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Alpine Schreckgestalten im Stadtmuseum

Das Klausentreiben– ein gezähmtes Brauchtum

veröffentlicht am 05.11.2018
Klausentreiben

Fotos von Gestalten wie dem Kuschelklaus sind ab 11. November im Stadtmuseum zu sehen.  Foto: Alexandra Vogt

Memmingen (dl). Zu Faschingsbeginn am 11. November (16 Uhr) wird die Weihnachtsausstellung „Grober Unfug – gezähmtes Brauchtum“ im Stadtmuseum Memmingen (Zangmeisterstr. 8, Eingang Hermansgasse) eröffnet. Die Ausstellung hinterfragt die Geschichte des Klausentreibens, eine der bekanntesten und eigenwilligsten vorweihnachtlichen Bräuche des Alpenraums. Über seine Herkunft, sein Alter und seine Bedeutung gibt es zahlreiche Theorien – doch was steckt wirklich dahinter? Die Ausstellung bietet auch einen Einblick in die heutige Entwicklung dieser Tradition.

Wenn die Nächte länger werden und der Jahreswechsel näher rückt, kommt die Zeit der alpinen Schreckgestalten. Dazu gehören auch die Bärbele und Klausen, die rund um den Nikolaustag durch die Nächte ziehen - um diese dreht sich die diesjährige Weihnachtsausstellung des Memminger Stadtmuseums.

Obwohl die Tradition des Klausentreibens eher dem Oberallgäu zugeschrieben wird, stammt der älteste schriftliche Nachweis aus Memmingen. 1642 wurde hier das Klausentreiben als "grober Unfug" verboten, doch ganz vertreiben ließ es sich bis heute nicht und auch die Verbote des wilden Treibens halten an.

Die Steinheimer „Strohklausen“

Das Klausentreiben

So schaut ein Strohklaus aus. Foto: Robert Paulus

Tatsächlich gibt es in Memmingen keine wirkliche „Klausentradition“, was vielleicht auf die frühen Verbote zurückzuführenist. Im Vorort Steinheim hingegen gibt es sogar eine ganz eigene Form des Treibens. Diese hebt sich stark von den anderen Allgäuer Gemeinden ab. Die Steinheimer „Strohklausen“ ziehen hier von Haus zu Haus.

Während das Wissen um das Treiben in Steinheim heute noch traditionell innerhalb der Familien und der Dorfgemeinschaft weitergegeben wird, haben sich anderenorts, ab den 1960er Jahren, die ersten Vereine zum Erhalt dieses Brauchs gegründet. Der Erkheimer Klausen e.V., pflegt seit seinem Zusammenschluss das Brauchtum, regelt das Treiben und organisiert Umzüge und Veranstaltungen. Auch der Hetla-Klausen e.V., ein recht junger Verein, genießt regen Zulauf und starkes öffentliches Interesse. Das Klausentreiben wird in den Vereinen reguliert, geschützt und der Nachwelt erhalten, jedoch wird es so auch gezähmt und angepasst. 

 Ketten, Glocken und Kuhschellen

 Das Klausentreiben bleibt in vielerlei Hinsicht ein Mysterium. Männer, die sich am Nikolaustag in ein „Klausenhäs´“ hüllen und sich Ketten, Glocken und Kuhschellen umbinden. Sie ziehen mit Sack und Rute bewaffnet durch die Ortschaften. Ob mit Geweihen, Hörnern oder Bärten, in ihrem zotteligen Fell sehen sie grausig aus. Düstere Ängste und Fantasien werden bei ihrem Anblick ausgelöst. Doch unterstehen sie dem Befehl des göttlich entsandten Nikolaus. Genauso ergeht es auch ihren weiblichen Pendants, den Bärbele, die schon eine Nacht früher unterwegs sind, sich aber erst vor ein paar Jahren auch ins „Unterland“ gewagt haben. Wie verbreiteten sich diese Bräuche? Wie verbreiten sie sich heute?

Viele Mythen sind bis heute mit dem wilden Treiben verbunden. Den einen oder anderen Schlag mit der Rute sollte man in Kauf nehmen, wenn man sich den Klausen nähert. Denn einer alten Überlieferung zufolge sollen die Rutenhiebe Lebenssegen verbreiten und die Fruchtbarkeit steigern. Inzwischen wird die Rute jedoch eher wegen ihres erzieherischen Aspekts gezückt. Die „schwarze Pädagogik“ hinter dem Klausenbesuch ist stark umstritten. Immer wieder versuchte man dem gewaltvollen Treiben Einhalt zu gebieten. So wundert es nicht, dass selbst der erste schriftliche Nachweis für das Klausentreiben ein Verbot ist.

Drei künstlerische Beiträge ergänzen die Schau:

Karin Ries, Weissach im Tal, begleitete ein ethnologisches Forschungsvorhaben zum Klausentreiben im Oberallgäu mit ihrer Kamera. Ihre Fotografien zeigen das Treiben von Klausen und Bärbele im Oberland.

Alexandra Vogt, Kammlach, präsentiert eine Slightshow mit Fotografien zum Klausentreiben in Oberstdorf, Sonthofen, Immenstadt und Hetzlinshofen.

Robert Paulus, Memmingen, hat den Erkheimer Klausenumzug fotografisch festgehalten. Seine Arbeiten präsentieren einen Querschnitt der Gruppen von Klausen und Bärbele aus dem gesamten Allgäu.

Die Ausstellung wurde gemeinsam mit dem Hetla-Klausa e.V. und dem Erkheimer Klausen e.V. konzipiert, ist also ein partizipatives Projekt, das keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.

Das Begleitprogramm zur Ausstellung (zum Vergrößeren bitte anklicken)