Der Memminger Dr. Klaus Hörmann mimt erstmals den Feldherren
Memminen (dk). Am „Merkblatt für Mitwirkende“, das der Memminger Fischertagsverein für die historische Wallensteinwoche in Memmingen verteilt hat, kommt auch Dr. Klaus Hörmann (37) nicht vorbei. Die ihm vom Verein auferlegte Bürde, 2012 erstmals die Hauptfigur „Wallenstein“ zu mimen, hilft ihm zumindest in diesem Punkt nicht weiter.
Demzufolge wird der zweifache Familienvater während der Wallensteinspiele (29. Juli bis 5. August) Kontaktlinsen oder eine dem Jahr 1630 angepasste Sehhilfe anstatt seiner modernen Brille tragen. Zudem wird er in den Lagern oder bei offiziellen Auftritten keine Kurznachricht über sein Mobiltelefon versenden. „Handys sind nicht zeitgemäß“, gibt der „Wallenstein-Knigge“ vor.
Dass in Lagern nur Pfeife, Stumpen und Zigarillos ohne Mundstück geraucht werden dürfen und bei öffentlichen Auftritten generell Rauchverbot besteht, das braucht Albrecht Wenzel Eusebius von Wallenstein, alias Dr. Klaus Hörmann, nicht mehr zu interessieren. Der Wallenstein 2012 raucht nicht.
Als hätte er geahnt, dass der Freistaat Bayern 2010 das bundesweit strengste Rauchverbot bekommen würde, packte Hörmann 2008 den Glimmstängel für immer weg und zückt „nur noch die Kräuterzigarette – wenn es unbedingt sein muss“. Es passt ins Drehbuch, dass Hörmann ausgerechnet zum Ende der Wallensteinwoche 2008 – damals verkörperte er den Freiherr von Questenberg - letztmals rauchgeschwängerte Kringel in den Abendhimmel über Memmingen blies. „Damit zu tun hat es aber nichts. Es war vielmehr die Verantwortung gegenüber meiner ältesten Tochter, die mich dazu bewegt hat. Sie fragte mich seinerzeit, warum ich Geld dafür bezahle, um mir die Gesundheit zu ruinieren“, erinnert sich der promovierte Betriebswirtschaftler.
Die Nervosität vor und während seiner großen Auftritte in diesem Sommer muss Hörmann künftig also anders bekämpfen. Wer sich mit dem gebürtigen Memminger unterhält und ihn bei der offiziellen Auftaktveranstaltung im Rathaus gesehen hat, bekommt den Eindruck, der Begriff „nervös“ existiert überhaupt nicht in Hörmanns Wortschatz. Wortgewandt, textsicher, eloquent, selbstbewusst, schlagfertig sind fünf Attribute, die besser passen würden. „Der Wasserfall und der starke Mann ebnen sich ihren Weg von selbst“, ließ er Zuseher und Zuhörer unter anderem wissen und blickte ernst und grimmig in die Medien- und Prominenten-Runde. Später stimmte er „sein“ Volk vom Rathausbalkon auf den historischen Sommer ein, winkte mit Federhut in die Menge und strich sich über seinen Spitzbart sowie durch sein wallendes Haar, dem sich Allgäuer Friseure bis zum Auszug Wallensteins nicht mehr ungestraft nähern dürfen. „Ich bin mir sicher, die Nervosität kommt noch. Mit einem Ruhepuls von 60 werde ich den Wallenstein jedenfalls nicht spielen“, ist sich Hörmann sicher.
Seit Weihnachten 2011 bereitet er sich intensiv darauf vor, der Rolle des böhmischen Feldherren gerecht zu werden. „Das ist die Zeit, während der man etwas Ruhe findet und Muße hat.“ Hörmann liest seither Biographien, schaut sich historische Filme an, trainiert Mimik, Gestik und Modulation. Und er spricht – für sich alleine oder vor Zuhörern. „Jede Übungseinheit ist wichtig, um ein Gefühl für die Sprache zu bekommen. Je mehr, umso besser. Außerdem möchte ich mich nicht nur am Drehbuch orientieren, sondern der Figur Wallenstein auch eine persönliche Note geben.“
Wallenstein sei „ein Choleriker mit Hang zur Gewalt, jedoch auch ein gewiefter Taktiker“ gewesen, sagt Hörmann und stellt klar: „Wir feiern in Memmingen kein Pro-Wallenstein-Fest und es geht mir nicht darum, diesen Feldherren zu glorifizieren, sondern darum, einen Teil dieser Memminger Stadtgeschichte so authentisch wie möglich zu spielen. Ich möchte aufzeigen, warum Wallenstein seinerzeit nach Memmingen kam und was sich in meiner Heimatstadt abgespielt hat. Außerdem möchte ich Stimmungen und Gefühle von 1630 vergegenwärtigen.“
Hörmann hat sich die Woche von 29. Juli bis 5. August 2012 besonders dick im Familienplaner eingetragen. Das Verständnis der Familie war ausschlaggebend, dass er die Rolle überhaupt angenommen hat. „Nach den ersten Gesprächen mit dem Fischertagsverein habe ich mich mit meiner Frau beraten, denn es ist klar, dass ich in dieser Woche wenig Zeit für die Familie haben werde.“ Mittlerweile nehmen Vorfreude und Anspannung täglich zu. Ein wenig setzt sich der Wallenstein-Darsteller von 2012 sogar selbst unter Druck: „Wenn man so eine Chance womöglich einmal im Leben bekommt, will man seine Sache natürlich so gut wie möglich machen.“