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Ein „Ort der Demokratie“

Ilse Aigner eröffnet Ausstellung in Memmingen

veröffentlicht am 09.10.2022
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Eröffnung der Ausstellung im Kreuzherrnsaal, vor den Tafeln zu Memmingen (von links): Klaus Holetschek, Margareta Böckh, Alexander Hold, Manfred Schilder, Ilse Aigner.

Memmingen (sg). Die Bayerische Landtagspräsidentin Ilse Aigner hat im Memminger Kreuzherrnsaal die Ausstellung „Orte der Demokratie in Bayern“ eröffnet. Memmingen ist einer von 13 Orten der Demokratie in Bayern und zweite Station der Ausstellung. Sie soll Demokratie sichtbar und erlebbar machen und „das demokratische Selbstbewusstsein schärfen“.

Es war ein feierlicher Festakt, bei dem Ilse Aigner zusammen mit Staatsminister Klaus Holetschek, Oberbürgermeister Manfred Schilder und weitere Vertreter der Landespolitik und der Stadt Memmingen getroffen haben, um die Wanderausstellung zu eröffnen. Aigner betonte, dass Demokratie eine tägliche Aufgabe sei, für jeden von uns. Wir brauchen wieder mehr demokratisches Selbstbewusstsein. Dieses solle mit der Ausstellung geschärft werden, die den Bürgern die Demokratie sichtbar und erlebbar mache. Mit dem Element der Graphic Novels (einer Art Comic) auf den Infotafeln werden die historischen Ereignisse lebendig und anschaulich dargestellt.

„Das adelt uns“

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Enthüllung der Stele bei der Kramerzunft (von rechts): Margareta Böckh, Manfred Schilder, Klaus Holetschek, Ilse Aigner, Alexander Hold, Thomas Gehring, Dr. Ivo Holzinger.

In der Zunftstube der Kramerzunft Memmingen wurde 1525 Geschichte geschrieben, als die oberschwäbischen Bauern in den „Zwölf Artikeln“ Forderungen nach grundlegenden Freiheitsrechten zusammenfassten.

„Seien Sie stolz auf Ihre Stadt. Seien Sie stolz, dass Sie eine Freiheitsstadt sind. Das ist etwas ganz Besonderes“, so Aigner in ihrer Rede.

Die von Ilse Aigner und Oberbürgermeister Manfred Schilder enthüllte Gedenkstelle vor der Kramerzunft weist auf das Gebäude und das historische Ereignis hin. „Das adelt uns“, so Schilder bei der Enthüllung der Stele. Man setze damit ein sichtbares Zeichen, betonte Aigner, denn Demokratie und Freiheit seien in der Welt nicht selbstverständlich.
Aigner trug sich mit den Worten „Freiheit ist ein wichtiges Gut und alles andere als selbstverständlich“ in das Goldene Buch der Stadt Memmingen ein.

Gedenken an Barbara Stamm

Ilse Aigner gedachte in Ihrer Rede auch Barbara Stamm, ihrer Amtsvorgängerin, die vor kurzem verstorben ist. Stamm habe ihr Leben in den Dienst der Demokratie gestellt und daher wäre es in ihrem Sinne gewesen die Demokratie zu feiern.

Demokratie in der Krise?

Bei der abendlichen Podiumsdiskussion im gut gefüllten Kleinen Saal der Stadthalle ging es um das Thema „Freiheit und Demokratie in Krisenzeiten“. 200 Vertreter aus Politik, Justiz, von den Hochschulen, aus Wissenschaft, Wirtschaft, Kunst, Kultur und Gesellschaft waren anwesend.

Am Nachmittag noch gefeiert, war die Diskussion durchaus kontrovers und kritisch – und blieb eine Lösung schuldig.

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Bei der Podiumsdiskussion: Prof. Dr. Kamer, Alexander Hold, Doris Bimmer, Rupert Grübl, Dr. Karin Schnebel.

„Es ist dringendst notwendig, dass wir über die Lage der Demokratie reden. Es ist nicht gut bestellt um den Patienten“, leitete Moderatorin Doris Bimmer vom Bayerischen Rundfunk die Podiumsdiskussion ein. Teil nahmen Alexander Hold, Vizepräsident des Bayerischen Landtags, Prof. Dr. Ferdinand Kramer, Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats zum Projekt „Orte der Demokratie in Bayern“, Dr. Karin Schnebel, wissenschaftliche Leiterin des Gesellschaftswissenschaftlichen Instituts München für Zukunftsfragen e.V. sowie Rupert Grübl, Direktor der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit.

Freiheit und Demokratie sind eng verwoben. "Was bedeutet Freiheit heute?", fragte Bimmer zu Beginn in die Runde. Alexander Hold blickte auf seine Zeit als Richter zurück. Er habe oft erlebt, dass Menschen immer weniger ihre Verantwortung für die Demokratie wahrnehmen und dass Freiheit zunehmend als „egozentrisches Privileg“ missverstanden werde. Bezeichnend seien in diesem Zusammenhang auch die unterschiedlichen Maßstäbe und Erwartungen an die Justiz, wenn es um eigene Delikte oder die Delikte von anderen ginge. Es werde zunehmend schwierig den Bürgern zu verdeutlichen, dass es ihre Demokratie ist, ihre Stadt, ihr Gemeinwesen und dass sie dafür eine Mit-Verantwortung tragen. „Meine Freiheit endet da, wo deine Freiheit anfängt“, fasste Hold den Zusammenhang zwischen Verantwortung und Freiheit zusammen.

Grübl plädierte für mehr Wissensvermittlung, denn nur durch ausreichend Wissen können Bürger partizipieren. Demokratie sei komplex und mache es notwendig mit politischer Bildung möglichst viele Meschen zu erreichen. Besonders junge Menschen müsse man wieder besser erreichen. „Demokratie lebt von der Identifikation mit dem System“, so Grübl.

Hold stimmte zu und plädierte nachdrücklich für ein Stärken der Identifikation von unten, auf lokalen Ebenen. Die junge Gesellschaft müsse erkennen, dass Demokratie gut sei für ihre eigene Zukunft. Als Beispiel nannte er die „Future for Kempten“- Bewegung, aus der zwei junge Menschen nun im Stadtrat Kempten sitzen und dort demokratisch partizipieren.
Schnebel fügte hinzu, dass man den Menschen klar machen dürfe, dass Demokratie auch bedeute ihnen für die Mehrheit etwas zumuten zu dürfen und nannte als Beispiel die Diskussion um die Coronaimpfungen.

„Demokratie ist weder Stagnation noch Revolution. Demokratie ist der Mechanismus, der Fortschritt generiert. Aber dafür müssen Entscheidungen getroffen und umgesetzt werden“, fasste Kramer es zum Abschluss der Diskussion zusammen. Schnebel merkte im Laufe der Diskussion bereits an, dass es in der Politikwissenschaft verschiedene Abstufungen und Definitionen von Demokratie gebe. Die ungeklärte Begriffsdefinition mag dazu beigetragen haben, dass diese Podiumsdiskussion kontrovers und ergebnislos, aber dennoch kurzweilig geführt wurde und den Zuhörern Stoff zum Nachdenken mitgegeben hat.

Weitere Informationen zur Ausstellung
Die Wanderausstellung „Orte der Demokratie in Bayern“ ist bis Sonntag, 13. Novemver 2022, im Memminger Kreuzherrnsaal zu sehen.
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 11 bis 17 Uhr.
Eintrifft frei.
www.orte-der-demokratie.bayern

Fotos: Svenja Gropper.