdünstungen eines öffentlich gegessenen Döners stehen für eine „Islamisierung des Atems“. „Döner gegen Bratwurst“ -  Ausländerfeindlichkeit ist eines der großen Themen Ruppels. Die Beilage zum Döner erhielt er in Memmingen in Form des 2. Preises: einer Großpackung Spätzlesmehl.

„Dead versus alive“

Diesmal wurden der populären Dichtkunst der Slammer Werke entgegengestellt, die bereits die Weihen höherer Literatur genießen. Unter dem Motto „Dead versus alive“ beeindruckte Schauspielerin Miriam Haltmeier vom Landestheater Schwaben  die Zuschauer mit einem ergreifenden Monolog aus Heinrich von Kleists Tragödie um die Amazonenkönigin „Penthesilea“. Um den  alltäglich-banalen Horror aus dem Schlachtfeld Arbeitsplatz ging es in einem zweiten Monolog aus dem Bürostück „Bandscheibenvorfall“ der zeitgenössischen deutschen Theaterautorin und Regisseurin Ingrid Lausund. Miriam Haltmeiers Spiel machte die Absurdität verzweifelter Selbstoptimierungsstrategien von Angestellten im Vorzimmer des Chefs sicht- und spürbar.

Den nächsten Poetry Slam gibt es am 28. Dezember im Kaminwerk.

Die sechs Kandidaten des Dichtkunst-Wettbewerbs zeigen wir in der Galerie: