
Memmingen (dl/as). Den Umgang mit Sterbenden anderer Religionen und Kulturen nennt Stationsleiterin Angela Ludwig von der Palliativstation im Klinikum Memmingen eine „tägliche Herausforderung, die anlässlich des anhaltenden Flüchtlingsstroms noch steigen wird“. Beim zweiten Palliativtag des Klinikums Memmingen sprach die Pflegerin unter anderem über Sterberituale im Islam.
Beim Palliativtag, der einen Mix aus Vorträgen und Workshops für Fachpersonal bot, sprach Stationsleiterin Ludwig über die unterschiedlichen Anforderungen, die Sterbende anderer Religionen und ihre Angehörigen an das medizinische Personal stellen. „Muslimische Patienten lehnen Schmerztropfen oft wegen ihres Alkoholgehalts ab.“ Auch versuchten viele, trotz ihrer schweren Erkrankung die fünf täglichen Gebete einzuhalten. „Schaffen Sie sich einen Gebetsteppich an“, riet sie den Symposiums-Teilnehmern aus anderen Kliniken und Altenheimen. Denn der Anteil an älteren muslimischen Bewohnern werde steigen und die Menschen seien froh und glücklich, wenn man sie und ihre Religiosität ernst nehme: „Es ist wichtig, den anderen zu respektieren und ihm zu ermöglichen, seinen Glauben zu leben – zumindest soweit es die jeweilige Einrichtung zulässt.“
Rund 840 Patienten seien in den vergangenen sechs Jahren auf der Palliativstation mit ihren sechs Betten versorgt worden, resümierte Oberarzt Dr. Matthias Missel. Neben einer medizinischen Behandlung durch speziell ausgebildete Ärzte und Pflegekräfte werden auf der Palliativstation Kranken- und Atemgymnastik, Kunst-, Musik- und Entspannungstherapie, eine psychoonkologische sowie eine seelsorgerische Betreuung angeboten. „Eine weitere wichtige Säule ist der Sozialdienst“, beschrieb Missel. „Hier geht es meist um Beratung, wie etwa die weitere häusliche Versorgung unserer Patienten, die gut geplant und vorbereitet werden muss.“
"Oft als Sterbestation missverstanden"
Mehr als 60 Prozent der Palliativpatienten können laut Chefarzt Professor Dr. Albrecht Pfeiffer entlassen werden. Lediglich rund 35 Prozent würden auf der Station versterben. „Bedauerlicherweise wird aber die Palliativstation oft als Sterbestation missverstanden“, so der Ärztliche Direktor des Klinikums. „Wir fügen zwar dem Leben nicht mehr Tage hinzu, aber den Tagen viel Lebenswertes.“
Doch nicht nur die unheilbar kranken Patienten, sondern auch das medizinische Personal braucht Unterstützung. Daher fand im Rahmen des Symposiums auch ein Workshop zum Thema "Selbstpflege und Stärkung der psychischen Widerstandsfähigkeit" statt. „Ich möchte die Menschen bis an ihre Grenze begleiten und dennoch meine eigenen Grenzen bewahren“, schilderte eine Teilnehmerin, der eigenen Worten zufolge die Kraft abhandengekommen war, „gefühlsmäßig ganz bei den Patienten zu sein“.