Miriam Haltmeier spielt den gestiefelten Kater mit geschmeidiger Eleganz und manipulativem Charme. Fotos: Stefan Löber
Memmingen (as). Die frische und freche Version des beliebten Grimmschen Märchens von Thomas Freyer hat die Herzen der Premieren-Zuschauer mit Sieben-Meilen-Stiefeln erobert. Das Familienstück des Landestheaters Schwaben ist am zweiten Weihnachtsfeiertag, 26. Dezember, 15 Uhr, noch einmal im Stadttheater zu sehen.
„Alles für die Katz'“, meint Hans frustriert, als er dem sprechenden Kater, seinem einzigen Erbstück, von seinem letzten Geld lederne Stiefel kauft. Kann er doch nicht ahnen, dass das gerissene Tier (Miriam Haltmeier) ihn, den mittellosen Müllersohn (arglos und unverstellt: Niklas Maienschein), durch ein ausgeklügeltes Katz-und-Maus-Spiel zum Grafen macht …
Mit vielen witzigen und überraschenden Einfällen amüsiert und fasziniert die modernisierte Geschichte vom Kater, der seinem Herrn ein besseres Leben verschaffen will, in der pfiffigen Inszenierung von Ingrid Gündisch kleine und große Zuschauer gleichermaßen.
Größte Sympathie erntet der ausgebeutete Diener Gustav (Jens Schnarre), der nach Entlassung der gesamten Dienerschaft durch den von Verarmungsangst geplagten König (André Stuchlik in purpurrotem Strampelanzug) nun Diener, Musiker, Jäger, Koch und Hofnarr in einer Person sein muss. Und dann soll er auch noch die chronisch gelangweilte Prinzessin (Regina Vogel als zwangsverspielte Königstochter) bespaßen, die, obwohl bereits heiratsfähig, vom Vater ständig ins Kinderzimmer geschickt wird: „Geh spielen, Maus“. Doch eigentlich will der König ja nur eins: Mindestens drei Mal am Tag Rebhuhn essen.
Kleider machen Leute
Der Kater (Miriam Haltmeier) erklärt Hans (Niklas Maienschein), was er zu tun hat. Foto: Sonnleitner
Und wer wäre als Lieferant hierfür besser geeignet als der räuberische Kater? Säckeweise fängt er das begehrte Federvieh (rote Gasluftballons in Hühnergestalt) und wird dafür fürstlich mit dem letzten Gold aus der königlichen Staatskasse entlohnt. Doch Herrchen Hans weiß gar nichts mit dem neuen Reichtum anzufangen, und auch an die Rolle als Hochstapler muss er sich schwer gewöhnen.
Doch zunächst einmal muss der gute Gustav auch noch Bademeister spielen und seinen (fast) unbekleideten Herren aus dem See ziehen, während der Kater in aller Ruhe die ärmlichen Kleider des Müllersohnes durch fürstliche Garderobe ersetzt ...
Bezaubernde kleine Biotope
Das Bühnenbild ist bereits ein Spektakel für sich: Ausstatterin Franziska Isensee hat kleine Biotope für ihre Figuren geschaffen. Thronsaal, Küche, Kinderzimmer Wirtshaus hat sie liebevoll mit passenden Utensilien bestückt – ja, sogar eine Wald-Kiste mit Lagerfeuer und Regen (aus einer Gießkanne) gibt es. Die Protagonisten sitzen, stehen oder hängen in rollbaren Kästen – tödlich gelangweilt baumelt die Prinzessin kopfüber in ihrem mit Plüschtieren angefüllten Glaskasten wie im Riesenwühltisch einer Spielwarenabteilung.
Alle sind sie irgendwie isoliert, gefangen in ihren mehr oder minder kleinen Räumen, bis der gerissene Kater bei Nacht und Nebel den mächtigen Zauberer vertilgt, in dessen Schloss der völlig überforderte Hans nun als falscher Graf einzieht.
Der böse Bann ist gebrochen
Der Held der befragten Kinder zwischen 5 und 11 Jahren war Gustav, doch der modebewusste Emil ("fast acht", hier mit Mutter Lucie Graf (li.) und Dramaturgin Anne Verena Freybott) fand den Hans am tollsten - "weil er so schöne Haare hat".
Der böse Bann ist gebrochen. Auch der gestresste Diener Gustav kann endlich aufatmen, denn der König, der das Spiel als einziger nicht durchschaut, sieht sich und die Staatsfinanzen saniert und leistet sich wieder Personal.
Zuweilen mutet
das Stück an wie eine Satire zum Thema Work-Life-Balance. Die Prinzessin, die
davon träumt, ihr Tagwerk als Bäuerin zu verrichten; der vor Überforderung
ständig einschlafende Diener Gustav; Hans, der mit sich und seinem Reichtum
nichts anzufangen weiß – nur der König als narzisstischer Machthaber par excellence
ist vollauf mit der Pflege seines Egos beschäftigt. Gustav jedoch hat für sich
erkannt: Zu viel arbeiten ist ätzend, aber immer nur frei haben, macht auch keinen
Spaß.
Burnout-Gustav und böser Zauberer
Ob Slapstick oder Zauberstab: Jens Schnarre brilliert als Burnout-Gustav und böser Zauberer mit umwerfender Komik. Miriam Haltmeier imponiert als geschmeidig-schmeichelnder Kater, der die Samtpfoten gegen Stiefel vertauscht, um sein geliebtes Herrchen im Spiel des Lebens als Sieger zu positionieren.
Am Ende löst sich alles auf in Frohsinn, Glitter und wilden Tanz zum virtuosen Kontrabass von Tiny Schmauch. Und die Schauspieler ernten den verdientermaßen riesigen Applaus der begeisterten kleinen und großen Premierenzuschauer.
Die Prinzessin (Regina
Vogel), der Kater (Miriam Haltmeier), Hans (Niklas Maienschein) und der König (André Stuchlik) auf dem Weg ins neue Domizil des "Grafen" - gezogen von, na wem wohl? Dem braven Gustav natürlich! (Jens Schnarre).
Karten für die Vorstellung am 26. Dezember gibt es an der Theaterkasse (Montag bis Freitag von 11 bis 18 Uhr, samstags von 10 bis 14 Uhr, Telefon 08331/ 94 59 16. Die Kasse öffnet eine Stunde vor Vorstellungsbeginn.