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"Integration findet vor Ort statt" - Bäyerischer Städtetag tagt in Memmingen

veröffentlicht am 14.07.2016
Bayerischer Städtetag 2016 kl

Die Vertreter des Bayerischen Städtetages bei der Pressekonferenz in der Memminger Stadthalle: Bernd Buckenhofer, geschäftsführender Vorstand, Dr. Kurt Gribel, 1. stellv. Vorsitzender, Gastgeber Oberbürgermeister Dr. Ivo Holzinger, Vorsitzender Dr. Ulrich Maly und Josef Pellkofer, 2. stellv. Vorsitzender. Fotos: Sonnleitner

Memmingen (as). Nach 25 Jahren tagt der bayerische Städtetag wieder in Memmingen. Zum Thema „Zuwanderung und Integration“ diskutieren die Vertreter von 270 bayerischen Städten heute in der Stadthalle. Im Rahmen des gestrigen Auftaktes bekräftigte Bayerns Städtetagspräsident Dr. Ulrich Maly im Rahmen einer Pressekonferenz die Forderung der Kommunen nach mehr Unterstützung durch Bund und Freistaat.

„Integration findet vor Ort in den Städten und Kommunen statt und wir können das auch schaffen, aber wir brauchen die nötigen Mittel dazu“ - der Tenor der Konferenz impliziert die Forderungen an die Freistaat Bayern nach schneller finanziellen Entlastung der Kommunen bei Betreuung, Unterbringung und Integration von Asylbewerbern und Flüchtlingen.

Derzeit würden die Kommunen mit den Kosten allein gelassen (dazu gehören auch 212 Millionen nicht gedeckter Kosten für die Erstaufnahme) und sähen sich im Zugzwang: „Wir müssen etwas tun, sonst zerreißt es die Stadtgesellschaft vor Ort,  aber wir müssen es uns auch leisten können", so Dr. May. Der Städtetag fordert, dass ein guter Teil der sieben Milliarden Euro, die der Bund für die Integration zur Verfügung stellen will, an die Kommunen geht.

„Der Wohnungsmarkt ist ein sehr vermintes Themenfeld“

Städtetag 2

Dr. Ulrich Maly, Präsident des Bayerischen Städtetages und Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg.

Sozialen Sprengstoff sehen die Städtevertreter vor allem auf dem Wohnungsmarkt bzw. in der durch den Flüchtlingszuzug verschärften Konkurrenz um bezahlbaren Wohnraum. „In der aufnehmenden Gesellschaft darf keiner zu kurz kommen“, mahnt May. Sozial schwächer Gestellte müssten „die gleiche Fürsorge und Empathie erfahren, die wir für die Flüchtlinge fordern“. Kommunen, Bund und Länder seien gleichermaßen gefordert,  neuen Wohnraum zu schaffen. Außerdem müsse man mehr Anreize für private Investoren schaffen.

In diesem Zusammenhang fordert der Städtetag eine Flexibilisierung und Beschleunigung der bürokratischen und baugesetzlichen Verfahren. In Bayern sei ein Zuwachs an Wohnraum von 30 bis 40 Prozent nötig, um den Bedarf zu decken, erklärt Dr. Kurt Gribl, zumal die Anerkennungsverfahren schnell vorangingen und die Menschen aus der Erstaufnahme-Einrichtungen dann Wohnraum finden müssen, um nicht als Fehlbeleger zu gelten. Auch diese Regelung gälte es zu flexibilisieren, denn: „Verfügbaren Wohnraum kann man nicht aus dem Ärmel schütteln“ so Gribl.

Die „Würde des Gebrauchtwerdens“

Ein weiterer wichtiger Punkt sei die Integrationskraft des Arbeitsplatzes und die „Würde des Gebrauchtwerdens“. Hierzu nimmt   Josef Pellkofer Stellung. „Die Emigranten wollen arbeiten, aber oft fehlen die formalen Voraussetzungen." Es sei kontraproduktiv, wenn qualifizierte Zuwanderer nicht in ihren bisherigen Berufen arbeiten könnten, will ihre Abschlüsse nicht anerkannt würden.  Zwischen Bundesagentur für Arbeit, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und den Jobcentern müssten Maßnahmen für Spracherwerb, Ausbildung und  Arbeit abgestimmt werden, fordert Pellkofer. „Wir können es uns langfristig nicht leisten, unsere unternehmerischen Potenziale nicht zu nutzen. Davon profitierten sowohl  Unternehmer als auch Migraten, denn der Bedarf an Arbeitskräften sei nicht ohne Zuwanderung zu decken.

Ohne ehrenamtliches Engagement sei das Thema Integration nicht zu bewältigen, doch „Ehrenamt kann nicht staatliche Aufgaben übernehmen“, kritisierte Pellkofer.  Vielmehr sei der Freistaat gefordert, durch ein Förderprogramm Stellen zu schaffen.

Frühere Fehler vermeiden

"Ob eine Gesellschaft ausgrenzt oder inkludiert wird vor Ort entscheiden", betonte Dr. May. Es gelte, Fehler, die man bei der früheren Zuwanderung von Gastarbeitern gemacht habe, zu vermeiden. „Was im Kindergarten nicht an Integration geleistet wird, kann man später nur umständlicher und teurer nachholen“, so der Präsident. Sprachvermittlung müsse ausreichend und für jeden stattfinden, ebenso wie staatsbürgerliche Bildung und die Vermittlung von Werten, die in unserem Alltag eine Rolle spielen. „Wenn man ehrlich ist, hat die Integration noch nicht vollständig begonnen“, meint May. Die Beschulung der Kinder stelle hier eine Ausnahme dar: Immerhin wurden 1.600 Übergangsklassen in Bayern geschaffen und das Budget für 1.750 neue Lehrer zur Verfügung gestellt. „Hier hat der Freistaat Großartiges geleistet“, lobt der Vorsitzende. Doch das reiche nicht aus: "Wir brauchen 80 bis 100 neue Kindergärten  und 40 bis 50 zusätzliche  Schulen“,  beziffert May den Bedarf. Ungelöst sei auch die Finanzierung unbegeleiteter Minderjähriger.