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Tierskandal in Bad Grönenbach: "Wir arbeiten mit Hochdruck an der Aufklärung"

Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln gegen neun Verdächtige

veröffentlicht am 31.07.2019
Tierschutzskandal Bad Grönenbach

Bei der Pressekonferenz im Landgericht Memmingen war ein großes Aufgebot regionaler und überregionaler Medien vertreten. Fotos: Sonnleitner

Memmingen (as). Nach Tierquälerei-Vorwürfen gegen einen großen Allgäuer Milchviehbetreib wird nun gegen neun Verdächtige wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz ermittelt, berichtete die Staatsanwaltschaft Memmingen heute in einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz. Es handelt sich um sechs Beschäftigte des Großbetriebs sowie drei Tierärzte. Im Polizeipräsidium Kempten beschäftigt sich nun eine SOKO mit dem Fall.

Von Hausdurchsuchungen in 21 Objekten sprach der Leiter der Sonderkommission Michael Haber vom Polizeipräsidium Schwaben Süd/West. Die sichergestellten Unterlagen und elektronischen Daten in den Betrieben, Büros, Tierarztpraxen und Wohnungen sollen Aufschluss darüber geben sollen, wie der Großbetrieb mit insgesamt rund 2.850 Tieren an allen Standorten organisiert war und wie die Tieren behandelt wurden.

"Breite Palette von Erkrankungen"

Von den 1.800 Milchkühen im Hauptbetrieb seien 191 auffällig gewesen, berichtete Dr. Martina Sedlmayer vom Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, sowie 46 von den 137 kontrollierten Kälbern. Dabei handele es sich um eine breite Palette von Erkrankungen, darunter auch ältere Verletzungen.

Die heutige Razzia, an der 160 Polizeibeamte, elf Memminger Staatsanwälte und vier Tierärzte des Landesamts für Lebensmittelsicherheit und Gesundheit beteiligt waren, fanden erst drei Wochen nach Bekanntwerden der Misshandlungs-Vorwürfe statt. Der dringende Verdacht begründet sich auf Videos, mit denen eine Tierschutzorganisation heimlich dokumentiert hatten, dass Kühe getreten, geschlagen oder durch den Stall geschleift wurden und kranke Tiere nicht behandelt wurden. Laut Staatsanwaltschaft seien Beweismittel aber auch vor der Durchsuchungsaktion gesichert worden. „Die Ermittlungen liefen verdeckt“, erklärte Haber den Medienvertretern.

„Es liegen noch keine Gutachten vor“

“Die rund 30 Mitglieder der Sonderkommission sind sich des öffentlichen Interesses bewusst und arbeiten mit Hochdruck an der Sichtung und Bewertung der heute sichergestellten Gegenstände und des vorliegenden Filmmaterials“, so Haber. Rund zwei Drittel der über 400 Stunden dauernden Filmaufnahmen und Bilddateien seien bereits ausgewertet. Die Auswertung des insgesamt umfangreichen Materials werde jedoch noch einige Zeit in Anspruch nehmen, beugte der SOKO-Chef großen Erwartungen vor. „Es liegen noch keine Gutachten vor.“

Ziel sei es, alle be-, aber auch entlastenden Umstände zu ermitteln, betonte Haber. Auch der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Thomas Hörmann hob hervor, dass es sich um ein „objektives und neutrales Ermittlungsverfahren“ handele, eine Vorverurteilung soll vermieden werden.

Über 30 Straftaten gegen Betreiberfamilie

Die Ermittlungen laufen außerdem noch in eine andere Richtung: Seit Mitte Juli werde die Betreiberfamilie des Milchhofes beleidigt und bedroht. Über 30 Straftaten wurden in den letzten zwei Wochen verzeichnet, darunter auch Sachbeschädigungen an Fahrzeugen und versuchte Körperverletzung. Ein Bekannter der Familie sei mit einem Messer bedroht worden.

Nach dem eventuellen Strafmaß befragt, sagte Thomas Hörmann Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Memmingen, dass der Betreiber des Großbetriebs Endres im Falle einer Verurteilung mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren rechnen könne. Bislang habe der Beschuldigte aber noch keine Angaben zu den Vorwürfen gemacht.

Die derzeitige Schließung des Betriebs sei eine präventivpolizeiliche Maßnahme. Ob der Betrieb endgültig geschlossen würde, könne man zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht sagen.

Tierschutzskandal Bad Grönenbach

Dr. Martina Sedlmayer (Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit), Thomas Hörmann (Pressesprecher Staatsanwaltschaft), Michael Haber (Polizeipräsidium Schwaben Süd/West, Leiter der SOKO) und Christian Eckel (Pressesprecher Polizeipräsidium Schwaben Süd/West) gaben Auskunft zum Ermittlungsstand.