
Joël Dufey als Picker, Roberta Monção als Kleeblatt, Michael Naroditski als Mollie, Julia Schmalbrock als Napoleon, Joscha Schönhaus als Boxer, Cindy Walther als Schneeball im zur Höllenmaschine mutierenden Käfig. Fotos: Karl Forster
Von Antje Sonnleitner
Memmingen (as). In ihrer Bühnenfassung des 1945 erschienen Romans „Animal Farm“ (Farm der Tiere) hat die Regisseurin Mona Sabaschus die toxischen Strategien diktatorischer Macht veranschaulich. Die im Tierreich angesiedelte Fabel des englische Schriftstellers George Orwell karikiert die Geschichte der Sowjetunion von der feudalen Knechtschaft im Zarismus über die Februarrevolution bis zur Errichtung der stalinistischen Terrorherrschaft.
Dies war es nicht, wofür sie gekämpft hatten. „Hatte nicht alles so paradiesisch begonnen?“, erinnert sich das Pferd Kleeblatt (Sarah Kohrs) an die Utopie des Animalismus, für deren Verwirklichung es gemeinsam mit den anderen Tieren nach der gewaltsamen Vertreibung des ausbeuterischen Farmers gekämpft hatte. „Vierbeiner gut, Zweibeiner schlecht“, lautete die griffige neue Maxime – und kein Vierbeiner sollte wie ein Mensch leben oder gar Handel treiben.
„Alle Tiere sind gleich ...“
Doch Kleeblatt hat die Hufe still gehalten - auch als schon längst erkennbar war, dass die schöne Zukunftsvision eines freien, würdevollen Lebens auf einer gemeinschaftlich bewirteten Farm, auf die das alte Schwein Old Major (André Stuchlik) seine tierischen Kollegen kurz vor seinem Tod eingeschworen hatte, zu einer neuen Schreckensherrschaft pervertiert war. Die skrupellose Alpha-Sau Napoleon hatte, unterstützt vom Propaganda-Schwein Squealer (Michael Naroditski), die Macht an sich gerissen.
Und mal ehrlich, war es nicht viel einfacher und bequemer, dem neuen, selbst ernannten Diktator zu gehorchen, als in langwierigen Versammlungen über die Rechte und Pflichten der sich neu bildenden Polis der Tiere unter Vorsitz des demokratiebewussten Schweins Schneeball (Cindy Walther) zu debattieren? Der Grundsatz „Alle Tiere sind gleich, wir sind frei“ verkehrt sich zur Parole „Napoleon hat immer Recht“. Zunehmend klarer wird: „Alle Tiere sind gleich, aber manche sind gleicher“, wie der alte Esel Benjamin (André Stuchlik) am Ende konstatiert.
Die Macht der Verblendung
Noch als die Diktatur Napoleons beim Bau einer Mühle, die allen mehr Freizeit bringen soll, in gnadenlose kapitalistische Ausbeutung und blanken Terror umschlägt und Kritiker wie das Huhn Picker (Joël Duffey) vom champagnerschlürfenden Elite-Schwein (mund)tot gemacht werden, treibt sich das fanatisierte Arbeitspferd Boxer mit den Parolen „Do it Faster, Work Harder, Make it Better“ immer weiter in den Erschöpfungstod. Seine letzten Worte zeugen von der Macht und Wirksamkeit massiver Manipulation und ideologischer Verblendung: „Wir sind frei! Love Animal Farm!“
Schülergerechte Inszenierung
Die düster-dystopische Inszenierung von Mona Sabaschus zeigt anschaulich und durchaus schülergerecht die Stufen und Mechanismen totalitärer Machtergreifung wie soziale Spaltung, Ausgrenzung und Hetze, Manipulation, das Schüren von Angst und das systematische Aufbauen von Feindbildern. Instrumente, die erstaunlich primitiv und doch bis heute wirksam sind. Die immergleichen Parolen erfolgreicher Gehirnwäsche werden den Protagonisten mit dem Holzhammer eingebläut, was auf den Zuschauer zuweilen ermüdend wirkt. Bühnennebel, Techno-Musik und Stoboskop-Licht legen nahe, dass das Stück nicht zuletzt für ein jugendliches Publikum konzipiert wurde.
Vom Käfig zum Tierkörperschredder
Ebenso raffiniert wie minimalistisch ist das Bühnenbild von Ausstatterin Monika Gora. Die meisten Szenen drehen sich um eine riesige, multifunktionale, stählerne Konstruktion die zunächst als Käfig, dann als Symbol für die harte monotone Arbeit an den Mühlen fungiert und schließlich als Tierkörperschredder von der zur Show-Queen mutierten Sau Napoleon beworben wird.
Hervorragendes Ensemble
Pickend, scharrend, schnaubend, grunzend und blökend zeigt das Ensemble, teilweise in Doppelrollen, eine bemerkenswerte schauspielerische Leistung – nicht zuletzt Intendantin Sarah Kohrs, die mutig und beherzt, mit dem Textheft in der Hand, kurzfristig für die erkrankte Roberta Monção als „Kleeblatt“ einsprang.
Weitere Aufführungen im Großen Haus am Samstag, 12. April, um 19.30 Uhr und Sonntag, 13. April, um 19 Uhr sowie am Donnerstag 17. April, um 19.30 Uhr. Eine Einführung gibt es jeweils eine halbe Stunde vor Vorstellungsbeginn. Kartenreservierung telefonisch unter 08331 9459-16 oder per Mail unter vorverkauf@landestheater-schwaben.de. Alle Infos auch unter landestheater-schwaben.de.