Sie stellten begeistert das Programm für die Spielzeit 2023/24 vor. Von links: Sven Kleine, Christine Hofer, Paula Erb, Claudia Hoyer. Foto: Svenja Gropper
Memmingen (sg). Druckfrisch und rechtzeitig zum Pressegespräch erschien der neue Spielzeitkatalog des Landestheaters Schwaben. Darauf ist zu lesen: „Ich bin, weil du bist“. Eine afrikanische Weisheit, die sich als roter Faden durch das bunte Potpourri aus Klassikern, Musiktheater, Romaninszenierungen, eigens für Memmingen geschriebenen Stücken, dem beliebten Familienstück und vielem mehr zieht. Auch Formate wie das Lila Sofa, Lesungen im Advent und die Matinée in der Katz wird es wieder geben.
Ubuntu lautet die afrikanische Weisheit, die das Landestheater Schwaben über die Spielzeit 2023/24 schreibt. Übersetzt heißt Ubuntu: Ich bin, weil du bist. Und weil du bist, bin ich. „Was sich wie ein Kinderreim anhört, ist eine große Weisheit, die Respekt und Achtsamkeit im Miteinander einfordert“, erklärt Intendantin Christine Hofer. Das spiegle die Arbeitsphilosophie des Landestheaters sowie die Beziehung zum Publikum. Rückblickend zeigte sich Hofer zutiefst dankbar, dass sie und ihr Team in Memmingen mit so großer Leidenschaft und Offenheit aufgenommen worden sei. Nach kurzem Anlauf seien die Veranstaltungen gut oder ganz verkauft gewesen. Das sei nach der Zäsur durch Corona und der Energiekrise im Herbst 2022 eine sehr erfreuliche Bilanz.
Eine dreifache Rakete zum Start
Am 16. September 2023 starte gleich eine dreifache Rakete, so bezeichnete es Sven Kleine, Dramaturg und Pressesprecher. Denn an diesem Tag steigt das Theaterfest, mündet um 15 Uhr in die erste Premiere des Jungen Landestheaters Einsleben und gipfelt schließlich um 20 Uhr in die erste Premiere im Großen Haus Bezahlt wird nicht. Dieses Stück am Abend, eine politische Farce aus den 1970ern, sei „das Stück der Stunde“, so Hofer: „Es ist deswegen so aktuell, weil wir im Moment auch eine Inflation und Preissteigerung erleben, mit der wir nicht gerechnet haben. Und das Stück spielt noch auf ein anderes, aktuelles Thema an: Die Akzeptanz von politischen Aktivisten.“
Ein weiteres Stück, das in unsere „Zeitenwende“ passt, ist Der große Gatsby (Premiere am 29. September 2023). Eine Geschichte aus dem Amerika der 1920er Jahre, die uns in den aktuellen Krisen sehr viel erzählen könne, so Kleine. Schließlich reiht sich die Oper Der Sandmann (Premiere am 16. Dezember 2023) in die topaktuellen Themen unserer Zeit ein: Darin geht es um künstliche Intelligenz und Transhumanismus. „Ein ganz irrer, musikalischer Cocktail und dazu ein postmoderner, faszinierender Text, der höchst psychologisch ist“, so Kleine.
Auch das Thema Älterwerden beschäftigt unsere Gesellschaft und damit das Theater als Spiegel immer mehr. Das habe man an der berührten Resonanz auf Ende in Lachen bemerkt, so Hofer. In der neuen Spielzeit wird Der Vater (Premiere am 11. Mai 2024) Einblicke in die Welt eines Menschen geben, der zunehmend vergesslich wird.
Klassiker neu aufgelegt
Im neu etablierten Transit-Format wird in der kommenden Spielzeit Woyzeck von Georg Büchner (Premiere am 1. Dezember 2023) gespielt. Ähnlich wie bei Transit-Werther geht es auch hier darum den Klassiker auf die Essenz zu reduzieren und gemeinsam Fragen an das Stück zu stellen, die ihm eine andere Wendung geben könnten. Inszeniert wird die Studio-Aufführung von Hofer selbst, deren These klar lautet: Woyzeck ist sehr lebensbejahend. Mit etwas anderen Wendungen im Leben wäre er ein tragendes Mitglied der Gesellschaft geworden.
Stücke für Memmingen
„Schau der Mau“ (Premiere am 22. März 2024) heißt das Stück, das eigens für Memmingen in Auftrag gegeben wurde und derzeit noch von dem bekannten Autor und Regisseur Sergej Goßner entwickelt wird. Er schrieb bereits Brigitte Bordeaux für das LTS.
Am 17. Mai 2024 wird das letzte Stück Eurotopia – Europa hier?, ein weiteres Hochschul-Kooperationsprojekt, Premiere und Abschied zugleich feiern. Ein Stück, das von jungen Menschen geschrieben und inszeniert wird und die Frage stellt: Welche Rolle spielt Europa für die Menschen im Allgäu? „Da es unsere letzte Produktion sein wird, können Sie davon ausgehen, dass sie Festivalcharakter erhält, mit dem wir uns verabschieden werden“, versprach Hofer.
Zuwachs im Jungen Theater
Das Junge Landestheater, bisher vertreten durch zwei Schauspielerinnen, die in der vergangenen Spielzeit allein am Schweizerberg 145 Vorstellungen „gewuppt“ haben, freut sich in der kommenden Spielzeit über Zuwachs eines männlichen Kollegen. Dadurch sind vier neue Produktionen und drei Wiederaufnahmen möglich, freut sich Claudia Hoyer, Leiterin des Jungen Landestheaters. Das Familienstück im Advent heißt Hexe Hillary geht in die Oper (Premiere am 12. November) und ist eine humorvolle, kindgerechte Annäherung an die Kunstform Oper.
Neu ist ein reines und sehr modernes Klassenzimmerstück: Die Eisbärin von Eva Rottmann, das ab dem 16. November 2023 in den Schulen gespielt wird. Mona, eine Youtuberin, steht im Zentrum. Fragen nach digitaler Identität, Inszenierung und Wirklichkeit werden den Jugendlichen vor Augen geführt.