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„..und das Wort kam aus Memmingen“

Feierliche Eröffnung des Gedenkjahres „500 Jahre Zwölf Artikel“

veröffentlicht am 16.03.2025
Freiheit 29 P

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei der Eröffnung des Gedenkjahres "500 Jahre Zwölf Artikel" in der Memminger St.-Martins-Kirche. Foto: Thomas Pöppel

Memmingen (rad). Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bayerns Ministerpräsident Dr. Markus Söder haben das Gedenkjahr „500 Jahre Zwölf Artikel“ mit einem großen Festakt eröffnet. In der vollbesetzten Memminger St.-Martins-Kirche unterstrichen beide den Stellenwert der Freiheit.

Neben den rund 1.000 Gästen in der St.-Martins-Kirche verfolgten über weitere rund 1.000 Menschen die Eröffnungsfeier im Livestream in den sozialen Medien.

Die sogenannten Zwölf Artikel, die vor 500 Jahren in der Stadt aufgesetzt wurden, bezeichnete Steinmeier als Auslöser einer Freiheitsbewegung, die sich über ganz Süd- und Mitteldeutschland ausweitete. Die formulierten Forderungen gelten bis heute als eine der Vorläufer unserer heutigen Demokratie und als erste niedergeschriebenen Menschenrechte.

Steinmeier sagte, Memmingen war damals, im Zeitalter der Reformation, der Ausgangspunkt eines Massenaufstandes für Freiheit und Recht. Ein epochales Ereignis, das nach der blutigen Niederschlagung durch die Fürstenheere des Schwäbischen Bundes als „Bauernkrieg“ in die Geschichte eingegangen ist, sei seinem Charakter nicht gerecht.

„Am Anfang war das Wort, und das Wort kam aus Memmingen“

Er blickte 500 Jahre zurück, am Originalschauplatz von damals predigte Christoph Schappeler die neue reformatorische Lehre, ein paar Straßen weiter, im Haus der Kramerzunft (die bis heute noch steht) schlossen sich Abgeordnete der Bauern aus der Umgebung zusammen. Um mit dem Laienprediger Sebastian Lotzer die Forderungen zu jenen 12 Artikel zu formulieren. „Am Anfang war das Wort, und das Wort kam aus Memmingen“, bezeichnete es Steinmeier salopp.

In unruhigen Zeiten sei die Erinnerung an die Orte, Akteure, Ideen und Ereignisse der Freiheitsgeschichte wichtiger denn je, ergänzte Steinmeier und sagte weiter: "Wir erleben ja gerade, dass die freiheitliche Demokratie bedroht und angegriffen wird – im Innern ebenso wie von außen und mit einer Wucht, die viele von uns nicht für möglich gehalten hatten."

Abschließend zitierte er den Verfasser der Zwölf Artikel, dass sich aus der Bibel

ergebe, „dass wir frei sind und sein wollen“. „Dass wir es bleiben, liegt heute in unserer aller Hände. Begegnen wir den Bedrohungen von Freiheit nicht mit Gleichgültigkeit. Die Freiheitsgeschichte, die von Memmingen ausging, verpflichtet uns. Das späte Erbe, das wir genießen dürfen, das Erbe der Aufständischen von 1525, das dürfen wir nicht mehr aus der Hand geben“.

„Ohne Freiheit ist alles andere wenig wert“

Ähnlich äußerte sich auch der Bayerische Ministerpräsident Dr. Markus Söder: „Wenn wir sie einmal verlieren, werden wir sie nicht wiederbekommen. Und ohne Freiheit ist auch alles andere wenig wert."

Söder eröffnete vor dem Festakt zusammen mit Steinmeier die Bayernaustellung mit dem Titel "Projekt Freiheit - Memmingen 1525". Die noch bis zum 19. Oktober geöffnete Schau im Memminger Dietrich-Bonhoeffer-Haus erinnert an das Aufbegehren der Bauern vor 500 Jahren. Vertreter von ihnen hatten sich während des damaligen Bauernkrieges in der Memminger Kramerzunft versammelt und eben dort ihre Zwölf Artikel verfasst. Die Artikel der Memminger Bauern wurden damals überregional verbreitet, was erst Gutenbergs Buchdruck möglich gemacht hatte. Rund 25.000 Exemplare sind damals verteilt, angeschlagen und verlesen worden.

Die Heilige Schrift als Fundament der Forderungen

Auch Memmingens Oberbürgermeister Jan Rothenbacher unterstrich in seiner Begrüßungsrede die damals bahnbrechenden Forderungen. „Mehr Freiheit, mehr Mitbestimmung und mehr Gerechtigkeit – das forderten die mutigen Bauern im Jahr 1525 nach der Zusammenkunft in Memmingen. Bis heute seien diese Forderungen aktuell, „weltweit kämpfen Menschen für Freiheit, soziale Gerechtigkeit und die Wahrung ihrer Rechte. Die 12 Artikel sind ein Meilenstein deutscher Demokratiegeschichte. Sie erinnern uns daran, dass eine Gesellschaft nur dann stark ist, wenn alle an ihr teilhaben können“, so Rothenbacher weiter. Grundlage der Forderung der Zwölf Artikel war nichts anderes als das „Evangelium zuhören und dem gemäß zu leben“, wie es der Autor der Zwölf Artikel, Sebastian Lotzer, formulierte. Das Fundament des Anspruchs aller Menschen auf Freiheit war die Heilige Schrift.

Memminger Freiheitspreis

Er erinnerte zudem an den Memminger Freiheitspreis, mit dem die Stadt ihrer Verpflichtung als Erinnerungsort der europäischen Demokratiegeschichte nachkommen möchte. In diesem Jahr wird Fußballtrainer Christian Streich mit dem „Memminger Freiheitspreis 1525“ ausgezeichnet. Weil er vor allem durch seine klare Haltung und sein engagiertes Eintreten gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und jegliche Form von Diskriminierung einsteht.

„Freiheitsrechte reloaded“

Die Zwölf Artikel in moderner Sprache und auf heute umformiert, präsentierten Schüler der Memminger Lindenschule. Im Rahmen des Schulprojekts „Freiheitsrechte reloaded“ haben die zwölf bis 18-jährgen jungen Leute die damaligen Forderungen auf unsere heutigen Grundrechte und demokratischen Wertegesellschaft projiziert und mit Plakaten und Symbolen präsentiert.

Gesprächsrunde mit Claudia Roth und Markus Blume

Claudia Roth, die Beauftragte des Bundesregierung für Kultur und Medien sowie der Bayerische Minister für Wissenschaft und Kultur, Markus Blume, hoben in einer kurzen Gesprächsrunde den Wert von Freiheit und Demokratie hervor.

(Bildergalerie: Thomas Pöppel, Tanja Ackermann und Wolfgang Radeck)