
Über 1.200 Besucher kamen in die Memminger Stadthalle, um die beiden OB-Kandidaten Dr. Friedrich Zeller (SPD) und Manfred Schilder (CSU) im
direkten Vergleich zu erleben. Foto: Sonnleitner
Memmingen (as). Wer tritt die Nachfolge von Markus Kennerknecht
an? Das Interesse an den beiden Kandidaten Manfred Schilder (CSU) und Dr.
Friedrich Zeller (SPD) war groß: Über 1.200 Besucher füllten die Säle der Stadthalle, um sich bei der von Uli Hagemeier von Helmut Kustermann moderierten Podiumsdiskussion der Memminger Zeitung ein Bild von den beiden Kandidaten im
direkten Vergleich zu machen. Bemerkenswert war
der überaus faire Umgang der Konkurrenten um den Chefsessel im Rathaus miteinander.
Die auf die wunden Punkte der Kandidaten gerichteten „bösen
Fragen“ gleich zum Auftakt der Veranstaltung kamen beim Publikum weniger gut
an. Buh-Rufe gab es, als Helmut Kustermann auf die „Deppen-Affäre“ Dr.
Friedrich Zellers anspielte („Wird der Tonfall in der Memminger Stadtpolitik
sich mit Ihnen verschärfen?“). Der 59-jährige Manfred Schilder sah sich mit der Frage konfroniert, ob er aufgrund seines Alters "ein Mann für nur eine Wahlperiode" sei - was er energisch verneinte. Beide ließen sich durch die, nach eigenem Bekunden, "nicht immer fairen" Fragen der Moderatoren nicht provozieren.
Entwicklung der Memminger Stadtteile
In den meisten aktuellen Fragen der Stadtpolitik lagen die Positionen der beiden Kandidaten eng beieinander. Beide wollen dafür sorgen, dass die Memminger Stadtteile sich "wahr- und ernstgenommen" fühlen. Unterschiedliche Meinungen gab es im Detail: So stehen die Straße nach Hurren, ein innerörtliches Verkehrskonzept für Amendingen und die Nachverdichtung von Buxach-Hart auf der Prioritätenliste von Dr. Friedrich Zeller. Für Manfred Schilder stehen die bauliche Situation in Steinheim und eine Umfahrung des Stadtteils sowie eine Dorfmitte für Eisenburg ganz oben an.
Weinmarkt und ÖPNV
Beide Kandidaten sprechen sich für eine (zunächst) zeitlich
befristete Sperrung des Weinmarkts am Wochenende aus. Übereinstimmung besteht
auch, was den Ausbau des ÖPNV betrifft. „Das muss und darf die Stadt auch Geld
kosten“: Schilder, der die Umlandgemeinden mit einbinden will, plädiert für eine enge Taktung mit kleinen, barrierefreien E-Bussen auf weniger frequentierten Strecken. Auch Zeller will einen "integrierten Stadtbusverkehr" mit
regelmäßiger Taktung - nicht zuletzt auch als "Ausdruck von Modernität" des Oberzentrums Memmingen.
"Fachmarktzentrum Innenstadt"
Beide sehen in der Ansiedlung von Ikea einen wichtigen Impuls für die Zukunft. Zeller hält das jetzige Konzept mit reduziertem Fachmarktzentrum für akzeptabel. Es handele sich um „schnöde Fachmärkte“ ohne Aufenthaltsqualität, relativiert er die Konkurrenz zur Innenstadt. Die Einrichtung eiens Shuttle Busses hält er für unzureichend und schlägt vor, externe Fachleute heranzuziehen, um Memmingens Innenstadt touristisch besser zu vermarkten.
„Stirbt der
Handel, stirbt das Leben in der Stadt“: Schilder plädiert für "harte
Verhandlungen" mit Ikea und für den Schutz des innenstadtrelevanten
Sortiments. Die wahre Konkurrenz sieht er allerdings im Internethandel. Sein Appell an die Memminger Einzelhändler: “Nicht die
Konkurrenz auf der grünen Wiese verhindern, sondern sich als ‚Fachmarktzentrum
Innenstadt‘ zusammentun!“.
Gestaltung des Bahnhofsareals
Eng beieinander liegen die Vorstellungen der OB-Kandidaten bei der Frage nach der Gestaltung des Bahnhofsareals. Kein Forum wie in Kempten soll es werden, "kein Einkaufstempel". Gewünscht sei vielmehr eine "hochwertige Lösung für Wohnen und Gewerbe, ergänzt mit Wohlfühlqualität und Gastronomie", so Manfred Schilder. Dr. Friedrich Zeller könnte sich außerdem vorstellen, dass hier eine Fahrradstation in Form einer Hochgarage entsteht.
Zukunft der Krankenhäuser
Was die Zukunft der Krankenhäuser betrifft,
stimmen die Kandidaten darin überein, dass das Klinikum Memmingen in kommunaler
Trägerschaft bleiben muss. Die fragliche Fusion steht für beide erst "am Ende
des Weges": Beide stellen eine medizinische Schwerpunktbildung innerhalb des
Klinikverbundes in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen, um die "hohe qualitative
Leistung für die Bürger" zu gewährleisten.
Kombiniertes Hallen- und Freibad
Übereinstimmung herrscht auch, was den Charakter
des zukünftigen Stadtbades betrifft. Beide Kandidaten streben ein kombiniertes
Hallen- und Freibad an – „kein Fun-Bad“, sondern eine am Sport orientierte Einrichtung. In die
jetzigen Bäder soll nur noch so viel wie nötig investiert werden, bis das
neue Konzept „in absehbarer Zeit“ realisiert ist.
Unterschiedliche Ansichten bestehen hinsichtlich des Standortes: „Ich finde den jetzigen Standort des Freibades gut“, lobt Dr. Zeller die Stadtnähe. Schilder hält den heutigen Standort für „suboptimal“ und sieht das neue kombinierte Bad eher in räumlicher Nähe zu Eissporthalle und Stadion.
Minarett - ja oder nein?
Die Religionsfreiheit in der Stadt betrachten beide als "hohes Gut", doch bei der Frage nach dem geplanten Minarett auf der Memminger Moschee in der Schlachthofstraße gehen die Meinungen auseinander. „Ein Minarett stört mich nicht", so Dr. Zeller, "solange es städtebaulich in Ordnung ist". Schilder betont die Priorität christlicher Grundwerte. Ein Minarett ist seiner Ansicht nach nicht nötig, um den islamischen Glauben zu praktizieren.
Einig waren sich die Kandidaten in ihrem „Nein“
zur der brandaktuellen Frage, ob auswärtige Politiker in deutschen Städten ihren
Wahlkampf austragen dürfen. „Wie würden Sie reagieren?“, lautete die Frage von Uli Hagemeier anlässlich
des Streits um den untersagten Wahlkampfauftritt des türkischen Justizministers
in Gaggenau.
Für Auflockerung dar Frage-Antwort-Runde, bei der auch Fragen aus dem Publikum und seitens der MZ-Leser berücksichtigt wurden, sorgte
das Kennenlernen-Spiel “Sekt oder Selters“ und Filmsequenzen, in denen zwei Jugendbegleiter
der Kandidaten zu Wort kamen.
Prickelnder Abschluss war die Aufforderung an
beide Kandidaten, Gründe zu nennen, warum der jeweils andere gewählt werden
solle - worauf von beiden Seiten viele positive Adjektive wie „sympathisch“, „kollegial“,
„engagiert“ und „fair“ fielen. Symptomatisch für den Umgang der Konkurrenten miteinander war die
Antwort: „Dass wir zwei gut zusammenarbeiten werden“ von Friedrich Zeller auf
die Frage von Manfred Schilder: „Was steht am 20. März 2017 in der Memminger
Zeitung?“.
Die "Qual der Wahl" bei der Entscheidung für einen der beiden Kandidaten am 19. März dürfte für die Memminger nicht leichter geworden sein....