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In der Heumilch steckt die Zukunft

Neue Begeisterung für ein ursprüngliches Produkt

veröffentlicht am 15.10.2024
Grünlandtag ARGE Heumilch 2 sg

Tobias Ruppaner (rechts) ist Heumilchbauer im Allgäu. Mit Dr. Hans Hochberg vom Deutschen Grünlandverband (links) hat er über seinen Betrieb gesprochen. Fotos: Svenja Gropper

Sulzberg (sg). Mit dem Allgäu verbinden die meisten Menschen Berge, grüne Wiesen, Kühe, Milch und guten Käse. Heumilch, die ursprünglichste Art Milch zu erzeugen, ist mittlerweile allerdings selten geworden. Dabei bietet sie viele Vorteile für Mensch, Tier und Umwelt und erfährt durch den Verband ARGE Heumilch neue Beliebtheit bei Bauern und Verbrauchern.

Beim 31. Grünlandtag – veranstaltet vom Deutschen Grünlandverband und der ARGE Heumilch – standen besonders die Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP) und ein klimaschonendes Ernährungssystem der Zukunft im Fokus. Die ARGE Heumilch Deutschland hat zudem ihr zehnjähriges Jubiläum gefeiert. Die Schwester in Österreich gibt es bereits doppelt so lange. Verbraucher erkennen Heumilchprodukte seit 2016 u. a. durch das europäische Gütesiegel „g.t.s.“ für „geschützt traditionelle Spezialität“ angebracht. 2024 ist Heumilch als Weltkulturerbe ausgezeichnet worden.

Hochwertige Produkte

„Früher haben die Leute gedacht, wir hätten den Fortschritt verpasst. Und jetzt sind wir auf einmal ganz vorne“, brachte es Karl Neuhofer, Obmann der ARGE Heumilch Österreich, auf den Punkt. Er ist seit 40 Jahren Heumilchbauer, d.h. er füttert seine Kühe und das Jungvieh im Sommer mit frischen Gräsern und Kräutern und im Winter mit Heu, was letztlich die hohe Qualität der Milch ausmacht. Auch Käsemeister schwören darauf. In Österreich liefern 7.000 Bauern rund 15 Prozent der Milch als Heumilch. In Deutschland sind es bisher 0,5 Prozent von rund 500 Bauern, viele davon im Allgäu.

Doch „Ökologie geht nicht ohne Ökonomie. Und es geht nur gemeinsam, auch gemeinsam mit der Politik,“ betonte Simone Hartmann, Vorsitzende des Deutschen Grünlandverbands. Politische Vertreter aus Berlin, München und Stuttgart referierten ausführlich zu den aktuellen Förderrichtlinien und der Zukunft der GAP nach 2027. Es soll Neuerungen und Vereinfachungen geben – doch noch werde in der EU und in Deutschland über einige Punkte diskutiert, auch über den Finanzrahmen, so Claudia Striffler vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.

Arten- und Klimaschutz

Bei der Erzeugung von Heumilch weisen die grünen Wiesen - in der landwirtschaftlichen Fachsprache „Dauergrünland“ - eine bunte Vielfalt fürs Auge sowie für die Insekten auf und dienen als CO2-Speicher. Grünland macht allein in Bayern ein Drittel der Fläche aus und „leistet einen fundamentalen Beitrag zu Artenschutz und Klimaschutz. Das muss auch in Zukunft honoriert werden, sodass die Betriebe vernünftig wirtschaften können und die Wertschöpfung in der Region bleibt“, fordert Stephan Bissinger vom Bayerischen Bauernverband.

Ernährung der Zukunft

Grünlandtag ARGE Heumilch sg

„Grünland ist keine Konkurrenz zum Acker“ lautete ein Statement von Prof. Dr. Wilhelm Windisch.

In seinem Vortrag mit dem Titel „(Heu)milch – ein Vorbild für ein klimaschonendes Ernährungssystem“ erklärte Prof. Dr. Wilhelm Windisch von der TU München sehr anschaulich und ideologiefrei, was sich bis 2050 ändern wird. Bis dahin ist ein Anstieg der Weltbevölkerung auf 10 Milliarden prognostiziert. „Wir nähern uns den planetaren Grenzen der verfügbaren Ackerflächen pro Person“, so Windisch. Zurzeit werden in der deutschen Landwirtschaft etwa so viele eigene wie importierte Produkte genutzt. „Wenn es im Anbauland knapp wird, trifft es uns auch“, betonte Windisch und beschreibt daher die regionale Kreislaufwirtschaft als einzig sinnvolles Zukunftsmodell. Vor allem die Rinderhaltung bietet dem Menschen dabei große Vorteile, denn Rinder machen das nicht-essbare Gras für uns als Milch oder Fleisch nutzbar. „In Zukunft heißt es: Teller vor Trog vor Tank (Energie)“, fasste Windisch knapp zusammen, wobei die Synergien von veganen und tierischen Produkten genutzt werden sollten - denn kein extremes Modell sei nachhaltig.