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"Gewerkschaften sollen sich einmischen"

Neujahrsempfang des DGB im Rathaus

veröffentlicht am 19.01.2020
DGB Neujahrsempfang

Der Bezirksvorsitzende des DGB Bayern, Matthias Jena, und Oberbürgermeister Manfred Schilder. Foto: Elmar Würth

Memmingen (ew). Über die Qualität von Arbeitsplätzen sprach der Vorsitzende des DGB Allgäu, Ludwin Debong, unter anderem beim DGB-Neujahrsempfang in der Rathaushalle. Bei den Arbeitslosenzahlen gebe es derzeit "nichts zu meckern", aber Leiharbeit und prekäre Arbeitsverhältnisse trübten diese Stimmung, so Debong. Hier müsse die Politik viel mehr Druck ausüben, fügte er hinzu.

Der Gewerkschaftler sprach sich auch gegen die Privatisierung von Krankenhäusern aus und zeigte sich erfreut, dass der Klinikverbund mit Mindelheim/Unterallgäu nicht zustande kam.

Beim Thema sozialer Wohnungsbau empfahl Debong den Kommunen, noch aktiver zu werden.

"Nicht der Wille Gottes"

Gastredner des Neujahrsempfangs war der Bezirksvorsitzende des DGB Bayern, Matthias Jena. Er bezog in seiner Rede oft auch die Kirchen mit ein. Was derzeit auf der Welt geschieht könne „nicht der Wille Gottes sein“ begann Jena seine Rede und bezog sich dabei auf die Millionen von Flüchtlingen auf der ganzen Welt. Dabei nehme gar nicht Deutschland die meisten Flüchtlinge auf, sondern die Lager in der Dritten Welt seien jetzt schon hoffnungslos mit vielen Millionen von Flüchtlingen überfüllt. Jena forderte von Kirchen und Gewerkschaften ein „Eingreifen und Einmischen“ um die Flüchtlingsursachen zu bekämpfen.

Ein weiteres drängendes Problem ist für den Gewerkschafter die Wochenend- und Schichtarbeit. Fast die Hälfte aller Arbeitnehmer betreffe dies.

Jena monierte auch, dass fast jeder Antrag auf Sonntagsarbeit in Bayern genehmigt werde. Weiter habe Bayern zwar ein gutes Ladenschlussgesetz, aber viele würden sich nicht daran halten.

Armut im Alter ist Realität

Jena zitierte in einem weiteren biblischen Beispiel das vierte Gebot, „Du sollst Vater und Mutter ehren“. Dieser Grundsatz gelte heute für die gesamte ältere Generation. Viele seien für das Alter nicht richtig versorgt und lediglich ein Viertel aller Männer und nur zehn Prozent aller Frauen erhalten eine Rente von über 1.500 Euro. Die Gründe sieht Jena in niedrigen Löhnen und darin bedingter fehlender privater Vorsorge. Armut im Alter sei bereits Realität und Jena bezeichnete es als einen Skandal, wenn in einem so reichen Land die Rente nicht reicht.

Jena mahnte auch ein notwendiges Vergabegesetz an, welches es nur in Sachsen und Bayern nicht gebe. Der billigste Anbieter bei Ausschreibungen sei selten der, der auch gute Löhne bezahlt. Der Freistaat fördere damit Lohndumping.

Konstruktives Miteinander

Oberbürgermeister Manfred Schilder bescheinigte der Stadt eine gute Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften, das auf konstruktivem Miteinander und Vertrauen basiere. Gemeinsam habe man große Schritte nachdrücklich angeschoben. Als Beispiel nannte er die Beschränkung des verkaufsoffenen Sonntags am Jahrmarkt auf die Innenstadt.

Die wirtschaftliche Entwicklung Memmingens bezeichnete der Rathauschef als hervorragend, in diesem Zusammenhang dankte er Alt-OB Dr. Ivo Holzinger für die „gute Vorarbeit“. Schilder hob hervor, dass die Zeitschrift Fokus Money das Unterallgäu als die Region mit der besten Entwicklung in Deutschland bezeichnete. Dies sei für die Stadt Ansporn nicht nachzulassen und verlässlicher Partner der Unternehmen zu bleiben.

Soziales Miteinander in Schieflage

Beim Thema „soziales Miteinander“ gebe es allerdings eine gewisse Schieflage, führte Schilder weiter aus. Bei Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern spüre er eine gewisse Unzufriedenheit, die aber nicht konkret festzumachen sei. Schilder sieht die Hintergründe in der mangelnden Kommunikation von Entscheidungen des Stadtrates. "Die Menschen wollen mitgenommen werden", so der OB, was beispielsweise der Widerspruch gegen das Bahnhofsareals gezeigt habe. Der Rathauschef versprach mehr Formate für Bürgerbeteiligung und skandierte „wir haben verstanden“.

Schilder bemängelte aber auch die überschaubare Teilnehmerzahl bei den bisherigen Bürgerbeteiligungsaktionen. „Es sind immer nur dieselben Gesichter dabei, aber wo ist die schweigende Mehrheit?“, fragt Schilder und fügt hinzu. „Die Stadt ist nicht der Oberbürgermeister, sondern alle Bürgerinnen und Bürger."