Die Koffer sind gepackt. Elisabeth Hütter, Anke Fonferek und Franziska Roth spielen eine Szene aus dem Stück von Laura Neumann "Demut vor deinen Taten Baby". Fotos: Antje Sonnleitner
Memmingen (as). Ein Wechsel der Intendanz ist immer ein einschneidendes Ereignis, nicht nur für das Theater, sondern für die gesamte Kulturszene der Stadt. Doch diesmal kommt der Abschied einer Auflösung gleich: Das Memminger Ensemble stand am 25. Juni zum letzten Mal gemeinsam auf der Bühne des Großen Hauses und bedankte sich mit Liebesszenen aus den Stücken der letzten sechs Jahre beim Memminger Publikum für „viele großartige gemeinsame Theatermomente“.
Es gab keine langen Reden, keine Huldigungen an die scheidende Intendantin - der Team-Gedanke prägte die Leitung von Dr. Kathrin Mädler, und so war auch der Abschiedsabend eine Hommage des gesamten Teams an das Memminger Theaterpublikum, das ihm sechs Jahre lang die Treue gehalten hat. Die Aufführung „Von Herzen – Liebesszenen aus sechs Jahren Memmingen“ war ein Streifzug durch die Inszenierungen der sechs Jahre währenden Ära Mädler, angefangen mit „Verbrennungen“ von Wajdi Mouawad und „Peer Gynt“ aus der Spielzeit 2016/17 bis zu den jüngeren Produktionen aus der Spielzeit 2021/22 wie „Natur“ und „Frankenstein“. Hass, Abscheu, Unverständnis, Verzweiflung, Verachtung, Trauer, Schmerz, Zerrissenheit und erfüllte Liebe (wie in "Emmas Glück"): In szenischen Schlaglichtern, mitten aus dem Stück gegriffen, wurde noch einmal in einem bewegten und bewegenden Streifzug durch die Spielzeiten alles verhandelt, was zwischenmenschliche Beziehungen ausmacht – sei es die zwischen Eltern und Kindern, zwischen FreundeInnen oder Liebenden.
Großes Herz am Kulissenhimmel
Ein schöner Effekt: Am Ende des szenischen Reigens kippt das riesige Herz, das am Kulissenhimmel thront, die eingesteckten Plastikrosen rieseln zu Boden und nach dem Schluss-Song "I’ve Had The Time of My Life" aus Dirty Dancing werfen die Schauspieler die kleinen Plastikrosen ins Publikum.
Sie blicke auf eine reiche, aufregende und wunderschöne Zeit zurück, hatte Kathrin Mädler in ihrer Einladung zum Abschiedsabend erklärt. „Wir konnten künstlerisch viel ausprobieren, wir sind als Team zusammengewachsen, wir konnten das Landestheater weiterentwickeln und ausbauen, wir haben viele besondere Geschichten im Allgäu erlebt und einige von ihnen erzählt. Vor allem aber durften wir Sie kennen und lieben lernen und mit Ihnen eine wunderbare Theaterbeziehung führen.“
Nur zwei Ensemblemitglieder bleiben
Mit ihrem politischen und leidenschaftlichen Theater hat Kathrin Mädler in den letzten Jahren überregional Aussehen erregt. Nun setzt sie ihre künstlerische Karriere am Theater Oberhausen fort. Gemeinsam mit ihr gehen auch die Chefdramaturgin Anne Verena Freybott, Ausstattungsleiterin Franziska Isensee und sieben Ensemblemitglieder von Bord. Zwei Schauspielerinnen wechseln an andere Häuser, nur zwei bleiben dem Landestheater erhalten.
Die neuen Intendanten Christine Hofer und Alexander May können also nicht aus dem Vollen schöpfen, haben jedoch beste Voraussetzungen für einen brandneuen Start. Mögen sie „bis zu den Ellenbogen hineingreifen in die Aventüre“ (Don Quijote).