Memmingen (as). Thilo Frommlet, Firmeninhaber des Reformversandhandels Gefro, stand zunächst mir seiner Forderung einer Namensänderung der Wernher-von-Braun-Straße im Gewerbegebiet Nord ziemlich alleine da. Doch nun wurde sein Wunsch Wirklichkeit: Mit großer Mehrheit stimmte der Stadtrat für eine Neubenennung.
Bereits im August letzten Jahres hatte Frommlet sich an die Stadt Memmingen gewandt und um eine Umbenennung der Wernher-von-Braun-Straße ersucht. Der Grund: Kunden der Firma hatten ihren Unmut über die Adresse geäußert, deren Namenspate, der deutsche und später US-amerikanische Raketeningenieur Wernher von Braun, in Kriegsverbrechen der NS-Zeit verwickelt war. Von 1937 bis 1945 war Wernher von Braun (NSDAP-Mitglied und seit 1943 SS-Sturmbannführer) der technische Direktor der neuen Heeresversuchsanstalt Peenemünde. Heutigen Schätzungen zufolge kamen beim Bau seiner für das Nazi-Regime konstruierten „Vergeltungswaffe“ V2 an die 20.000 KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter ums Leben.
Mit großer Mehrheit (21:9 Stimmen) hat der Stadtrat für die Namensänderung votiert - gegen den Willen des Oberbürgermeisters und anderer Anlieger, die die Maßnahme als unnötig ansehen. Zumal das Umtaufen der Straße für die Gewerbetreibenden mit erheblichem Aufwand und Kosten verbunden ist: Schließlich müssen alle Geschäftspapiere neu gedruckt, öffentliche Einträge geändert werden.
Auch Frommlet stellte den Namensgeber seiner Geschäftsadresse, der später als Raumfahrtpionier in die Geschichte einging, lange nicht in Frage. Nun ist er froh, dass der Makel getilgt ist: „Verbrechen gegen die Menschlichkeit dürfen nicht höher bewertet werden als wissenschaftliche Leistungen“, lobte er den Stadtratsbeschluss.
Mag auch sein Tod mysteriös gewesen sein - in Rudolf Christian Karl Diesel (1858 bis 1913), ebenfalls Ingenieur und Erfinder des Dieselmotors, hat man sicherlich einen seriöseren Namensgeber gefunden. Weitere Adressänderungen werden den Firmeninhabern also voraussichtlich erspart bleiben.