Eine Hauptkolonie der Saatkrähen in Memmingen ist am Waldfriedhof und soll weiterhin in Ruhe gelassen werden. Seit letztem Jahr stellt die Stadt den Bürgern dort zum Schutz vor Krähenkot Schirme zur Verfügung. Foto: Svenja Gropper
Memmingen (sg). Sie sorgen seit fast 30 Jahren für Lärm, Dreck und damit für zahlreiche Beschwerden von Bürgern – doch die unter Schutz stehenden Saatkrähen lassen sich einfach nicht vertreiben. Die Zahl der Kolonien hat im Laufe der Jahre sogar noch zugenommen, trotz unterschiedlicher und vergeblicher Vergrämungsversuche.
Allerdings möchte die Stadt ihre wenigen Möglichkeiten weiterhin nutzen und die Unannehmlichkeiten für die Bürger auf ein Minimum beschränken.
Die Hauptkolonien der Memminger Saatkrähen befinden sich am Waldfriedhof und am Hühnerberg. Und auch im Memminger Osten, bei der Lindenschule und der Münchener Straße haben sie sich längst ausgebreitet. Die Anzahl der Kolonien zeigt einen stetigen Anstieg: 2023 wurden rund 1.500 Brutpaare gezählt, 2008 waren es etwa 1.000. Zusammen mit der ausgelaufenen Genehmigung zur Vergrämung und Nestentfernung sowie anhaltender Beschwerden betroffener Bürger war dies nun erneut Thema im Bau-, Planungs- und Umweltausschuss. Grundlage für den Schutz der Saatkrähen bilden das Bundesnaturschutzgesetz und die Europäische Vogelschutzlinie, die allein die Vergrämung erlauben - jedoch kein Jagen, Töten oder Verletzen der Tiere.
Letztendlich hat in Memmingen bisher keine Maßnahme einen dauerhaften Erfolg gebracht, oder das Problem sogar verschärft. Denn Saatkrähen seien sehr intelligent, lern- und anpassungsfähig, wie Julia Greulich von der Oberen Naturschutzbehörde der Regierung von Schwaben erklärte. „Wir können so gute Pläne machen wie wir wollen, aber letztlich entscheiden die Tiere, was sie tun“, sagt sie. Die Erfahrung zeige auch landesweit, dass Vergrämungsmaßnahmen in Hauptkolonien zu Bildung von Splitterkolonien führen.
In Memmingen verfolgt man daher bereits das Konzept, die Hauptkolonien zu akzeptieren und in Ruhe zu lassen, um die Bildung von Splitterkolonien zu vermeiden. Greulich warnt nachdrücklich vor illegalen Einzelaktionen, die das Problem nur weiter verschärfen würden. Wichtig sei ein einheitliches Konzept, das über mindestens fünf Jahre (die Lebensdauer einer Krähe) hinweg konsequent umgesetzt werde, am besten auch in Absprache mit Nachbargemeinden.
Der Stadtrat wird Greulichs Empfehlungen voraussichtlich folgen und eine weitere Ausnahmegenehmigung beantragen, mit der ab 1. Oktober den Splitterkolonien entgegengewirkt werden soll, bevor dann im April die nächste Brutzeit beginnt.