Das Bild zeigt die Schülerinnen Dominika Kochanowska und Amna Tarek (vorn von links), Frozan Hashemi und Aurela Cikagi (hinten von links) sowie Samuel Kramp in der Mitte. Fotos: Wolfgang Radeck
Memmingen (as/rad). Seit dem 11. Mai besuchen die Abschlussklassen am Staatlichen Kaufmännischen Berufsbildungszentrum Jakob Küner (BBZ) wieder die Schule. Samuel Kramp unterrichtet die Schüler des Berufsvorbereitenden Jahres in Wirtschaft. Die Lokale hat ihn gefragt, wie die Schüler und Lehrer mit dem Restart unter den Corona-bedingten Einschränkungen umgehen.
Für viele Schüler geht es in dieser schwierigen Phase ums Ganze, denn sie sind auf dem Sprung ins Berufsleben. Gemeinsam mit ihren Kollegen bereiten Samuel Kramp und Ingo Nieder vom Kooperationspartner Bismarckschule Memmingen die Schüler des Berufsvorbereitenden Jahres (BVJ) und der B9 Klasse auf den Mittelschulabschluss und die kaufmännische Prüfung vor.
„Ziel ist es, die Schüler auf den Arbeitsmarkt vorzubereiten. Der kaufmännische Schwerpunkt, den es in dieser Form in Memmingen nur an unserer Schule gibt, befähigt sie zum Beispiel zu Ausbildungen wie Verkäufer im Einzelhandel. Eine Perspektive besteht darin, sich einen Einzelhandelsbetrieb zu suchen und dann wieder zu uns ins Haus zu kommen um die Inhalte an der Berufsschule in Fächern wie Marketing weiter zu vertiefen“, erklärt Samuel Kramp das Schulkonzept.
"Der Druck ist nun geringer"
Normalerweise wechselt seine Klasse im Turnus von zwei Wochen zwischen Schule und Praktikum, was in Corona-Zeiten natürlich nicht möglich ist. „Für die, die keine Unterstützung von daheim bekommen, ist es schwierig, die doppelten Anforderungen unter einen Hut zu bekommen“, erklärt Samuel Kramp. Der Druck ist nun geringer, weil derzeit nur prüfungsrelevante Fächer unterrichtet werden. „Der Nachmittagsunterricht fällt weg, Sport und Ernährungslehre können aufgrund der Hygieneregeln derzeit nicht unterrichtet werden“, so Kramp.
„Wie gehen die Schüler und Lehrer mit den Unwägbarkeiten und Hürden wie Abstands- und Hygienevorschriften um?“, möchten wir wissen.
„Es ist eine große Umstellung für alle und anfangs herrschte auch viel Unklarheit. Stichwort Einbahnstraßen: Die Schüler haben noch nie Pfeile auf dem Boden gehabt oder im Schulhaus außerhalb der Klasse eine Maske aufgesetzt. Aber nach einer kurzen Anlaufphase klappte das in den Abschlussklassen erstaunlich gut, sie nutzen die Desinfektionsstände und waschen sich die Hände.“
"Konzentrierter und motivierter als vorher"
Dass es eine allgemeine Akzeptanz gibt, führt Kramp auch auf die gute Stimmung zurück: „Schüler und Lehrer haben sich nach der achtwöchigen Pause gefreut, dass es wieder los geht. Die jeweils 18 Schüler der B9 und der BVJ kommen jetzt jeden Tag für jeweils drei Stunden in die Schule und arbeiten dort konzentrierter und motivierter als vorher.“
Die Schüler werden in großen Klassenzimmern unterrichtet: „Wir haben es gerade so geschafft, dass wir die Abstandsregeln einhalten können“. Und der Abstand wirkt sich produktiv auf das Lernen aus: „Derzeit herrschen ideale Unterrichtsbedingungen zumal auch kein Schwätzchen mit dem Banknachbarn mehr möglich ist und die Schüler viel konzentrierter sind“, so Kramp lächelnd.
Stellvertretend für 18 Schülerinnen und Schüler der Abschlussklasse haben uns drei Absolventinnen einen kleinen Einblick in die Phase vor den Abschlussprüfungen zum Qualifizierenden Abschluss (QA) gegeben.
Einig und dankbar waren sich die Frozan Hashemi, Aurela Cikaqi und Dominika Kochonowska, dass sie hier in Deutschland und im Besonderen im BBZ eine enorme Chance haben. „Ich wollte in Afghanistan in die Schule, durfte aber nicht“, zeigt sich die 20-jährige Frozan Hashemi besonders dankbar über die Chance, mit einer fundierten Schulausbildung auch einen nachhaltigen Beruf zu erlernen. Sie hat – sofern sie den QA schafft – ihren Ausbildungsplatz zur Kinderpflegehelferin in der Tasche. Aurela Cikaqi und Dominika Kochonowska wollen nach erfolgreichem Abschluss die zweijährige Wirtschaftsschule besuchen und dann den mittleren Schulabschluss anstreben.
Frozan Hashemi (20 Jahre – Afghanistan)
„Ich hatte Unterstützung und Nachhilfe vom Helferkreis, den hat unser Vermieter organisiert“, erklärte Frozan Hashemi auf die Frage, wie sie sich auf den Abschluss vorbereitet hat.
Sie lobt den Umgang der Schule mit der Situation: „Die machen das gut, es gibt jetzt ausgewiesene Laufwege. Die Abstände werden gut eingehalten, auch Möglichkeiten zur Desinfektion gibt es.“
Und wie geht es nach dem Abschluss weiter? „Ich will im September eine Ausbildung zur Kinderpflegerin beginnen. Aber es wird schwer für mich, die Prüfung zu bestehen. Es ist alles viel komplizierter als in meiner Heimat.“
Aurela Cikagi (18 Jahre – Kosovo)
Für Aurea Cikaqi war die Vorbereitung auf den Abschluss schwierig: „ich musste alles allein machen, ich hatte nur wenig Unterstützung. Meine Brüder konnten immerhin ein bisschen helfen.“ Dennoch hat sie ehrgeizige Pläne: „Nach meinem Abschluss gehe ich auf die Wirtschaftsschule und will die Mittlere Reife machen.“
Auch Aurea findet, dass die Schule die Situation gut im Griff hat; „Die machen das toll mit dem Einbahnstraßensystem, auch das mit der Anordnung der Tische in den Klassen.“
Dominika Kochanowska (19 Jahre – Polen)
Auch für Dominika Kochanowskawar es ein Problem, dass es über mehrere Wochen keinen regulären Unterricht gab. „
Die Unterstützung beim Lernen zu Hause seitens der Schule war gut. Wir haben das Material per Internet bekommen und konnten Hausaufgaben machen“, erklärt sie. „Doch wenn ich etwas nicht verstanden habe, gab keine schnelle Rückfragemöglichkeit. So hat alles viel länger gedauert.“ Dominika möchte den qualifizierenden Abschluss dennoch schaffen und dann auf die Wirtschaftsschule gehen und dort die Mittlere Reife machen.
Den Umgang der Schule mit den Hygieneregeln beurteilt auch sie als sehr gut: „Die Lehrer passen gut auf, dass auch alles klappt.“ Dankbar zeigten sich alle drei jungen Damen und waren sich darin einig, dass „wir beste Chancen auf Ausbildung haben“.