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"En marche" - Frankreich-Expertin erklärt die Politik Macrons

2. Liberales Forum 2018 des FDP-Kreisverbandes auf Gut Westerhart

veröffentlicht am 06.07.2018
2. Liberales Forum 2018

Vor dem Weinkuhlt (v.li.): Der stellv. Kreisvorsitzender Sebastian Baumann mit Cécile Prinzbach vom FDP Kreisverband München-Ost. Foto: privat

Memmingen (dl). Gastrednerin beim 2. Liberalen Forum 2018 des FDP-Kreisverbandes Memmingen auf Gut Westerhart war die Frankreich-Expertin Cécile Prinzbach. Die gebürtige Deutsch-Französin ist Kreisvorsitzende der FDP München-Ost und Mitglied des Bundes- sowie Landesfachausschusses für Außen-, Europa- und Internationale Politik sowie Mitglied des Vorstandes der Deutschen Gruppe der Liberal International DGLI.

Zu Beginn der Veranstaltung im „Weinkuhlt“ begrüßte der stellvertretende Kreisvorsitzende und Hausherr Sebastian Baumann die Teilnehmer und stellte die diesmalige Gastrednerin, die Frankreich-Expertin Cécile Prinzbach, vor.

Cécile Prinzbach berichtete von einem "früher nicht ganz so einfachen Familienleben", da das Verhältnis zwischen den französischen und den deutschen Angehörigen zum Teil sehr angespannt war und vereinzelt noch immer ist. Auch deshalb wurde ihr schon früh bewusst, wie wichtig ein gemeinsames Europa ist.

Da sie die doppelte Staatsbürgerschaft besitzt und sehr bald auch die große Bedeutung der von Emmanuel Macron geplanten Reformen für Frankreich und Europa erkannte, trat die Frankreich-Expertin zusätzlich der vom französischen Präsidenten gegründeten Bewegung „En Marche“ bei.

Prinzenbach setzt sich seither kritisch mit diesen Reformen auseinander, hat aber bisher überwiegend positive Auswirkungen ausgemacht. Zudem sind sehr viele Ansätze Macrons mit Positionen der deutschen FDP vergleichbar.

Streiks und Reformstau

Bisher hatten sich in Frankreich die Regierungen zwischen den beiden großen Parteien, Sozialisten und Republikanern, immer wieder abgewechselt. Sie blockierten damit die Politik weitgehend, da die vorher durchgeführten Reformen von der nächsten Regierung oft wieder zurückgenommen wurden. Dazu kamen die immer wiederkehrenden Streiks der vielen Gewerkschaften. Ein Reformstau entstand und Parteien an den Rändern wurden auch dadurch gestärkt (so zum Beispiel des Front National (FM)).

Um diese Situation endlich zu beenden, gründete Macron seine Bewegung „En Marche“, in der er Politiker aus allen Parteien sowie Experten aller Art versammelte. Er forderte zudem das Volk auf, selber stärker aktiv zu werden. Sein proeuropäischer Wahlkampf wurde trotz Skepsis in der Bevölkerung zum großen Erfolg,  speziell gegen die Rechtspopulisten vom FN.

14 große Reformen durchgesetzt

In den 14 Monaten seit seiner Wahl setzte Macron nicht weniger als 14 große Reformen durch. Das Erstaunliche dabei: Die befürchteten Streiks hielten sich sehr in Grenzen.
Der Grund dafür war unter anderem, dass er sich zunächst an die große Arbeitsmarktreform machte. Gewerkschaften wurden auf ähnliche Weise wie in Deutschland eingebettet. Bisher waren diese trotz insgesamt nur 7 Prozent Beteiligung von Arbeitnehmern sehr reich, da sie am Umsatz fast aller Unternehmen, auch kleinerer Firmen, beteiligt waren. Dadurch konnten auch kleinere Arbeitnehmerverbände immer wieder zu Streiks aufrufen.
Außerdem berät sich Macron vor Beginn wichtiger Gesetzgebungsverfahren auch immer mit den davon betroffenen Gruppierungen.

Eine weitere bedeutende Gesetzesinitiative ist die Fiskalreform. Die bei der gesamten Bevölkerung unbeliebte Wohnraumsteuer wurde abgeschafft, Sozialabgaben teilweise gestrichen und der Verlust durch die Streichung der Vermögenssteuer bei den Kommunen ausgeglichen. U.a. wurden Start-up-Unternehmen steuerlich begünstigt.

"Keine Schuldenumverteilung geplant"

Cécile Prinzbach erklärte, dass eine wie von einigen deutschen Politikern befürchtete europäische Transferunion, eine Schuldenumverteilung, nicht geplant sei, da Frankreich als zweitgrößter Nettozahler daran kein Interesse haben könne.

Macron führte ein Digitalministerium ein, um eine Digitalisierung in sämtlichen Bereichen von Wirtschaft und Staat möglichst schnell zu erreichen.
Er reformierte den Bereich Umwelt durch Einführung neuester Techniken, hält aber zunächst noch mit den moderneren Kraftwerken am Atomstrom fest.

Weiterhin erneuerte er das Rentengesetz. Unter anderem wurde das Renteneintrittsalter heraufgesetzt.
Ein Asyl-Migrationsgesetz wurde eingeführt. Es basiert, ähnlich den FDP-Vorstellungen, auf den drei Säulen politisch Verfolgte, Kriegsflüchtlinge und geplante Einwanderung, ist allerdings strenger angelegt.

Eine Verwaltungsreform soll die Zahl von Beamten und Angestellten um 120.000 reduzieren. Ämterhäufung ist künftig verboten. Eine Person darf maximal 3 Mal das gleiche Mandat ausüben und Familienangehörigen ist von nun an eine gleichzeitige Anstellung im Staatsdienst verboten.
Seine Justizreform basiert jetzt mehr auf Prävention.

Macrons Europa-Vision

Außenpolitisch stellte Präsident Macron vor kurzem erst seine Vision von einer anderen, erneuerten EU vor. Er möchte u.a. das EU-Parlament stärken, fordert einen EU-Finanzminister mit eigenem Budget und eine gemeinsame Verteidigung und Grenzkontrolle.

Dieses alles sei nur ein Auszug der von Emmanuel Macron bereits eingeleiteten und noch geplanten Maßnahmen zur Erneuerung Frankreichs und der Europäischen Union, so Cécile Prinzbach.

In der abschließenden Diskussion befassten sich die Teilnehmer damit, wie und welche wichtigen Reformen auch hier zu Lande schneller angegangen und wie die Ideen zur Umgestaltung der EU umgesetzt werden könnten. Man bezweifelte allerdings, dass sich das eine oder andere Vorhaben die EU betreffend in allzu naher Zukunft mit den 27 unterschiedlichen Mitgliedsstaaten verwirklichen lasse.