Mit dem Soundtrack ihres Lebens sangen sich Sabine Kaufmann, Maren Kips, Silvana Mehnert und Nelly Palmowske (von links) in die Herzen des Memminger Meilen-Publikums. Foto: Sonnleitner
Memmingen (as). Einen Volltreffer haben die Meile-Macher mit den Vollblut-Frauen der A Cappella-Popband Medlz aus Dresden gelandet, die gestern Abend nur mit ihren Stimmen und effektvoll eingesetzter Percussion die Bühne in der Heidengasse rockten. Sabine Kaufmann, Silvana Mehnert, Nelly Palmowske und Maren Kips sangen in ihrem Programm „(Das) läuft bei uns“ den Soundtrack ihres Lebens. Dabei zeigten die gestandenen Bühnenfrauen, dass sie alle Facetten der A-cappella-Kunst aus dem Effeff beherrschen.
„Wir freuen uns, wieder live singen zu können und klatschende Menschen zu sehen“, moderierte die Bandleaderin Sabine Kaufmann den Abend an, und davon bekam sie jede Menge zu sehen, was keineswegs nur der langen Kulturpause zuzuschreiben war. Mit dem „Uptown Funk“ ging es von Harlem nach Hollywood - der erste Song aus dem Soundtrack des Lebens, denn dieser Abend war auch ein persönliches Bekenntnis, weil jede der vier in spacigen Schwarzweiß-Look gewandeten Frauen ihre Lieblingssongs vorstellte - Lieder, die sie immer schon mal singen wollte. Und das waren zufällig genau die, die das Publikum auch hören wollte.
Vom Kinderlied-Medley bis zum Elektro-Pop
Zumindest war für jeden etwas dabei, denn die Bandbreite reichte von Funk über Country und Chanson, der King of Pop Michael Jackson war ebenso vertreten wie die deutsche Kultband Pur oder ein Medley aus den Soundtracks von Kindersendungen wie "Biene Maja" und "Benjamin Blümchen". Wenig später reitet das Quartett mit nur vier Akkorden auf der deutschen Welle und begeistert die Zuschauer schließlich mit einer phantastischen Performance des Elektro-Pop Songs „Insomnia“. Die Geister der schlaflosen Nacht spuken - nicht zuletzt dank einer hervorragenden Licht- und sehr effektvollen Tonregie - weitaus eindrucksvoller als im Original von Faithless.
Gänsehaut-Sound
Den Eindruck, dass man mit vier Stimmen und hervorragenden Arrangements nicht nur andere, sondern sogar bessere Effekte erzielen kann, als mit Gitarre, Keyboard & Co., konnte man bei vielen der Lieder und Songs haben, die man glaubte zu kennen, die man jedoch an diesem Abend zum ersten Mal wirklich mit allen Sinnen genießen konnte. Sogar die „Desert Rose“ von Sting mit ihren orientalischen Klängen scheint an diesem schönen Sommerabend auf der Meile zum ersten Mal wirklich voll zu erblühen. Ein Sound, der Gänsehaut erzeugt.
Eine Hymne an das Leben
Märchenhaft-schwebend erklingt ein isländisches Lied, doch muten die Medlz eben noch an wie ein Elfenchor, betreten sie kurz darauf schon "Neue Brücken" mit dem zeitkritischen Song von Pur, Brücken, die über einen Blutstrom führen, den Gier, Hass, Neid und Rachsucht als Seuchen dieser Welt verursachen. Insgesamt jedoch ist der Abend eher eine Hymne an das Leben und die Leidenschaft, zum Klingen gebracht in „Je veux“ von Zaz und Silvanas Eigenkomposition „Ich will“ oder in „So gerne“, einem Song der kürzlich verstorbenen Hamburger Sängerin Regy Clasen. Ein origineller Einschub: die launige Abiturrede, auch bekannt als Suscreen Song, die aussagt, dass das Leben immer für Überraschungen gut ist und sich noch nie nach klugen Ratschlägen gerichtet hat.
Die Stimmen dieser vier sehr unterschiedlichen Frauen ergänzen sich perfekt und klingen wie aus einem Guss. Jeder Ton, jede Phrasierung sitzt perfekt. Damit auch groovige Songs wie „Happy“ von Pharell Williams mit genügend Bass unterfüttert werden, wird Marens Stimme, wenn sie Vokal-Percussion singt, um bis zu zwei Oktaven herunter transponiert, wodurch die Frauenstimmen eine breitere Range bekommen. Für das Publikum sichtbar wird dies, indem Maren den Buzzer auf der Bühne drückt.
Das „Phandöm der Öper“
Die lässige Choreographie und die ausgeprägte Bühnenpräsenz der Medlz, die teilweise bereits seit über 20 Jahren miteinander singen, ebenso wie die charmant-ungezwungene und selbstironische Moderation trugen zum Genuss des Konzerts bei. Kein Wunder also, dass das Publikum nach dem Abschlusssong „Vida la vida“ mehr wollte. Als Zugabe gab es noch einen Song aus dem „Phandöm der Öper“ auf sächsisch, bevor sich die Medlz mit „All night long“ von Lionel Richie endgültig vom Memminger Publikum unter riesigem Beifall verabschieden – vorerst zumindest.