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„Vom Schmuddelkind zum Musterknaben“

Gruppenklärwerk Memmingen feiert 50-jähriges Bestehen

veröffentlicht am 20.09.2024
Klärwerk MM Hauptbild

Das Gruppenklärwerk Memmingen kümmert sich seit 50 Jahren täglich um das Abwasser aus Memmingen und der Umgebung.

Memmingen/Heimertingen (sg). Es ist so selbstverständlich, dass die meisten von uns nicht mehr darüber nachdenken: Klärwerke reinigen täglich unser Abwasser. Das moderne Gruppenklärwerk Memmingen wurde vor 50 Jahren eröffnet. Dazu gab es nun eine offizielle Feier, ein Tag der offenen Tür folgt am Wochenende. Eine saubere Sache - ganz ohne Gestank und Gummistiefel.

Noch bis Anfang des 20. Jahrhunderts hat der Stadtbach in Memmingen zum Wegführen des Abwassers gedient, bevor eine für damalige Zeiten moderne Kanalisation geplant wurde. Anfang der 1950er Jahre baute Memmingen dann eine sogenannte „Verregnungsanlage“, mit der die Landwirte das Abwasser zur Düngung der Felder nutzen sollten. Doch diese hatten bald kein Interesse mehr daran. Währenddessen wuchs sowohl die Einwohnerzahl in Memmingen als auch die Zahl der Industriebetriebe enorm. Und damit vervielfachte sich das Abwasser, das hinter Memmingen aus dem städtischen Kanalsystem in den schmalen Stadtbach und dann ungehindert weiter Richtung Heimertingen in die Wälder nahe der Iller floss. Die Umweltverschmutzung sorgte damals deutschlandweit für Schlagzeilen. Beim Amtsantritt von Alt-Oberbürgermeister Dr. Johannes Bauer (1968) war dieses „Schmuddelkind“ eine der dringlichsten Aufgaben.

Zukunftsweisende Entscheidungen

„Das Schmuddelkind ist Dank des Gruppenklärwerks Memmingen ein Musterknabe geworden", so Bauer in seiner Festrede. 1974 wurde es in Heimertingen eröffnet, im Zusammenschluss mit weiteren Gemeinden aus dem Landkreis Unterallgäu sowie an die Iller angrenzenden Gemeinden aus Baden-Württemberg. „Die Zusammenarbeit mit dem Landkreis war von Anfang an sehr gut“, so der stellvertretende Landrat Dr. Stephan Winter. Auch Yannic Brüning, Leiter des Wasserwirtschaftsamtes Biberach, lobte dieses interkommunale Projekt. Es seien beeindruckende Dimensionen, die in den 1970er Jahren in Heimertingen zukunftsweisend „aus dem Boden gestampft wurden“, so Brüning. Dadurch konnten im Laufe der Jahrzehnte noch weitere Gemeinden im Landkreis angeschlossen werden.

Enorme Wassermengen

Das Abwasser von rund 80.000 Menschen und etwa die gleiche Menge von regionalen Industriebtrieben kommt jeden Tag im Gruppenklärwerk Memmingen an, erklärte Dietmar Hörberg, Leiter Abfallwirtschaft und Abwasser der Stadt Memmingen. Hinzu kommen die Wassermengen von Niederschlägen.
Das Wasser braucht etwa 33 Stunden, bis es einmal durch die komplette Anlage geflossen und sauber ist. Auch für Spitzen wie beispielsweise das Ikarus-Festival biete die zentrale Anlage in Heimertingen große Vorteile und sei gut aufgestellt, so Hörberg.

Sanierung und Anbau

Die Faultürme wurden mittlerweile innen und außen saniert, ebenso andere Bereiche der ursprünglichen Anlage. Die Schaltanlage wurde erneuert, ein Glasfaseranschluss wurde gelegt und die Blockheizkraftwerke (BHKW) ausgetauscht. Das Klärwerk wurde um ein Regenüberlaufbecken sowie um ein drittes Nachklärbecken ergänzt. „Wir haben auch die Biologische Reinigung umgebaut", berichtete Hörberg und meint damit das Zugeben der Bakterien von unten statt von oben - was früher zu der typischen Geruchsbildung geführt habe.

Rund 60 Prozent des Stroms wird bereits in den BHKWs aus Klärschlamm gewonnenem Gas produziert. Um die Energieversorgung noch autarker zu gestalten, soll bis 2026 in Kooperation mit den Stadtwerken Memmingen eine Freiflächenphotovoltaikanlage auf dem Gelände entstehen. Damit kann die Kläranlage zukünftig rund 80 Prozent eigenen Strom gewinnen.

Wasser von der Natur geliehen

„Abwasserbehandlung wird immer ein Thema bleiben. Denn sie ist Grundlage und Daseinsfürsorge für uns als Menschheit“, machte Brüning bewusst. „Wir haben das Wasser von der Natur ausgeliehen und müssen es möglichst sauber wieder in den Naturkreislauf zurückgeben, das ist unsere Philosophie“, fasste Hörberg zusammen.
Diese Philosophie soll auch an Schulkinder vermittelt werden. Das Gruppenklärwerk liegt jedoch für die meisten Schulen zu abseits. Zum Jubiläum gibt es als „Geschenk“ erstmals einen Lehrfilm, der auf dem Gelände gedreht wurde. Dieser wird auch am Tag der offenen Tür am Sonntag, 22. September, gezeigt. Neu ist außerdem ein Film über die vielseitigen Berufe im Gruppenklärwerk. Dort arbeiten Techniker, Elektriker, Bauingenieure, Mechaniker, Fachkräfte für Abwassertechnik, Laborfachkräfte sowie Büroangestellte.

In der Bildergalerie finden Sie weitere Impressionen vom Gruppenklärwerk Memmingen. (Fotos: Svenja Gropper)