Der Allgäuer Historiker Dr. Wolfgang Petz (links) im Gespräch mit dem Memminger Stadtarchivar Christoph Engelhard. Foto: Svenja Gropper
Memmingen (sg). Am Ort der historischen Bauernversammlung, der Zunftstube der Kramer am Weinmarkt, gab der Allgäuer Historiker Dr. Wolfgang Petz rund 40 interessierten Zuhörern einen kurzweiligen Einblick in die Umstände und das Leben der Bauern um die Zeit des Bauernkriegs im Allgäu. Eine Zeit, in der die Forderung nach Freiheit, Teilhabe und Gerechtigkeit immer lauter wurde.
Warum gerade das Allgäu Hauptschauplatz der Bauernkriege war, lasse sich schwer beantworten, so Petz. Denn das Allgäu des 16. Jahrhunderts sei nicht klar definiert, obschon von einem „Allgäuer Haufen“ im Bauernkrieg die Rede ist. Belegt sei, dass die Fürstabtei Kempten eine zentrale Rolle gespielt habe, erklärt der Historiker. Ein erstes Aufbegehren der Kemptener Bauern habe es bereits rund 40 Jahre vor den Zwölf Artikeln gegeben. Über mehrere Generationen habe es in den bäuerlichen Familien gegärt, betont Petz. Denn die Obrigkeit wollte im spätmittelalterlichen Allgäu einen territorialen Staat formen, was an der Freiheit der Bauern gekratzt hat, sowohl bei Leibeigenen, Zinsern (halbfreien Bauern) und freien Bauern. Nun durften beispielsweise keine bäuerlichen Schöffen mehr im Landgericht vertreten sein.
Frei sein
Nicht nur Abgaben und wirtschaftliche Aspekte führten zu immer mehr Auflehnung, auch eine respektlose, ungerechtfertigte und unethische Art und Weise der Behandlung durch den damaligen Fürstabt Sebastian von Breitenstein führte zu immer mehr Widerstand. Das belegen unter anderem rund 350 Beschwerdeprotokolle von Einzelfällen aus Obergünzburg.
Dabei wurde die Forderung „nicht eigen, sondern frei zu sein“ Anfang des 16. Jahrhunderts unter den Bauern, aber auch in der Bevölkerung immer lauter. Eine Zeit, in der sich unter anderem auch die Reformation anbahnt - vieles wird sich im Laufe dieses Jahrhunderts verändern.
Damals und heute
„Manches erinnert an Streitgeschichten der Gegenwart“, sagt Petz und fügt hinzu: „Auch in dieser Stube wurde gestritten.“ Unter Einsatz und Verlust ihres Lebens hatten bereits viele Bauern für ihre Rechte gekämpft, bevor die Zwölf Artikel schließlich festgeschrieben wurden. „Es war klar, dass man sich einigen musste. Alle Seiten – der Fürstabt, der Schwäbische Bund, die Bauern – hatten letztlich Interesse am Frieden“, blickt Petz auf die Geschehnisse, die von komplexen Einflussfaktoren vorangetrieben worden waren. Das Ergebnis: Die Leibeigenschaft blieb neben Zinsern und freien Bauern bis zum Ende des Fürststifts Kempten im Jahr 1802 bestehen. Im sogenannten Zweiten Memminger Vertrag wurden jedoch erstmals genaue Abgaben festgeschrieben sowie das Recht auf Freizügigkeit und eine Freikaufsumme festgelegt. „Eine Niederlage für die Bauern, aber keine absolute Niederlage“, fasst Petzt zusammen.
Im Geiste der Freiheit - Gespräche in der Zunftstube
Eingeladen zu dem Abend hatte der Historische Verein Memmingen e. V. im Rahmen der Gesprächsreihe „Im Geiste der Freiheit“. Das nächste Gespräch findet am 9. April mit Dekan Christoph Schieder zum Thema "Freiheit und Teilhabe gestern und heute" statt.