Denise (Carlina Haas) ist nicht ohne Grund bei ihrem ehemaligen Lehrer Bruno (Tim Woody Haake) aufgetaucht. Foto: LTS © Forster
Memmingen (sg). Das Publikum wird bei „Freie Wahl“ in eine nahe Zukunft mitgenommen, in der eine neue Regierung mit großen ideologischen Zielen den Notstand ausgerufen hat – und sich die Menschen zugleich gegen die Einschränkung ihrer Rechte wehren. Ein sehr aktuelles, bravourös gespieltes Stück für Jugendliche und Erwachsene, dessen Premiere am Jungen Landestheater mit langanhaltendem Applaus belohnt wurde.
Die neue Regierung - eine Koalition aus der Partei für Umwelt-Leben-Zukunft (PULZ) mit den Konservativen - glaubt, die Welt nur durch gesetzliche Einschränkungen und Unterdrückung vor der Klimakrise bewahren zu können. Das spaltet die Gesellschaft. Fast die Hälfte protestiert in täglichen Demonstrationen gegen die Einschränkungen. Verhaftungen sind an der Tagesordnung.
Nach einer illegalen Demonstration ist Denise, eine junge Schulabbrecherin, auf der Flucht vor der Polizei und sucht Schutz bei ihrem ehemaligen Lehrer Bruno. Er und seine Frau, die für das Innenministerium arbeitet, stehen voller Überzeugung auf der Regierungsseite.
Zwischen Bruno und Denise entspinnt sich ein Streitgespräch über die Frage, wie viel freie Wahl der Einzelne haben sollte. „Es gilt die Welt zu retten vor der Menschheit. Es geht nicht um ein paar Einzelschicksale, sondern ums große Ganze“, sagt Bruno. „Ihnen geht es doch nur um Ihre spießige kleine Welt“, hält Denise dagegen. „Ein Schlag. Ein Blitz. Und nichts ist wie es war“, weiß sie.
Spannung und Reibung
Ein Spannungsverhältnis zwischen zwei gegensätzlichen Positionen explodiert mit einer Bandbreite von Emotionen auf der Bühne - wobei Denise und Bruno jeweils als pars pro toto für zwei große Gruppen stehen. Die Reduktion auf zwei Protagonisten im engen Raum der Wohnung zieht die Zuschauer kurzweilig und intensiv in das Geschehen hinein. In Videosequenzen ergänzen Rückblenden und innere Monologe die Geschichte, in der immer mehr Puzzleteile den wahren Grund für Denise‘ Besuch bei Bruno enthüllen. Das Bühnenbild - Brunos Wohnung - erinnert dabei auch an ein Gefängnis. In Gesprächspausen flackert das Licht, geht kurz aus und dann wieder an – Lichteffekte, die das Schwarz-Weiß-Denken, den Konflikt von Richtig und Falsch oder auch im Dunkeln verborgene Geheimnisse spüren lassen, die im Laufe der Geschichte zum Teil an die Oberfläche kommen.
Innere Konflikte
Die Ereignisse erscheinen letztlich vielmehr als eine Verkettung zum Teil unglücklicher Umstände, als ungewollte und ungeplante Verstrickungen als eine bewusste, freie Wahl. Ein Konflikt zwischen Mitleid, Schutz der eigenen Familie und ideologischen Wertevorstellungen werfen die Frage nach dem richtigen Umgang mit heiklen Informationen, dem Klimawandel und Demokratie auf. Doch weder Denise noch Bruno können ihre Überzeugungen wirklich über Bord werfen, auch wenn Bruno am Ende sagt: „Wir haben die Wahl, verstehst du?“.
Öffentliche Vorstellungen
30. November 2024 um 19 Uhr
15. März 2025 um 19 Uhr
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