
Mit 5.000 Euro unterstützt die Sparkasse Memmingen-Lindau-Mindelheim das Europäische
Jugendtreffen 2019, das junge Menschen aus ganz Europa in Memmingen zusammenführen wird. Der Vorstandsvorsitzende Thomas Munding übergibt den Scheck an den Vorsitzenden der Europa-Union Memmingen, Burkhard Arnold. Unser Vorschaubild zeigt EU-Kommissar Günther Oettinger, Gastredner des Sparkassen-Forums 2017 (Bildmitte oben). Fotos: Sonnleitner
Memmingen (as). Ein Plädoyer für Europa und seine Werte war der Vortrag von EU-Kommissar Günther Oettinger im Rahmen des Sparkassen-Forums 2017. Vor etwa 200 Zuhörern in der Kundenhalle der Sparkassenhauptstelle am St.-Josefs-Kirchplatz rief der frühere Ministerpräsident von Baden-Württemberg in einer ebenso provokativen wie unterhaltsamen Rede dazu auf, für diese Werteordnung „mehr zu kämpfen als wir es bisher tun“ und uns den Gegnern und Feinden unserer Lebenshaltung noch entschiedener entgegenzustellen.
Mit seiner herausragenden Wirtschaftskraft und Werten wie
Gleichberechtigung, Meinung-, Presse-und Religionsfreiheit sei Europa immer
noch der „lebenswerteste und attraktivste Kontinent auf der Welt“, so Oettinger, für
den es sich lohne, „mehr zu kämpfen, als wir es bisher tun“, mahnte er mit Blick
auf die Anschläge in den Hauptstädten Europas und auf die „Autokraten in
Ankara, Moskau und im Weißen Haus“.
"Perspektiven in den Nachbarländern schaffen"
In diesem Zusammenhang rief er den Zuhörern die große Instabilität von Europas Nachbarländern in Afrika und im Mittleren Osten vor Augen, wo Diktatur, Armut, Vertreibung, Vergewaltigung, Flucht und Perspektivlosigkeit an der Tagesordnung seien. Um seine Wertordnung einer offenen, freien, toleranten und multikulturellen Gesellschaft zu stabilisieren, müsse Europa Perspektiven in der Nachbarschaft schaffen.
Der 64-jährige Jurist
und Volkswirtschaftler kritisierte, dass die deutsche Politik sich derzeit „in
kleinkarierten Sondierungen“ verliere und die Gefahr eines „brennenden
Nachbarhauses Afrika“ nicht erkenne. „Wir brauchen eine Perspektive 2025 damit
die Flüchtlinge im Land bleiben können“, mahnte Oettinger.
„Glaubwürdige Beitrittsperspektiven bieten“
„Europa ist und bleibt eine Friedensunion“, sagte er mit Blick auf den jüngsten Jugoslawienkrieg und Länder wie Montenegro, Serbien, Mazedonien und auch die Türkei. Es liege in der Verantwortung Europas, diesen Mitgliedskandidaten glaubwürdige Beitrittsperspektiven zu bieten. Oettinger erinnerte in diesem Zusammenhang an die Aufnahme Deutschlands in die europäische Friedensfamilie fünf Jahre nach dem 2. Weltkieg. „Das war ein Gottesgeschenk, das hatten wir nicht verdient.“
Als weitere Punkte, die Europa ausmachen, nannte er die Freizügigkeit und die Währungsunion sowie den zollfreien Binnenmarkt, von dem Bayern - früher in der Randlage heute im Zentrums Europas - am stärksten profitiere. „Europa hat Fehler“, räumte Oettinger ein, „aber das Rad zur Nationalstaatlichkeit zurück zu drehen wäre völlig falsch!“. Europa müsse auch in Zukunft als Team agieren, um in der Weltgemeinschaft mitreden zu können und nicht zum „Wurmfortsatz Asiens“ zu degenerieren. Große Projekte wie Klimaschutz und Migration seien nur gemeinsam zu bewältigen.
„Digitale Techniken sind nicht aufhaltbar“
Oettinger - bis 2016 zuständig für das Ressort digitale Wirtschaft und Gesellschaft - nannte „Automatisierung“, „Globalisierung“ und „Digitalisierung“ als Trends der Zukunft. „Die digitalen Techniken sind nicht aufhaltbar“. Als Beispiele nannte er die rückgängige Zahl von Zeitungslesern auf dem Mediensektor und das Online-Banking, das zu Filial-Schließungen geführt hat. „Die jungen Leute sind ihre eigenen Programmdirektoren“, mahnte er mehr Fortschrittsdenken an.
„Die digitale Revolution wird Wirtschaft und Gesellschaft elementar verändern“, prognostiziert Oettinger. „Jeder Dienstleister braucht eine eigene Strategie“, appellierte er an die Zuhörer gewandt, „Google, Apple und Facebook haben eine!“.
„Wir müssen uns anstrengen, um mit der Dynamik mithalten zu können“, so sein Fazit. Bei zu viel "Sattsein und Selbstzufriedenheit" drohe die Europa zum Freilichtmuseum zu verkommen.