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„Wir wurden nicht genügend informiert“

Rege Diskussion beim Hochwasserforum im Memminger Osten

veröffentlicht am 09.11.2024
Hochwasserforum MM Ost

Beim Hochwasserforum im Memminger Osten stellten sich Vertreter der Stadt Fragen und Kritik der Bürger, von links: Marcus Geske, Leiter der Stadtwerke, Thomas Schuhmaier, Jan Rothenbacher, Klaus Liepert, Wolfgang Bauer, stv. Kommandant der Feuerwehr Memmingen und Stadtbrandinspektor, Urs Keil. Foto: Svenja Gropper

Memmingen (sg). Bei einem Bürgerforum im DLRG Einsatzzentrum im Memminger Osten wurde das Hochwasser vom ersten Juniwochenende dieses Jahres nochmals aufgerollt. Die Stadt hat mit rund 80 Bürgern dieses besonders betroffenen Stadtteils darüber diskutiert, was in Zukunft verbessert werden kann.

Zunächst skizzierte Thomas Schuhmaier, Leiter des Referates für Öffentliche Sicherheit und Ordnung, nochmals die Eckdaten der Ereignisse vom 31. Mai bis 2. Juni 2024. In Memmingen wurde kein Katastrophenfall ausgerufen und insgesamt sei das Wochenende „glimpflich abgelaufen“ - ohne Todesfälle, die Notwendigkeit einer Evakuierung oder komplett zerstörte Häuser.
„Wir müssen mit solchen Ereignissen in Zeiten des Klimawandels vermehrt rechnen“, so Schuhmaier. Maßnahmen der Stadt seien beispielsweise ein Katrastrophenschutzlager in der Elisabethenstraße, in dem Feldbetten, Großpumpen, Sandsäcke und anderen Material bereit liegen, sowie gezielte Schulungen für Einsätze bei Hochwasser.

Prävention

Urs Keil, Leiter des Tiefbauamts, stellte ein Konzept zum Sturzflutrisikomanagement vor, das Schäden bei sogenannten „Fünf-B-Wetterlagen“ künftig minimieren soll. Denn komplett verhinderbar seien diese nicht, so Keil. Für dieses Konzept gebe es voraussichtlich nächstes Jahr eine Förderzusage und die Stadt könne dann in die Umsetzung gehen.
Zusätzlich sollen Wasserstandssensoren die Situation im Digitalen Zwilling live abbilden, diese sind in zwei bis drei Jahren geplant. Auch eine engere Zusammenarbeit mit der LEW soll den künftigen Umgang mit Großschadenslagen verbessern.

Weitere Möglichkeiten der Hochwasserprävention bieten Rückhaltebecken, Dämme, Flutpolder und Staustufen. Bei diesen könne die Stadt jedoch nur begrenzt aktiv werden, so Oberbürgermeister Jan Rothenbacher, darüber entscheide am Ende der Landkreis oder der Freistaat.

Eine Frage von Zentimetern

Schon vor einer regen Diskussion erklärte sich Rothenbacher zu Aussagen, die ihn vermehrt erreicht haben. Zum einen wurden die Maßnahmen in Benningen dahingehend kritisiert, dass dabei keine Rücksicht auf den Memminger Osten genommen worden sei. „Ohne die Maßnahmen in Benningen und die gute Zusammenarbeit wäre die Lage in Memmingen noch schlimmer gewesen“, betonte das Stadtoberhaupt. Auch sei der Memminger Osten nicht „zugunsten der Altstadt geflutet worden“, das könne er „ehrlich bestreiten“. Die Altstadt habe durch historische Brücken von Haus aus eine bessere Infrastruktur, um Wasser abprallen zu lassen - „nichtsdestotrotz war es auch dort nur eine Frage von Centimetern“, unterstrich Rothenbacher.

Informationen kamen zu spät

In der anschließenden Gesprächsrunde kam häufig das Thema der schlechten Information und Kommunikation mit betroffenen Bürgern auf den Tisch. So sei die Freudenthaler Straße zwar bekanntlich Freitagabend schon stark vom Hochwasser betroffen gewesen, aber weder die Bewohner dieser Straße noch in angrenzenden Bereichen erfuhren zeitnah davon. Der Wunsch wäre gewesen, per Megaphon oder über die WarnApp „Katwarn“ informiert zu werden. Sowohl Klaus Liepert (THW) als auch der Oberbürgermeister sehen an der Stelle ebenfalls Verbesserungsbedarf. Doch keiner - auch die Einsatzkräfte nicht - habe mit diesen Ausmaßen gerechnet, die über „HQ 100“ lagen (der Hochwasserabfluss, der im statistischen Mittel einmal in 100 Jahren erreicht oder überschritten wird). Daher sowie aufgrund der regionalen Alarmierungskette bei Katwarn sei es schwierig gewesen, Freitag bereits eine entsprechende Warnung zu verschicken.

Entscheidungen, die heute kritisiert werden, müssten zudem vor dem Hintergrund begrenzter Manpower der Einsatzkräfte - darunter viele Ehrenamtlich und persönlich Betroffene - gesehen werden, sagte Liepert. Viele Bereiche in Memmingen seien gleichzeitig betroffen gewesen. Die Stadt habe sogar entschieden die eigenen Stadtwerke „zu fluten“, um sich auf andere Einsatzgebiete zu konzentrieren, betonte Rothenbacher.

In der Diskussion wurden neben Kritik auch Lob und große Dankbarkeit für die „großartige Nachbarschaftshilfe“ in der Ausnahmesituation geäußert.

Nachhaltige Lösungen

Was bleibt, ist ein sehr hoher Grundwasserspiegel und die Sorge, dass die Keller beim nächsten Starkregen wieder volllaufen. Schnelle, kurzfristige Lösungen konnte der Rathauschef nicht versprechen – denn diese würden das Problem vermutlich nur verlagern, aber nicht beheben. Der Stadt seien nachhaltige Strategien für ganz Memmingen ein Anliegen, auch wenn diese Zeit benötigen.