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„Wie wollen wir wachsen?“ - Interview mit Oberbürgermeister Markus Kennerknecht

veröffentlicht am 27.11.2016
OB Interview

Lokale-Redakteurin Antje Sonnleitner im Gespräch mit Oberbürgermeister Markus Kennerknecht. Foto: Radeck

(as). Als der neue Oberbürgermeister Markus Kennerknecht am 22. November sein Amtszimmer im Rathaus bezog, war sein Terminkalender bereits gut gefüllt. Unter anderem stand ein Interview mit der Lokalen an. Redakteurin Antje Sonnleitner sprach mit dem neuen Stadtoberhaupt über seine Pläne und Prioritäten.

Herr Kennerknecht, es war ein langer Wahlkampf mit doch recht deutlichem Ausgang. Hatten Sie dies nach rund 50 Jahren SPD-Oberbürgermeister in Memmingen erwartet und wie kam das Ergebnis von 60:40 Prozent in der Stichwahl zustande?

Nein, mit einem so deutlichen Ergebnis habe ich nicht gerechnet (schmunzelt), ich hätte auch 50,1 Prozent genommen. Doch unser Wahlkampf war von Anfang bis Ende stimmig und die Nominierung durch den FDP Kreisverband hat der SPD-Mannschaft noch einmal einen Schub gegeben.

Sie haben einen sehr aktiven Wahlkampf betrieben und ihren Beruf als Stadtbaumeister in Immenstadt für den OB-Posten in Memmingen aufgegeben. Gehen Sie auch mal den bequemen Weg?

Eher nicht, ich wollte es nie einfach haben. Man muss hart dafür arbeiten, dass sich Chancen bieten und dann auch zugreifen. Ich fände es schlimm, eines Tages reuevoll zurückzublicken und zu sagen „Ach, hätte ich doch bloß…“.  Auch darum scheue ich Herausforderungen nicht.

In zahllosen Laudationes zu seinem Abschied wurden die langen Arbeitstage Ihres Vorgängers Dr. Ivo Holzinger erwähnt, die nun Ihnen bevorstehen - was sagt denn die Familie zu den Aussichten, den Ehemann und Papa eher selten zu sehen?

Natürlich besteht die Gefahr, dass das Familienleben auf der Strecke bleibt, doch wir werden unseren Weg finden. Ich hatte vorher auch viele Verpflichtungen und habe es dennoch geschafft, Freiräume zu schaffen. Und die Omas und Opas sind ja auch nicht weit weg…

Als Memminger OB müssen Sie ja beinahe zwangsläufig in MM wohnen - wann steht denn der Umzug in die Maustadt an?

Wir haben ein Haus im Süden Memmingens gemietet, das im Februar bezugsfertig ist.

Zurück zum Arbeitsalltag: Hier stehen einige Projekte ganz oben auf der Agenda. Welche sehen Sie als besonders dringlich und gehen diese zuallererst an?

Gas geben will ich vor allem in Sachen Innenstadtentwicklung, den Investitionswettbewerb um das Bahnhofsareal vorantreiben, damit die Maxistraße ab Höhe Hallhof nicht länger abgehängt ist. Außerdem sind wir mit dem Flächennutzungsplan in Verzug. Das wird ein längerer Prozess. Die Frage ist: Wie wollen wir wachsen? Außerdem müssen wir für die Unternehmen weiter planen, es steht nicht unendlich viel Gewerbefläche zur Verfügung.

Wenn Sie an die bevorstehende Amtszeit denken - worauf freuen Sie sich am meisten und wovor haben Sie den größten Respekt?

Ich freue mich auf viele Kontakte und Gespräche. Kommunalpolitik ist ein ehrliches und offenes Feld. Man bekommt ein direktes Feedback von den Bürgern. Schwierig wird es sein, eine Lösung für die Ansiedlung IKEAs zu finden, die allen gefällt und gut für die Stadt ist.

Was schätzen Sie an Ihrem Amtsvorgänger am meisten, worin, meinen Sie, könnte er eine Art Vorbildfunktion für Sie haben?

Ich bewundere sein Namensgedächtnis und sein Hintergrundwissen, auf das ich gerne zurückgreifen werde – und dass er so gelassen blieb im Trubel der Wahl.

Sie sprachen bei Ihrer Vereidigung davon, eigene Fußstapfen hinterlassen zu wollen. Wie könnte deren Profil beschaffen sein?

Ich lege viel Wert auf Kommunikation. Ich will möglichst schnell entscheiden und nichts zu Tode diskutieren. Allerdings ist mir klar, dass ich bei sieben Parteien im Stadtrat auch missliebige Entscheidungen akzeptieren muss.

Was ist Ihrer Ansicht nach in Memmingen in den letzten Jahren zu kurz gekommen oder, anders gefragt, wo sehen Sie den größten Nachholbedarf?

Da fällt mir spontan die Bürgerbeteiligung ein. Ich meine das mit der Mitsprache wirklich ernst, es macht Prozesse nicht einfacher, aber nachhaltiger. Ich möchte alle Bürger einbeziehen und keine neuen Eliten bilden. 54 Prozent der Memminger sind zur Wahl gegangen. Die Frage ist: Wie kann man die stillen 46 Prozent erreichen und was bedeuten sie für die Politik? Hier gilt es, mehr Aufklärungsarbeit zu leisten, auch bei künftigen Wahlkämpfen.

Sie sprachen in Ihrem Wahlkampf auch davon, dass die Stadtverwaltung zu einem modernen Dienstleister zu machen?

Ja, die Mitarbeiter sind hochmotiviert - ich möchte den Dienstleistungsgedanken in die Verwaltung einbringen, der Bürger ist demnach Kunde. Auch räumlich wird es Veränderungen geben. Ein zentraler Punkt ist ein Bürgerbüro als erster Anlaufpunkt für Menschen, die ein Anliegen haben.

Vielen Dank für das interessante Gespräch, Herr Oberbürgermeister!