
Die leitende Physiotherapeutin Heidemarie Geier vom Klinikum Memmingen zeigte den Besuchern des Informationsabends einfache Beckenbodenübungen. Fotos: Häfele/Pressestelle Klinikum Memmingen
„Man muss als Betroffener nicht vereinsamen“, betonte Rauner. Schon mit einer konservativen Therapie – also ohne Operation – kriege man das Problem fast immer in den Griff, erklärte die Chirurgin. Ganz wichtig sei die Stuhlregulation: „Pflanzliche Mittel wie Flohsamenschalen festigen den Stuhl, damit er nicht unwillkürlich abgeht.“ Auch bestimmte Durchfallmedikamente, die den Darm träge machen, würden hervorragend funktionieren: „Im Gegensatz zur oft herrschenden Meinung kann man diese Arzneimittel bei dieser Erkrankung dauerhaft einnehmen.“
Laut Dr. Rauner sind
mehr Frauen als Männer von Stuhlinkontinenz betroffen: „Männer haben eine
bessere Muskulatur. Bei Frauen ist oft durch Schwangerschaft und Geburt der
Beckenboden in Mitleidenschaft gezogen.“ Als unterstützende Maßnahme zu jeder
Therapie rät die Ärztin Beckenbodengymnastik. Dabei gebe es eine große
Bandbreite an Trainingsmöglichkeiten, erläuterte die leitende Physiotherapeutin
Heidemarie Geier: „Beckenbodentraining hat allerdings nichts mit Anstrengung
oder Kraft zu tun.“ Das sei eher kontraproduktiv.
Hilft dem Betroffenen keine konservative Therapie, können die Chirurgen am
Klinikum Memmingen den defekten Schließmuskel wieder rekonstruieren, erklärte
Rauner. Auch ein Schrittmacher, der über eine Sonde im Kreuzbein Nervenbahnen
aktiviert, könne eingepflanzt werden.
Dass Schwangerschaft und Geburt nicht automatisch zu Beckenbodenschwäche führen müssen, zeigte Oberärztin Dr. Kathrin Mühlen von der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe. Denn mit regelmäßigem Beckenbodentraining während der Schwangerschaft sowie konsequenter Rückbildungsgymnastik nach der Geburt könne das Risiko, später an Inkontinenz oder einem Gebärmuttervorfall zu leiden, minimiert werden. Gesunde Ernährung und die Vermeidung von Übergewicht wirkten sich ebenfalls positiv aus. Allerdings spiele auch die genetische Veranlagung sowie die körperliche Belastung eine Rolle: „Eine Bäuerin, die lebenslang extrem schwer arbeitet, ist eher betroffen.“
Durch
die hormonell bedingte Weitstellung der Harnwege in der Schwangerschaft können
auch Keime leichter aufsteigen, was zu einer Blasenentzündung führen kann, wie die
niedergelassene Urologin Dr.
Beatrice Labude erklärte. Laut Labude leiden 20 bis 30 Prozent der erwachsenen
Frauen ein oder mehrmals im Jahr an einem Harnwegsinfekt. Wegen der anatomisch
bedingten kurzen Harnröhre seien eher Frauen als Männer betroffen, denn dadurch
könnten Darmbakterien in die Blase gelangen. Einer Blasenentzündung vorbeugen
könne man durch eine ausreichende Trinkmenge – mindestens zwei Liter pro Tag –,
durch gesunde Ernährung mit reichlich Obst, Gemüse und Joghurt, durch die
Vermeidung von übertriebener Intimhygiene und Unterkühlung.
Vor allem junge Frauen leiden unter Reizdarm

Gynäkologie-Chefarzt Privatdozent Dr. Felix Flock (im Bild)
und seine Kollegen berieten zu Themen wie Inkontinenz, Reizdarm und Blasenschwäche.
Mehr Frauen als Männer leiden auch an einem sogenannten Reizdarmsyndrom, wie Dr. Matthias Missel von der Medizinischen Klinik II informierte. Diese Erkrankung zeichne sich durch „länger als drei Monate anhaltende Beschwerden mit Bauchschmerzen, Blähungen und Stuhlgangsveränderungen“ aus und reduziere die Lebensqualität der Betroffenen erheblich. Laut dem Oberarzt leiden vorwiegend junge Frauen zwischen 20 und 30 Jahren unter einem Reizdarm. „Die Beschwerden treten häufig mit psychischen Erkrankungen wie Ängsten oder Depressionen auf.“ Auch Stress könne zu einem Reizdarm führen, weswegen Entspannungstherapien oder eine Entschleunigung des Alltags Linderung bringen könnten.
Zur Freude der Organisatoren kamen am bisher heißesten Tag des Jahres rund 100 Interessierte zum Informationsabend in das Klinikum Memmingen. „Das zeigt, dass wir bei den Themen die richtige Wahl getroffen haben“, unterstrich Moderator Privatdozent Dr. Felix Flock, Chefarzt der Memminger Frauenklinik.