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„Haben Sie eine Haltung!" - Missionarisches Kabarett mit Christian Springer im Kulturzelt

veröffentlicht am 10.06.2016

Memmingen (as). "Die Welt ist schlimm", meint Christian Springer. So schlimm, dass niveauvolles politisches Kabarett zunehmend aufklärerisch, ja geradezu missionarisch wirken will. Vorbei die Schenkelklopfer über die mehr oder minder harmlosen Marotten unserer Politiker - zu ernst sind die Themen, die uns umtreiben. Großes, abendumspannendes Thema im verregneten Kulturzelt der Memminger Meile war die Flüchtlingsintegration.

„Wir sind nicht am Ende unserer Kapazitäten, wir haben nur keine guten Lösungen“, so Springer, der vor einigen Jahren den Verein Orienthelfer e.V. gründete, um syrischen Flüchtlinge im Libanon zu helfen. Dies schrieb er auch Horst Seehofer in einem 80-seitigen Brief, den er dann unter dem Titel „Landesvater, cool down“ als Buch veröffentlichte.  Darin, und auch an dem Abend im Kulturzelt, geht um Identität - die eigene und die fremde - und um die Frage:  „Wer sind wir, wenn die anderen auch wir sind?“. Und wieso hege man gerade in Bayern so viele Vorbehalte, wenn doch das einzige, auf was die Bayern wegen der neuen Feindbilder  wirklich verzichten müssten, 400 Jahre gut gepflegter Preußenhass sei?

Was ist christlich-abendländische (Leit-)Kultur?

"Man muss sich auskennen mit der eigenen Kultur, damit man keine Fehler macht - dann können wir das auch von den anderen besser verlangen“,  empfiehlt Springer trocken. Anstatt mit Söder zu beraten: „Was können wir gegen die Asylanten tun“, sollte es eher heißen „Seid nett zu ihnen, die Verwandtschaft kommt!“. Denn, klärt der Bayerische Kabarettpreisträger auf, die bayrische Kultur ist gar nicht so bayerisch: Die Bierzelte sind türkischen Ursprungs, die bayerische Volksmusik kommt aus Arabien, das Festspielhaus in Bayreuth hat ein osmanischer Sultan bezahlt  und die Oberammergauer Passionsspiele werden von einem Türken geleitet.

Und weiß Andreas Scheuer eigentlich, dass er mit seiner Forderung, die Moslems sollen schwimmen lernen, mit Mohammed übereinstimmt? Als Ungläubiger, der koranisches Recht erfüllt, wird er damit automatisch zum Imam. „Die CSU hat ihren ersten islamischen Generalsekretär!“, frohlockt Springer hämisch. 

"Wie erkläre ich unsere Welt?"

Sein Vorschlag: „Bringen wir den Asylanten lieber Mathe bei, wenn die erst mal deutsch können, gehen die Probleme erst richtig los.“ Denn dann haben sie eine Menge Fragen. Er selbst wisse oft nicht, wie er den Flüchtlingen, denen er deutsch beibringt, die Kuriositäten und Abstrusitäten der abendländischen Kultur erklären soll - mit der wir uns im Allgemeinen so herzlich wenig auskennen. Oder aktuelle politische Ungeheuerlichkeiten wie den Panama-Skandal? Und was antwortet man, wenn einer fragt: „Gehört es zu Eurer Kultur dazu, zuzusehen, wie Menschen ertrinken?“ - Oder wissen will, "warum wir lieber Geld für Beschneiungsanlagen am Spitzingsee ausgeben als für Frauenhäuser?".

"Söder ist ein harmloses Würschtl"

In der zweiten Programmhälfte redete Springer sich, mittlerweile in Fahrt gekommen, über die kriminellen Machenschaften der bayerischen Ministerpräsidenten in Rage. Angefangen beim - nach eigenem Bekennen - Erzschurken Franz Josef Strauß, den er als Student mit rohen Eiern bewarf, was ihm einen Haufen Repressalien und eine Anzeige wegen Körperverletzung bescherte (obwohl er zu weit links zielte und nur Georg Tandler traf). Markus Söder dagegen sei nur ein harmloses Würschtl: „Der müsste erst mal drei Monate in Stadelheim verbringen, um das nötige Handwerkszeug zu lernen!“

Am Ende seines Galopps durch die Weltgeschichte im Allgemeinen und die neuere deutsche und  bayerische Geschichte im Besonderen entließ "Mutmacher" Springer die Zuschauer mit der Aufforderung „Haben Sie eine Haltung!“ in den regnerische Nacht.