Der Rahmenplan steht und lässt kaum Wünsche offen. Prof. Dipl.-Ing. Stefan Rettich vom Planerteams der Karo-Architekten aus Leipzig moderierte die Veranstaltung im Steinheimer Schützenheim. Fotos: Sonnleitner
Memmingen-Steinheim (as). Die Planungen für die Zukunft des Stadtteils Steinheim nehmen zunehmend Gestalt an. Im Schützenheim wurde vor über 200 Bürgern kürzlich der Abschluss der zweiten Stufe der „Vorbereitenden Untersuchung“ vorgestellt. Bis Ende des Jahres soll aus dem Rahmenplan in einer dritten Stufe ein Maßnahmenkonzept entwickelt werden.
Begrüßte die Bürger in der Schützenhalle: der erste Vorstand des Steinheimer Bürgerausschusses Klaus Kern.
Ein verkehrsberuhigtes Zentrum, eine vitale Mitte und viele prägende Grünräume: Der an eine große Stellwand gepinnte Rahmenplan zeigt das Ergebnis der Überlegungen, welche die Steinheimer Bürger in den letzten Jahren gemeinsam mit dem Planerteams der Karo-Architekten aus Leipzig angestellt haben: einen attraktiven Ort mit ländlichem Charakter.
Neugestaltung Heimertinger Straße
Grundvoraussetzung für eine lebendige Ortsmitte mit Läden und Gastronomie ist eine Neugestaltung und Beruhigung der Heimertinger Straße - zunächst einmal unabhängig von der Entlastung durch eine Umgehungsstraße. Um dies zu erreichen, soll die Fahrbahn auf 4,50 Meter verschmälert werden, der Straßenraum durch Beleuchtung und Bepflanzung optisch verengt sowie Tempo 30 Zonen eingerichtet werden. Außerdem ist eine Mittelinsel am Ortseingang angedacht, damit die Autos bei Ortseinfahrt ihre Geschwindigkeit verlangsamen.
„Zur Fahrbahnbreite kommen noch die ebenengleichen Schutzstreifen für Radfahrer, die im Bedarfsfall überfahren werden können, so dass sich Bus- und landwirtschaftlicher Verkehr auf jeden Fall auch gut bewegen können. Diese beiden Verkehre sind wichtig, sie werden gebraucht und sollen sich nicht ausgegrenzt fühlen. Aufgrund der Geschwindigkeitsbegrenzung ist das Fahren dann trotzdem für alle Verkehrsarten sicher“, führt Dipl.-Ing. Architektin Antje Heuer auf Nachfrage der Lokalen dazu aus.
„Lebhaftes und vielfältiges Zentrum“
Eine einheitliche Pflasterung in der Ortsmitte um Raiffeisenzentrum und Kirche herum soll dafür sorgen, dass die Straße besser ins Ortsbild integriert und zum Teil des Platzes in der Ortsmitte wird. Durch grüne Ausgestaltung soll die historische und neue Ortsmitte zu einem „lebhaften und vielfältigen Zentrum“ werden, erläuterte Landschaftsarchitektin Dr. Dipl.-Ing. Gabriele Seelemann den Zuhörern in der Schützenhalle.
Auch an die Ansiedlung von Einzelhandel in dem wachsenden Stadtteil ist gedacht, denn ein Ort mit mehr als 3.000 Einwohnern sei für den konventionellen Lebensmittelmarkt interessant, ergänzte Prof. Dipl.-Ing. Stefan Rettich, der die Veranstaltung moderierte.
Grüne Mitte und "Grüne Lunge"
Unmittelbar hinter dem Raiffeisenzentrum soll nach Wünschen der Bürger eine Parkanlage mit Spielplätzen angelegt werden – die „Grüne Mitte“, die bis zum Steinheimer Stadtweg reicht, erklärte Seelemann. Die Flächen westlich davon bilden die „Grüne Lunge“. Hier handelt es sich um einen Acker, der südlich des Unteren Buxheimer Wegs verläuft und weiterhin landwirtschaftlich genutzt wird. Eine Obstbaumwiese trennt ihn von einer möglichen künftigen Siedlung.
Die Ortsmitte und die grüne Mittelmitte sind über grüne Achsen und Wege und gut gestaltete Dorfstraßen mit den alten und neuen Wohnsiedlung verbunden. Zu den prägenden grünen Verbindungen zählen die Straßen Am Wiesenrain, Fischerstraße und Postweg, aber auch der Steinheimer Stadtweg , die parallel verlaufende Achse in Richtung Streuobstwiese und "Grüne Lunge", und die verlängerte Schulstraße. Ein "grüner Rahmen" begrenzt den Ort nach außen hin zu Agrarlandschaft und Ach-Niederung. "Grüne Finger", allen voran die "Grüne Lunge", verzahnen Umfeld und Ort.
„Alte Höfe und neues Wohnen“
„Alte Höfe und neues Wohnen“ - im Mai 2019 hatte sich das Planungsteam gemeinsam mit den Bürgern darüber Gedanken gemacht, wie man alte Höfe für neues Wohnen umnutzen kann und verschiedene Konzepte wie einen Plusenergiehof oder einen Seniorenwohnhof vorgestellt. Mögliche Modelle sind außerdem ein Mehrgenerationenhaus oder „Wohnen und Arbeiten unter einem Dach“, führte Dipl.-Ing. Architektin Antje Heuer dazu aus.
Generell sind neue Wohnhäuser vor allem nördlich des Sportplatzes, neben der Heimertinger Straße und nordöstlich der Firma Relius, angedacht. Ein Grünstreifen soll den Betrieb von der neuen Siedlung mit dem historischen Namen „Gäns-Halde“ trennen.
Dorfcharakter erhalten
Bei all dem soll das Wachstum von Steinheim jedoch begrenzt bleiben und der Ort um höchstens 600 Bewohner, also auf nicht mehr als 3.500 Einwohner anwachsen. Die Steinheimer hatten sich gewünscht, dass der Dorfcharakter des Stadtteils erhalten bleibt. Damit der Ort nicht an den Rändern ausfranzt, soll außerdem soll die grüne Zäsur entlang des Buxheimerwegs freigehalten werden.
Allerdings können nicht all diese Projekte sofort umgesetzt werden, denn viele der Wiesen und Äcker, auf denen neues Wohnen und Grünanlagen entstehen sollen, sind in Privatbesitz, erklärte Rettich. Ebenso verhält es sich mit den alten Höfen, die zwar großes Potenzial für neue Wohnformen oder als zentrale Einrichtungen oder offene Höfe haben (Heuer stellte zwei Varianten als Pferdekoppel bzw. Apfelgarten vor), aber ebenfalls in privater Hand sind. Heuer stellte zwei Varianten eines Hofumbaus vor, die jeweils aus einem möglichen Alleinstellungsmerkmal eine Idee entwickelten – die Versionen „Pferdekoppel“ und „Apfelgarten“.
Sport- und Wasserpark
Am Ortsrand soll durch die Neugestaltung der Uferbereiche der Ach an der jetzigen Kneippanlage der Wasserpark Steinheim entstehen. Eine weitere Infrastrukturmaßnahme, die den Ort lebenswert macht, ist der Ausbau der Flächen des Sportvereins Steinheim auf dem Areal der Gründeponie zu einem Sportpark Steinheim.
Der Rahmenplan zeigt den bisherigen Stand der Ideen und Entwürfe zur Entwicklung Steinheims (bitte zur Vergrößerung anklicken). Quelle: Karo-Architekten Leipzig
Westumfahrung Steinheims umstritten
Lebhaften Protest lösten die vorgestellten Varianten der Westumfahrung des Stadtteils aus, die, unabhängig vom Rahmenplan, im zweiten Teil des Informationsabends vorgestellt wurden. Das Ingenieurbüro brenner Bernard hatte dem Stadtrat dazu im Juli bereits mehrere Varianten vorgestellt und darin beziffert, wie groß die Verkehrsentlastung für Steinheim jeweils wäre.
„Niemand von Heimertingen fährt außen rum“, bezweifelt ein Steinheimer den Sinn der präsentierten West-Umfahrung. „Grundstücksbesitzer geben keine Flächen her“, argumentiert ein anderer Bürger. Denn schließlich werde das Gebiet, auf dem die beiden planungstechnisch bislang bevorzugten Trassen verlaufen, derzeit noch landwirtschaftlich genutzt. „Besser wäre es, den öffentlichen Nahverkehr zu stärken und damit den Verkehr zu reduzieren“, lautet ein anderer Vorschlag.
"Keiner will eine Umfahrung erzwingen"
Mittlerweile veranlasst die Lautstärke im Saal Oberbürgermeister Manfred Schilder dazu, einzuschreiten, um die Gemüter zu beruhigen: „Keiner will eine Umfahrung erzwingen, wenn Sie nicht wollen“, so das Stadtoberhaupt. Doch die Umfahrung sei Voraussetzung für die geplante Entwicklung. „Unser gemeinsames Ziel ist es, die Ortsmitte zu entlasten und den Durchgangsverkehr einzudämmen“, erinnert Schilder. Natürlich werde das ÖPNV-Konzept, das gerade entstünde, zur einer Verkehrsentlastung beitragen. Der OB weist auch darauf hin, dass Memmingen im Rahmen des Vermarktungskonzepts zu einer Radlerstadt ausgebaut werden soll.
„Der Verkehr, der dort nichts zu suchen hat, soll aus Steinheim rauskommen“, bekräftigt Schilder: „Wir nehmen das Thema Entlastung von Steinheim ernst.“ Er teile die Bedenken zu einer Westumfahrung teilweise, räumt der Rathauschef aber ein, vielleicht müsse man andere Lösungen andenken wie eine großräumige Umfahrung oder auch eine Untertunnelung.