
Memmingen (dl). Es sind deutliche und sehr kritische Worte, mit denen Papst Franziskus das Ausmaß der Umweltzerstörungen und die sozialen und wirtschaftlichen Missstände weltweit beim Namen nennt. Darin waren sich alle Podiumsteilnehmer einer Veranstaltung der Cityseelsorge und der Katholischen Erwachsenenbildung Memmingen einig. Unter dem Titel „Sind wir noch zu retten?“ wurde die Umweltenzyklika des Papstes einem Realitätstest unterzogen.
Die Sorge und die Erkenntnis, dass ein nur kleiner Teil der derzeitigen Weltbevölkerung einen unverhältnismäßig großen Teil der Ressourcen der Erde verbraucht und damit irreparable Zerstörungen anrichtet, motivierte den Papst zu seinem weltweiten Weckruf zum gemeinsamem Handeln - auch in Hinblick auf den UN-Klimagipfel vom 30. November bis 11. Dezember in Paris. Was der Papst fordert, ist nicht weniger als „eine mutige kulturelle Revolution“, ein radikales Umdenken und Umstellen der Gewohnheiten in Wirtschaft und Politik, aber auch im Lebensstil jedes einzelnen Menschen.
Die Podiumsdiskussion versammelte Menschen verschiedener Lebens- und Arbeitsbereiche, die sich für eine bessere Welt und eine nachhaltige Entwicklung engagieren, um einen Tisch. In der von Andreas Schales moderierten Diskussion wurden die Verbindungen zwischen den vom Papst angesprochenen Missbrauchsformen von Natur und Mensch und derzeit aktuellen Ereignissen (Finanzkrisen, Flüchtlingswelle) ebenso deutlich wie die Vielschichtigkeit ihrer Ursachen.
Ungerechte Strukturen
Im Kontext ungerechter Strukturen, die sich über längere Zeiträume verfestigten, kritisierte Georg Jutz vom Weltladen Memmingen und dem Verein Partnerschaft Dritte Welt e.V. die Spekulationsgeschäfte an den Finanzmärkten, die mit echter Wertschöpfung nichts mehr zu tun hätten und in Sekunden die Lebensgrundlage von Menschen zerstören könnten.
Dr. Dr. Alexander Lohner vom Bischöflichen Hilfswerk MISEREOR aus Aachen unterstrich die Kapitalismuskritik des Papstes. Die internationale Politik müsse gegenüber übermächtigen Großkonzernen wieder stärker ihre Handlungsspielräume nutzen. Wo dies geschehe und seitens der Politik Standards gesetzt und in nachhaltige Entwicklungsprojekte investiert worden sei, seien auch reelle Fortschritte erkennbar.
Jeder Einzelne verantwortlich
Neben den Handlungsoptionen und den nötigen Kontrollstrukturen in der großen Welt der Politik und Wirtschaft betonte Martin Mauthe-Käter vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung aus Berlin, der Papst mache sehr deutlich, dass die Verantwortung zu einer nachhaltigen Entwicklung jeden Einzelnen betrifft.
In der Frage nach der Anerkennung der Werte, die in der Herstellung und im Konsum von Lebensmitteln liegen, sah Andreas Wenning, Geschäftsführer bei der Rapunzel Naturkost GmbH mit Sitz in Legau, eine wesentliche Weichenstellung für die Zukunft. Die Enzyklika des Papstes bewertete Rupert Reisinger von attac Memmingen/ Illerwinkel als einen wichtigen Schritt in diese Richtung. „Ich würde mir wünschen, dass diese Enzyklika in der Kirche noch mehr von der Kanzel herunter verkündet wird.“
So stimmte das Podium zu Ende der Veranstaltung mit Papst Franziskus darin überein, dass eine radikale Änderung unseres Lebenswandels notwendig und wenn auch nicht einfach umsetzbar, so doch (noch) möglich sei.
Den Text der Enzyklika gibt es kostenlos bei der Cityseelsorge Memmingen, Telefon 08331/ 855418, E-Mail: cityseelsorge.memmingen@bistum-augsburg.de oder als Download unter www.memmingen-katholisch.de/index.php?id=159.