Die Lokale Memmingen
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„Ich bin kein Parteisoldat“

SPD-Bezirksrätin Petra Beer im Gespräch mit der Lokalen

veröffentlicht am 05.03.2018
Petra Beer

Vielfältig engagiert: Bezirksrätin Petra Beer (SPD). Foto: privat

Memmingen (as). Als SPD-Bezirksrätin, Stadträtin und stellvertretende Vorsitzende des SPD-Ortvereins Memmingen engagiert sich  die 1961 in Erolzheim geborene Politikerin Petra Beer für soziale Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit. Lokale-Redakteurin Antje Sonnleitner sprach mit ihr.

Frau Beer, Sie haben als gelernte Krankenschwester zehn Jahre lang in der Psychiatrie, später in der Kardiologie und auf der Intensivstation in Friedrichshafen und Ravensburg gearbeitet. Wie  kam es zu Ihrem Engagement für Umwelt und Fairen Handel?

1992 zog ich mit meiner Familie nach Memmingen und da ich dort keine Teilzeit-Stelle fand, fing ich zwei Jahre später an, mich im Weltladen - also für den Fairen Handel - zu engagieren. Das mache ich bis heute mit viel Herzblut, mittlerweile als Geschäftsführerin. Ich kümmere mich dort um alles von der Personalführung bis zur Dekoration.

Also haben Sie eigentlich nur das Feld Ihrer sozialen Tätigkeit gewechselt?

Sozusagen, für mich war es immer wichtig, mit Menschen zu tun zu haben, bzw. für diejenigen da zu sein, die Unterstützung brauchen. Das zieht sich wie ein roter Faden durch mein Leben.

Wie entstand Ihr Engagement für die Lokale Agenda 21?

Die Lokalen Agenda 21 Memmingen ging im Jahr 2000 aus der Landesgartenschau hervor. Gemeinsam mit  Ingrid Willner-Sambs habe ich damals viele Veranstaltungen organisiert wie zum Beispiel den Biobauern- und Handwerkermarkt, der Teil des heutigen „Memmingen blüht“ ist.  Ich engagiere mich also bereits seit 18 Jahren als Sprechern für die Lokale Agenda.

Leben Sie auch im privaten Bereich nachhaltig und umweltbewusst?

Auf jeden Fall. Ich gebe Dinge, die ich nicht mehr brauche, weiter, anstatt sie wegzuschmeißen. Beim Einkaufen achte ich auf Bioqualität und fair gehandelte Produkte. Mein Mann und ich hatten jahrelang kein Auto und auch heute noch lege ich fast jede Strecke mit dem Fahrrad oder mit dem Zug zurück.

Seit September 2002 sind Sie für die SPD im Stadtrat vertreten. Derzeit sind Sie Vorsitzende des Unterbezirks Memmingen Unterallgäu und Stellvertreterin im Ortsvereins Memmingen, sowie  der Schwaben SPD und kandidieren heuer wieder für den Bezirkstag. Wie kann man sich Ihre Arbeit dort vorstellen?

Als Bezirksrätin vertrete ich ehrenamtlich die Bürger des Gebiets Schwaben. Der Bezirkstag in Augsburg, auch "Schwäbisches Sozialparlament“ genannt, ist das oberste Organ der Bezirksverwaltung und wird alle fünf Jahre gewählt. Aufgabenfelder des Bezirks, über die in den Ausschüssen beraten wird, sind vor allem Soziales, aber auch Gesundheit, Jugend, Kultur und Umwelt. Ich bin eins von vier SPD-Mitgliedern im Sozialausschuss des Bezirkstags und vertrete die Partei im Sozial- und Psychiatrieausschuss, bin aber auch in den anderen Bereichen unterwegs.

Können Sie  ein aktuelles Beispiel für die Arbeit im Sozialparlament nennen?

Ein aktueller Erfolg unserer Arbeit ist, das seit 1. Januar kontinuierlich mehr Geld für den Behindertenfahrdienst in Schwaben zur Verfügung gestellt wird. Das kommt vor allem behinderten Menschen zugute, die auf dem Land leben. Noch vor zehn Jahren hatte jede Kommune und jeder Landkreis sein eigenes Vergütungssystem. Jetzt war es an der Zeit diese Pauschale anzuheben und dies geschieht in zwei Schritten, auch ist dieses Mal vereinbart worden schon nach zwei Jahren das Thema wieder auf die Agenda zu nehmen.

Was schätzen Sie an der Arbeit im Bezirkstag?

Dass sie ausschließlich an der Sache orientiert ist und dass es nicht darum geht, sich als Parteipolitiker zu profilieren. Ich bin kein Parteisoldat. Wenn man für ein Projekt eintritt, gilt es Mehrheiten zu suchen, auch über Parteigrenzen hinweg.

Wichtig ist mir, dass meine Arbeit nicht theoretisch bleibt, sondern dass soziale Projekte auch umgesetzt werden. Es muss jemanden geben, der sich vor Ort kümmert. Ich gehe in soziale Einrichtungen, um eine Verbindung zu den Menschen dort zu bekommen und mir ein Bild von der Situation zu machen.

Ist das Bundesteilhabegesetz ein Schritt nach vorne?

Durch das Bundesteilhabegesetz ist vieles bürokratischer geworden und die Gesetzesvorlagen sind kompliziert, aber grundsätzlich ist es der richtige Schritt, um die Teilhabe von Menschen mit Handycap voranzubringen.  

Welches sozialpolitische Ziel verfolgen Sie aktuell?

Ein Stiefkind der Inklusion ist die Eingliederung in den Arbeitsmarkt. Jedes Bundesland kann die Umsetzung in eigener Regie übernehmen und der Freistaat Bayern hat in seinem Ausführungsgesetz zum Bundesteilhabegesetz für das Thema Arbeit kein Geld in den Haushalt eingestellt. Bisher sind Menschen mit Handicaps vorwiegend in Werkstätten für Menschen mit Behinderung beschäftigt. Es gibt wenig andere Ansätze..Ich setze mich dafür ein, dass auch auf dem ersten Arbeitsmarkt unterstützte Plätze für Menschen mit Handicaps angeboten werden.

Im Weltladen arbeitet einmal pro Woche eine Mitarbeiterin der Unterallgäuer Werkstätten. Das funktioniert sehr gut. Es geht alles etwas langsamer, aber gegen ein bisschen Entschleunigung haben unsere Kunden meistens nichts einzuwenden.

Frau Beer, Sie sind viel unterwegs - was tun Sie, wenn denn doch einmal Zeit bleibt?

Dann laufe ich gerne, bewege mich in der Natur, um seelischen Ballast loszuwerden und abzuschalten. Auch passiv kann ich mich für fast jeden Sport begeistern. Ich schaue sehr gerne Sportsendungen, egal ob Wintersport, Fußball oder Leichtathletik. Aber auch stillere Dinge wie Kochen, Stricken und Lesen machen mir Spaß. Außerdem gehe ich gern in klassische Konzerte wie zum Beispiel die des Jugendsinfonieorchesters des Bezirks.

Info zum Bezirkstag: Finanziert wird der Bezirkstag aus der Umlage der kreisfreien Städte und Landkreise und über den Finanzausgleich zwischen Staat, Gemeinden und Gemeindeverbänden. Das Budget im Verwaltungshaushalt wird zu 96 Prozent für soziale Zwecke eingesetzt bzw. für die Unterstützung von Einrichtungen von sozialen Einrichtungen.