Anästhesie-Chefarzt Prof. Dr. Lars Fischer vom Klinikum Memmingen klärte bei einer Patienteninformationsveranstaltung über die Schmerzbehandlung rund um operative Eingriffe auf. Foto: Ralph Koch
Memmingen (dl). Schmerzen schützen uns davor, unserem Körper zu schaden. Doch nach einer Operation ist eine effektive Schmerzausschaltung sinnvoll, um den Heilungsprozess voranzutreiben, wie Anästhesie-Chefarzt Prof. Dr. Lars Fischer vom Klinikum Memmingen bei einer Patienteninformationsveranstaltung zum Thema Schmerztherapie erklärte.
„Schmerz ist ein Reiz, der uns warnt und davor schützen soll, bestimmte Bewegungen zu tun, die unserem Körper weiter schaden könnten“, erklärte Fischer, Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin und Schmerztherapie am Klinikum Memmingen. Dabei sei Schmerz sehr individuell: „Schmerzen sind nur begreifbar durch die subjektiven Eindrücke und Äußerungen des Patienten.“ Anhaltspunkt der Schmerztherapie sei also keine messbare Größe, sondern das subjektive Empfinden der Patienten.
Patienten würden in vielfältiger Weise von einer Schmerztherapie profitieren: „Mehr Komfort, weniger Angst, komplikationsärmere und schnellere Genesung“, zählte Chefarzt Fischer auf und fügte erklärend an: „Ohne Schmerzen kann ein Patient, beispielsweise nach einer Knochen- oder Bauch-Operation, viel stressfreier seine Übungen machen und dadurch viel schneller mobilisiert werden, was den Heilungsprozess entschieden voranbringt.“
Chronischen Schmerzen vorbeugen
Wichtig sei in diesem Zusammenhang auch die Prävention chronischer Schmerzen: „Denn wenn Schmerzen nicht richtig behandelt werden, können sie chronisch werden“.
Gegen die von Fischer beschriebenen verschiedene Schmerztypen – bohrender, stechender, dumpfer, drückender, kolikartiger, brennender, elektrisierender oder einschießender Schmerz – bietet das Klinikum unterschiedliche Mittel zur Schmerzlinderung rund um operative Eingriffe an.
Während und direkt nach einer Operation kommen laut
Fischer häufig Opioide zum Einsatz: „Das sind die stärksten Schmerzmittel, die
zur Verfügung stehen.“ Sie hätten eine hervorragende Schmerzausschaltung,
führten aber bei zu häufigem Gebrauch zu Darmträgheit, Müdigkeit oder Übelkeit.
„Eine Suchtentwicklung durch Opioide im Rahmen eines operativen Eingriffes ist
nicht zu befürchten.“
Operation mit Regionalanästhesie
Ein sehr wichtiger Teil der Schmerztherapie sei auch die sogenannte Regionalanästhesie: „Dieses Verfahren hat die Schmerzausschaltung bestimmter Körperregionen zum Ziel, ohne das Bewusstsein zu beeinträchtigen.“ Sie komme bei circa jedem vierten der jährlich rund 11.000 operativen Eingriffe zum Einsatz, entweder in Kombination mit einer Allgemeinanästhesie oder ausschließlich. Dabei werden mit einem Ultraschallgerät die Nerven und Gefäße, die die zu operierende Körperstelle versorgen, ausfindig gemacht und dort das Schmerzmittel eingespritzt.
„Bei großen Operationen verwenden wir die rückenmarksnahe Regionalanästhesie. Sie hat eine hervorragende Schmerzausschaltung mit einer positiven Beeinflussung der Darm-, Herz- oder Lungenfunktion“, erklärte Fischer. „Dieses Anästhesie-Verfahren hat auch eine positive Auswirkung auf die Durchblutung und das Immunsystem. Dadurch erholen Sie sich nach einer Operation nachweislich schneller.“ Der rückenmarksnahe Katheter werde meist vier bis sechs Tage im Körper belassen und mit einer Schmerzpumpe verbunden, die kontinuierlich Schmerzmittel abgibt. Dieses Verfahren wird von einem Akutschmerzdienst, den die Anästhesie-Abteilung im Klinikum rund um die Uhr zur Verfügung stellt, überwacht, so dass die Patienten immer einen Ansprechpartner vorfinden.
Rezeptfreie Schmerzmittel nicht unbedenklich!
„Es macht keinen Sinn zu warten, bis man es vor Schmerzen nicht mehr aushält“, betonte Fischer in diesem Zusammenhang. Mit einer kontinuierlichen oder regelmäßigen Schmerzmittelgabe könne man Unter- und Überdosierungen von Schmerzmitteln vermeiden.
Am Ende seines Vortrages warnte der Chefarzt noch vor der unkritischen Einnahme rezeptfreier Schmerzmittel: „In Deutschland werden zu viele davon eingenommen.“ Die Nebenwirkungen dürften nicht außer Acht gelassen werden: „Sie können bei bis zu 50 Prozent zu Magenbeschwerden, bei rund 70 Prozent zu Schleimhautschäden im Verdauungstrakt und bei jedem vierten zu Magengeschwüren führen. „Und mehr als 1.000 Menschen sterben jährlich am unsachgemäßen Gebrauch dieser Schmerzmittel.“