Memmingen (as). Auf der Caféhausbühne stellten Walter Weyers, Intendant des Landestheaters Schwaben, und Oberspielleiter Peter Kesten das Programm für die nächste Spielzeit vor. War die Spielzeit 2013/2014 den zuweilen pseudorationalen Umtrieben des menschlichen Verstandes gewidmet, so steht das ab September diesen Jahres aktuelle Programm unter dem Motto „Terror und Traum“.
„Wer vergisst, lebt in der Knechtschaft des Vergessenen“ stimmt Weyers in seinem Vorwort auf den neuen Spielplan ein. Schwerpunkt des Inszenierungskanons ist also der Blick zurück in die weit entfernte und jüngere Vergangenheit, verbunden mit einem skeptischen Blick in die Zukunft der kapitalistischen Gesellschaft und der Frage: „Was ist uns heute noch heilig?“
Heavy Metal zum Auftakt
Zum Auftakt am 26. September ein Paukenschlag bzw. donnernde Gitarrenmusik: Die Heavy-Metal-Oper "Kanaan" erzählt die Geschichte des Abraham im Alten Testament - laut Weyers nicht nur einer der ältesten, sondern auch einer der schönsten und eindrucksvollsten Texte der Kulturgeschichte - auf dessen Stammvaterschaft sich neben den Christen sowohl die Israelis als auch die Araber berufen (von Abrahams Sohn Ismael soll der Prophet des Islam, Mahammed, abstammen).
Mit der Musik der israelischen Heavy Metal Band „Orphaned Land“, die im Nahen Osten grenzübergreifend erfolgreich ist, will das Landestheater den kulturellen Austausch zwischen Israel und Deutschland fördern - die Besinnung auf gemeinsame Wurzeln soll die „soziokulturelle Voraussetzungen für eine gemeinsame Zukunft aufzuzeigen“, so der Intendant. Die lyrischen Texte dieses „Plädoyers für Toleranz und Ökumene“ stammen aus der Feder von Walter Weyers.
Nach der Premiere ist ein einwöchiges Symposium geplant. Unter dem Titel "Urstoff" sind die Memminger Bürger eingeladen, sich mit den alttestamentarischen Texten in ökumenischem Rahmen auseinanderzusetzen. Teinehmen wird auch Emanuel Rund, ein deutsch-US-amerikanischer Filmemacher, Produzent, Publizist und Historiker. Der 1974 gedrehte Dokumentarfilm „Alle Juden raus!“ des 1946 in New York geborenen und in Jerusalem aufgewachsen Rund erhielt das Prädikat „besonders wertvoll“.
"Das Tagebuch der Anne Frank"
Am 24. Oktober feiert das Dokudrama "Das Tagebuch der Anne Frank" im Großen Haus Premiere, basierend auf dem Drehbuch von Frances Goodrich und Albert Hackett. Das weltweit aufgeführte und mehrfach preisgekrönte Stück basiert auf dem Original-Tagebuch der 13-jährigen Jüdin Anne Frank, die sich gemeinsam mit ihrer Familie vor den Nationalsozialisten versteckte. Zwei Jahre lang vertraute sie ihre Gedanken und Gefühle dem Buch an, das heute zum Weltdokumentenerbe zählt.
Auch in der neuen Spielzeit geistert Hitler über die Bühne. Nach dem Beststeller von Timur Vermes avanciert "der Führer" im heutigen Deutschland schnell zum Youtube-Star (30. Januar, Studio). Das Fremdsein in der heutigen Gesellschaft hingegen steht mit dem Drama der jungen Deutsch-Iranerin Azar Mortazavi mit „Ich wünsch mir was“ auf dem Programm des Studios am 20. März.
Ein Stück unbewältigter Vergangenheit zeigt das Drama “Zerbomt“ von Sarah Kane, das am 10. Oktober Premiere feiert. Es thematisiert die Auswirkungen des Krieges auf die menschliche Psyche.
Um die vergehende Zeit - Liebe, Altern und Tod - geht es in Noah Haidles tragisch-komischem Drama „Saturn kehrt zurück“ (Premiere am 27. März).
Kapitalismuskritik kommt dann am 6. Februar 2015 auf die Bühne mit dem Drama „Wassa Shelesnowa“ des russischen Autors Maxim Gorki. Es geht um die Leiterin einer Wolga-Reederei, eine skrupellose Geschäftsfrau, die für ihren Profit über Leichen geht.
Kinder- und Jugendtheater
Auch ein Klassenzimmerstück steht mit „Die erste Stunde“ wieder auf dem Programm, diesmal auf der Caféhausbühne ab 13. März. im Rahmen des Kinder- und Jugendtheaters zeigt das Landestheater außerdem „Der kleine Prinz“ nach Antoine de Saint-Exupery (16. November) und „Türkisch Gold“ von Tina Müller (16. Januar 2015).
Für Heiterkeit und Entspannung sorgen die Komödien „Ladies Night“ (12. Dezember) und „Tartuffe“ (22. Mai) sowie die musikalische Revue rund um den Mann (29. November). Das Musical-Solo „Zarah 47“ von Peter Lund zeigt das Leben der unfreiwilligen Nazi-Sirene Zarah Leander.