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„Dead or Alive“? - Die lebenden Dichter haben gewonnen!

Fabian Navarro gewann die spannende Sprachschlacht im Stadttheater

veröffentlicht am 09.04.2019
Poetry Slam LTS

Sieger Fabian Navarro (1. Reihe, von re.) neben David Lau als Rolf Dieter Brinkmann und Moderator Florian Frasch. Dahinter von links: Moderator Bernd Scheiter, Anna Teufel, Klaus Philipp als Charles Bukowski, Tobias Loth als Bertolt Brecht und Thomas Schmidt. Foto und Galerie: A. Sonnleitner

Memmingen (as). „Dead or Alive“? - Unter diesem Motto traten im Stadttheater drei renommierte Slam-Poeten gegen ebenso viele Legenden der Literatur an, denen Schauspieler das Landestheaters Schwaben Stimme und Körper verliehen. Am Ende eines an- und aufregenden Abends konnte sich mit Fabian Navarro die Fraktion der lebenden Dichter behaupten.

Beim spannende Dichterwettstreit vor einem vorwiegend jüngeren Publikum im Rahmen der Memminger Meile im fast ausverkauften Stadttheater wurde das „Team Tod“, verkörpert durch David Lau, Tobias Loth und Klaus Philipp, zurück in die Gruft verwiesen. Bereits in der ersten Runde konnten die Lebenden - Anna Teufel, Thomas Schmidt und Fabian Navarro - 18 Punkte mehr auf sich verbuchen. Ein Abstand, der sich in der zweiten Runde noch vergrößerte.

Durch die Sprachschlacht führten, wie bereits im letzten Jahr im Kaminwerk, Bernd Scheiter und Florian Frasch. Ihnen zur Seite stand bzw. saß eine Jury bestehend aus sechs mehr oder minder Freiwilligen aus dem Publikum.

Bukowski und Brecht mussten zurück in die Gruft

Am wenigsten punkten bei Jury und Publikum konnte der US-amerikanischer Dichter und Schriftsteller Charles Bukowski (1920 bis 1994) mit seinen teils biografischen Betrachtungen eines Trinkers. Da half auch der stimmige Vortrag von Klaus Philipp nicht. Etwas besser kam Bertolt Brecht (1898 -1956) bei den Zuschauern an: Gekonnt trug Tobias Loth neben witzigen und zotigen Gedichten des berühmten Lyrikers und Dichters die Moritat von Mackie Messer aus der Dreigroschenoper vor.

Schon bald kristallisiert sich also die Vorliebe des Memminger Publikums für das Zeitgenössische heraus. Da verwundert es nicht, dass Rolf Dieter Brinkman (1940 -1975), literarischer Rebell und Underground-Lyriker, in die Endrunde kam. Besonders sein „Gedicht ohne einen Helden“ faszinierte - und natürlich der originelle Vortrag von David Lau.

Team "Leben" trumpft kräftig auf

„Pimp your Unterrichtsfach“: Beim Team „Leben“ amüsierte Thomas Schmidt das Publikum als hipper Grammatikdealer, der „tighte Lines“ abliefert über „trendy topics“ – mit anderen Worten: als Lehrer, der sprachliche Klimmzüge unternimmt, um von seinen Schülern verstanden zu werden. In seinem zweiten Text echauffiert sich Schmidt über die „Grammatik-Nazis“ der „einzigen bayerischen Partei“ die von Flüchtlingen fordern, nur deutsch zu reden. „Wer kein gutes Deutsch spricht, bekommt den deutschen Dudenstern“, trieb er seine Kritik auf die Spitze.

Die 23-jährige Anna Teufel aus Karlsruhe liebt den Perspektivenwechsel und erzählt in „Kekskrümelgedanken“ anrührend, wie es sich anfühlt, wenn man nicht so ist wie die anderen, weil man zum Beispiel ein Extra-Chromosom hat. Von dem Text, den sie in der zweiten Runde vorträgt, hat ihre Schwester, die katholische Theologie studiert, ihr abgeraten. In „Aprikosenmarmelade“ beschreibt sie sehr sinnlich und auch ein bisschen komisch ihre erste erotische Erfahrung mit einer Frau, die beinahe an der Schließe eines BHs scheitert.

Der Sieger: Fabian Navarro

Doch nun zum Finalisten: Der 29-jährige in Wien lebende Fabian Navarrro ist bereits ein gefeierter Lyriker und Autor. Der Germanist gehört zu den erfolgreichsten Slammern Deutschlands und hat bereits an über 500 Slams und Lesungen teilgenommen.

Mit witzig-origineller „Coming of Age“-Lyrik und einer fiktiven Begegnung mit der Dichterin Annette von Droste-Hülshoff, beide Texte frei vorgetragen und in perfektem Versmaß, erreicht er in beiden Runden die Höchstpunktzahl. Mit seiner „antikapitalistischen Bubengeschichte in drei Streichen“, eine (fast) politisch korrekte Version von „Max und Moritz“, schlägt er seinen Konkurrenten David Lau alias Rolf Dieter Brinkman aus dem Rennen und darf jetzt den Preis, einen Späzlehobel mit Mehl, mit nach Hause nehmen.

Das Publikum ging begeistert mit bei diesem kurzweiligen Abend, der ein breites Spektrum an Slam-Kunst bot. Wir freuen uns auf das nächste Mal!

Hier die Teilnehmer in unserer Bildergalerie (bitte anklicken!):