Kuscheln mit den Kälbern in der Spielgruppe: Landwirt Stefan Häfele hat ein herzliches Verhältnis zu seinen „Mädels“. Fotos: Sonnleitner
Westernach (as). Schlechte Tierhaltung, Umweltzerstörung – nicht zuletzt angesichts der Tierquälerei in Bad Grönenbach ist die gesamte Landwirtschaft heftig und pauschal in die Kritik geraten. Dabei vergisst man gern, dass es auch andere Beispiele gibt: Kleine und mittlere Betriebe in unserer Region, die tierfreundlich und nachhaltig wirtschaften. Einen davon, den Bauernhof Häfele in Westernach, hat „Die Lokale“ besucht.
Stefan Häfele ist Öffentlichkeit gewöhnt. Er veranstaltet große Hoffeste, beteiligt sich an politischen Diskussionen, lädt Vertreter von Parteien, Naturschutzverbänden und Verbraucher zu sich ein. „Mehrmals täglich kommen Mamas mit ihren Kindern zum Kälberstreicheln vorbei“, erzählt er lächelnd und verweist darauf, dass dies die eigentlich perfekte Kontrolle sei. „Mir hand a enges Verhältnis zu unsra Kia, mir kennat se alle beim Namen.“
„Wissen, von wem’s kommt“
Transparenz und kurze Wege sind das Konzept des Hofs, der seit 20 Jahren auf Direktvermarktung setzt. „Jeder kann kommen und sich anschauen, was wir hier machen“, erklärt Häfele beim Rundgang über den Hof. 65 Milchkühe hält er hier, die sich in einem offenen Stall frei bewegen können. Das Futter für ihre „Mädels“ produzieren die Häfeles überwiegend selbst. Zwei Familien leben von den Erträgen des Hofes, der 88-jährige Vater hilft kräftig mit und der Sohn Simon macht gerade den Meister. Bruder Albert beliefert etwa 1.000 Haushalte im Umkreis mit Milch, Joghurt, Käse, Wurst, Honig und Eiern. Auch im Einzelhandel gibt es Joghurt und Milch zu kaufen.
1,25 Euro kostet die Milch an der Haustür, doch der Großteil der Milch fließt immer noch an die Molkerei - für 33 Cent pro Liter. „70 Pfennig waren es vor etwa 20 Jahren“, sagt Häfele, „der Milchpreis ist also eher gesunken. 93 Prozent der Milchviehbetriebe in Deutschland haben seit 1975 aufhören müssen“, informiert er uns. Als wir bei den Kälbern in der „Spielgruppe“ Halt machen, sind wir schon mitten drin in der politischen Diskussion.
Freihandel zerstört Landwirtschaft
„Ursache für die verfehlte Agrarpolitik ist die Globalisierung, wir Bauern werden auf dem Weltmarkt geopfert“, beklagt Häfele. „Wir produzieren zum Weltmarktpreis und ringen mit Niedrigpreis-Anbietern wie Neuseeland um Anteile in China und Afrika.“ Seine Kritik macht sich am Mercosur-Abkommen fest: Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, wird derzeit durch den Verbund Europas mit Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay die größte Freihandelszone der Welt geschaffen, was den Wettbewerbsdruck auf deutsche Landwirte weiter verstärkt. Denn im Austausch gegen deutsche Autos, Chemie- und Industrieprodukte liefert Südamerika vor allem Rindfleisch und Soja - und holzt dafür den Regenwald ab.
Tierwohl hat seinen Preis
„Ich will keinesfalls entschuldigen, was in Bad Grönenbach geschehen ist, doch Politiker und Verbraucher müssen sich eben auch klar machen, dass tierfreundliche Haltung mehr kostet. Ein Bauer, der an das Tierwohl denkt, kann nicht zum Weltmarktpreis produzieren.“ Ein Umdenken der Menschen sei dringend erforderlich. „Momentan blutet die Landwirtschaft aus.“
Dass Ideal und Wirklichkeit auseinanderklaffen, sei auch beim Volksbegehren gegen das Artensterben deutlich geworden: „30 Prozent der Menschen sind für biologische Landwirtschaft, doch nur 5,3 Prozent handeln danach. Die übrigen kaufen im Supermarkt ein aus Ländern, wo es keinen oder unzureichenden Tier- oder Umweltschutz gibt“, bemängelt Stefan Häfele.
Angesichts dessen bedauert der Landwirt, der selbst über 9.000 Quadratmeter Blühfläche angelegt hat, zwar die ablehnende Haltung vieler Bauern gegenüber dem Artenschutzgesetz. Die Abwehr sei jedoch nachvollziehbar: „Am Ende bleiben mehr Kontrollen, Verordnungen und Bürokratie für uns – und die Leute kaufen weiter bei Aldi ein“, so Häfele.
Regionale Landwirtschaft weltweit
„Bei der Landwirtschaft redet jeder mit, obwohl das Hintergrundwissen um die Zusammenhänge fehlt“, kritisiert der Landwirt. Mehr Kontrolle löse das Problem jedoch nicht. Der einzig mögliche Ausweg aus dem Dilemma liegt für ihn auf der Hand: „Kleinbäuerliche und regionale Landwirtschaft weltweit.“
Mehr Infos zum Bauernhof Häfele gibt es unter www.haefeles.de