Männerfreundschaft at its best: Hin und wieder liegen die schweizer Barden von "Bliss" sich auch ganz gern mal zu Füßen. Fotos: A. Marx
Memmingen (as). Volltönende (Fünf-)Stimmigkeit zündender Witz, mitreißende Spielfreude, triefende Selbstironie, knackige Arrangements, perfekt harmonierende Stimmen, eine originelle Choreographie und ein Hüftschwung, der Elvis Ehre machen würde – das sind die Zutaten, mit denen „Bliss“, der Schweizer A-Cappella-Import auf der Memminger Meile, seine Zuschauer vom Hocker riss. Jubel und Standing Ovations für eine begnadete Darbietung!
Dass die A-Cappella-Konzerte
auf der Meile regen Zuspruch finden, ist ja mittlerweile bekannt. Doch selten
hat eine Darbietung die Meilenbesucher so schnell und so gnadenlos von den
Stühlen gerissen. „Bliss“, das bedeutet Glückseligkeit. Und wenn man sich die lachenden
Gesichter der Besucher in der Stadthalle anschaute, so haben die vielfach
ausgezeichneten eidgenössischen Engel ihre Mission erfüllt.
„Tell’s Angels“ trifft des Apfels Kern
„Grüezi miteinand‘“, so heißen die fünf schmucken schweizer Gentlemen ihre Konzertgäste in der gut Dreiviertel gefüllten Memminger Stadthalle willkommen und feiern ihren „Inselstaat im Euroland“ auf die Melodie der deutschen Nationalhymne. Schnell wird klar: Der Programm-Titel „Tell’s Angels“ trifft des Apfels Kern, denn hier sind Meister präziser Intonation am Werk, „schärfer als Schweizer Messer“, und gesegnet mit überragender Bühnenpräsenz.
Mit Songs wie „Rosanna“ (Toto)
und „Valerie“ (Amy Winehouse) erklingt fetziger und lyrischer Pop. Hier und da ist
auch mal ein „Hollariti“ aus voller Kehle zu hören und die „dumm dumms“, „dubidus“ und „schubiduwapps“
des A-Cappella-Silbengesangs werden mit uriger Schweizer Lautmalerei versetzt. Charmant
träumen die Helvetier mit den Comedian Harmonists von „A bitzli Glückch“ und zwar „in jedem Augenblickch“.
Balleteus-groteske Grazie
Ob romantische Balladen, französischer Chanson oder Hardrock: Die Fünf beherrschen, getragen von Viktors mundgemachter Perkussion, die ganze Palette. Bei einem ironischen Klassik-Medley von „La Bohème“ bis zu Ravels „Bolero“ ziehen sie alle Register ihrer Stimmbänder vom Countertenor (Claudio) über schmelzenden Tenor (Lukas) und Bariton (Matthias und Tom) bis zum Bass (Viktor) - choreographisch untermalt mit balleteus-grotesker Grazie. Ein Highlight im zweiten Teil war die mit reichlich androgynem Charme versetzte Interpretation von „Kiss“ (Prince).
Doch die Fünf können auch
ernste Töne. Mit Michael Jacksons „Man in the Mirror“ rufen sie zu mehr Selbstkritik
als Gegenmittel zu Angst und Hass in Zeiten des Terrors auf und ihr Vortrag der Ballade „Chasing Car“ von
Snow Petrol geht dem Publikum unter die Haut. Mit „I’m just a gigolo“ nimmt das
Quintett seinen groovigen Flirt mit dem Publikum wieder auf.
Tell's Angels als "Hells Angels"
Drei Zugaben ringt das unermüdlich applaudierende Publikum seinen Lieblingen ab. Und wer hätte gedacht, dass ein Hardrock Song wie „Higway to Hell“ ganz ohne Instrumente so derart rocken kann? Das Publikum raste und rockte kräftig mit.
Einziger Wermutstropfen dieses wunderschönen Konzertabends: Er war viel zu schnell vorbei. Auch wenn die begeisterten Zuhörer alles dafür taten, das Ende durch lautstarke Zugaben-Rufe und frenetischen Beifall hinauszuzögern. Standing Ovations gab es nicht nur am Ende eines absolut mitreißenden Konzerterlebnisses.