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"Die Wirtschaft ist für die Menschen da" - Maiempfang der IHK-Regionalversammlung

veröffentlicht am 15.05.2016
Maiempfang der IHK-Regionalversammlung Memmingen und Unterallgäu

Zu Beginn des festlichen Empfangs befragte Moderator Heinz Wendel Gerhard Pfeifer,  IHK-Regionalvorsitzender, Heinrich Grieshaber, Präsident der mitveranstaltenden IHK Bodensee-Oberschwaben, und Thomas Munding, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse MM-Lindau-Mindelheim, zu aktuellen politischen und wirtschaftlichen  Themen.  Fotos: Sonnleitner

Memmingen (as). Der alljährliche Maiempfang der IHK-Regionalversammlung Memmingen und Unterallgäu fand heuer in den Räumen der Sparkasse Memmingen-Lindau-Mindelheim am St.-Josephs-Kirchplatz statt. Hunderte Gäste aus Politik, Verwaltung, Verbänden, Bildungswesen, Justiz, Kirchen und Gewerkschaften fanden sich zum Vortrag über „Christliches Werteverständnis in einer multireligiösen Wirtschaftswelt“ von Dr. Heinrich Bedford-Strohm ein.

Der in Memmingen geborene Referent ist Landesbischof und damit höchster Repräsentant der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern und seit 2014 Ratsvorsitzender der evangelischen Kirche in Deutschland.

"Wirtschaftsethik hat an Bedeutung gewonnen"

"Seit der Finanzkrise hat die Wirtschaftsethik an Bedeutung gewonnen", so der Theologe, Sozialethiker und Autor Bedford-Strohm, den Moderator Heinz Wendel als "schillernde Figur und nicht graue Eminenz" vorstellte. „Die moderne Gesellschaft braucht Menschen die bereit sind, unternehmerische Verantwortung zu übernehmen“, doch auch wer sich auf dem Markt bewege, müsse ethische Grundsätze beachten. “Die Wirtschaft ist für den Menschen da, nicht umgekehrt. Daraufhin sind die Mechanismen des Marktes zu überprüfen“, fordert Bedford-Strohm. Die Menschenwürde sei im Wirtschaftsprozess gefährdet, wenn Gewinnmaximierung vor der Achtung der daran beteiligten Menschen stehe.

Die Kirche sei gefragt, sich einmischen und ethische Grundorientierung zu vermitteln. Die zentrale Frage sei: „Was muss für alle Menschen verbindlich sein?“, erklärte der Landesbischof mit Verweis auf die von dem US-Philosophen John Rawls formulierten Gerechtigkeitsgrundsätze. Demnach sind gesellschaftliche Ungleichheiten nur dann gerechtfertigt, wenn sie auch den schwächsten Mitgliedern der Gesellschaft nutzen. Angesichts des Klimawandels werde die westliche Politik für Entwicklungsländer zunehmend zur "Frage von Leben und Tod".

Fair Trade: Die Macht der Konsumenten

Doch „es kann passieren das man Nachteile hat, wenn man seinem Gewissen folgt“. Es sei Aufgabe der Politik dafür zu sorgen, dass "Global Player", die ihrer sozialen und ethischen Verantwortung gerecht werden, nicht benachteiligt werden, so der Sozialethiker, der sich seit  2012 für einen humaneren Umgang und mehr Respekt vor Flüchtlingen engagiert. Gegen andere Menschen zu leben, mache nicht glücklich, so der Theologe, "es kann uns nicht egal sein, wie ist den Opfern des wirtschaftlichen Handelns, wie wir es jetzt erleben geht." Bedford-Strohm erinnerte auch an die Macht der Konsumenten: Jeder Bürger könne Wirtschaftsethiker sein, indem er Produkte kauft, die unter fairen Bedingungen erzeugt wurden.

Dem Vortrag voraus gingen Gedanken zum Thema „Interkulturelle Herausforderungen für mittelständische Unternehmen“ von Gerhard Pfeifer, stellvertretender Präsident der IHK Schwaben und Vorsitzender der IHK-Regionalversammlung Memmingen und Unterallgäu. Der international tätige Unternehmer sprach von einer "multireligiösen und interkulturellen Herausforderung", nicht zuletzt angesichts der aktuellen Migrationsströme, die zu einer gesellschaftlichen Spaltung geführt hätten. Immer wieder ginge es um die Frage, inwieweit man sich den Werten, Traditionen, Tabus und Ritualen im Ausland anpassen müsse. „Wo ist die Grenze?“, fragt Pfeiffer. „Und inwiefern steht uns angesichts der dramatischen Vielfalt von sozialen Normen und Wertesystemen ein Urteil zu?“.

"Ängste der Menschen ernst nehmen"

Als internationaler Unternehmer in Kontakt mit der höchst vielfältigen Wertewelt auf internationalen Märkten, betrachtet Pfeiffer Fremdenfeindlichkeit als „aberwitzig und menschenverachtend“, kritisiert aber auch den Umgang mit Andersdenkenden hierzulande in der Flüchtlingsfrage. Anstatt Menschen, die Angst vor Überfremdung haben, als Brandstifter und Rechtsradikale zu verteufeln, plädiert der Unternehmer dafür, die Ängste der Menschen ernst zu nehmen, nach dem „Warum“ zu fragen und konstruktive Lösungen zu suchen. Angesichts der Herausforderungen einer „komplexen vielgesichtigen und hochindividualisierten Gesellschaft“, die zudem „durch ein Konsumsangebot in Trab gehalten“ werde, sei es wichtig, unser Verhalten zu reflektieren, lautet Pfeiffers Appell.

Zum Abschluss unterhielt das Duo Somnambul aus Berlin die Gäste mit einer verblüffenden Demonstration von Telepathie, Gedankenlesen und Gedächtniskunst (siehe Titelfoto).