Memmingen (as). Seit 22. Oktober 2013 ist die 36-jährige Efrat Pan Vorsitzende der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Memmingen. Die Lokale hat sich mit ihr über ihre Erfahrungen und Ziele unterhalten.
Frau Pan, wo genau sind sie aufgewachsen und seit wann wohnen sie in Deutschland?
Efrat Pan: Ich komme aus einer kleinen Stadt nahe Tel Aviv, war nie vorher in Deutschland und hätte es mir auch nicht vorstellen können, hier zu wohnen – bis ich vor fünf Jahren meinen Mann kennenlernte. Er ist Architekt und wohnt in Ottobeuren.
Wie war das für Sie, haben sie sich schnell eingelebt?
Efrat Pan: Ich kam in eine ganz andere Welt. Nachdem ich viele Jahre lang sehr aktiv und erfolgreich in meinem Beruf war, fühlte mich nun wie auf einer einsamen Insel. Ich sprach kein Wort Deutsch, die Mentalität war mir fremd. Doch die Menschen, die ich kennenlernte, erwiesen sich als interessiert, warmherzig und aufgeschlossen.
Was haben Sie gelernt, und wo waren Sie tätig?
Efrat Pan: Ich habe Psychologie und „Social Science“ studiert und war zwölf Jahre lang als Managerin eines High Tech IT Unternehmens in Tel Aviv tätig.
Wo sehen Sie sich heute? Haben Sie Ihren Platz in Deutschland gefunden?
Efrat Pan: Ich habe erkannt, dass es nicht nur privat für mich wichtig ist, hier zu sein. Vielleicht hat das Schicksal mich hierher geführt (lächelt), damit ich die Möglichkeit habe, Menschen zusammenzubringen und eine Brücke zu bauen zwischen meiner neuen Heimat Deutschland und Israel.
Wie kam es zu diesem Engagement?
Efrat Pan: Nach dem Israeltag am 17. Mai 2013 kam der frühere Vorsitzende der DIG- Memmingen, Rolf Kleidermann, auf mich zu und fragte mich, ob ich die Arbeit der Deutsch-Israelischen Gesellschaft unterstützen wolle. Wir haben ein halbes Jahr lang zusammengearbeitet und viel diskutiert und nach anfänglichen Hemmungen war dann für mich klar: ‚Ja, ich mach's!‘.
Und seit Ihrer Ernennung zur Vorsitzenden am 22. Oktober letzten Jahres arbeiten Sie mit dem 2. Vorsitzenden, Michael Trieb, zusammen?
Efrat Pan: Ja, bei Michael Trieb möchte ich mich ganz besonders bedanken, denn die DIG bin nicht nur ich - wir sind ein sehr gutes Team. Ich bin stolz und dankbar mit ihm zusammenarbeiten zu können, wir haben viel Respekt voreinander und finden den Glaubens- und Ideenaustausch beide ebenso wichtig wie interessant.
Was ist das zentrale Anliegen Ihrer Arbeit?
Efrat Pan: Ein "Dialog des Herzens". Israelis und Deutsche von heute sollten ohne Schuld miteinander reden. Religion darf nicht als Schranke benutzt werden, um sich voneinander abzugrenzen. Es ist meine Aufgabe, die Menschen beider Völker zusammenzubringen. Und das liegt mir, (lächelt) ich bin ein „Networker“.
Sie zeigten sich sehr beeindruckt von der Vorführung des Schülerprojektes am Landestheater Schwaben zum Holocaust-Gedenktag am 27. Januar im Stadttheater.
Efrat Pan: Ja, absolut! Das war für mich eine sehr intensive Erfahrung. Das Landestheater ist ein wichtiger und engagierter Partner für die DIG Memmingen.
Frau Pan, Sie haben Deutsch an der vhs Memmingen gelernt und bereits nach einem Jahr ihren ersten Kurs in Hebräisch gegeben -und in Business Englisch. Wohl eher kommen ihre guten Englischkenntnisse?
Efrat Pan: Ich bin zweisprachig erzogen worden, meine Mutter ist zwar Israelin, hat mit mir aber englisch geredet. Die Vielsprachigkeit ist ein Mitbringsel der Generation unserer Großeltern. Sie kamen ja aus aller Herren Länder. Viele vermissten die alte, andere Heimat. Sie mussten ihre Identität als Israelis erst finden. Die Generation meiner Eltern dann besann er sich auf die jüdischen Traditionen. Sie wollte mit Deutschland oder Europa nichts mehr zu tun haben. Mir als Angehörige der dritten Generation tut es weh, dass meine Vorfahren zweimal ihre Identität verloren haben: als Juden in Deutschland und als Deutsche in Israel.
Sie haben, neben ihrer Tätigkeit an der vhs, in Ottobeuren eine Sprachenschule gegründet in der sie Englisch und Hebräisch unterrichten. Sind Sie mit der Resonanz zufrieden?
Efrat Pan: Ja, ich bin überrascht, wie viele Menschen zu mir kommen, die hebräisch lernen wollen - aus ganz unterschiedlichen Motiven. Einige wollen nach Israel reisen, haben dort Freunde oder Familie, andere kommen aus religiösen Gründen. Ich habe nicht erwartet, dass es hier so viel Menschen gibt, denen Israel am Herzen liegt. Angefangen habe ich mit fünf Schülern und jetzt, nach vier Jahren, gebe ich beinahe täglich Unterricht.
Ich würde gern etwas über Ihre Projekte erfahren. Was plant die DIG Memmingen?
Efrat Pan: In diesem Jahr wird es einen Schülerwettbewerb geben. Der Sieger oder die Siegerin darf ein einjähriges Praktikum in Israel machen - das kann in einem Kibuz sein, an einer Uni oder bei einer Firma. 2015 dann, zum "runden" Geburtstag, planen wir eine große Veranstaltung, um möglichst viele Menschen aus Bildung und Wirtschaft zusammen zu bringen und Kooperationen anzustoßen.
Wird es auch wieder eine Israel-Reise geben?
Efrat Pan: Ja, voraussichtlich im Juni 2015. Auf dem Besichtigungsprogramm stehen das Israelische Parlament, die Altstadt Jerusalems, Yad Vashem, die Western Wall, Tel Aviv und Kiryat Shmona. Eingeladen sind alle DIG-Mitglieder der AG Memmingen, der Oberbürgermeister und auch Stadträte können mitreisen. Die Teilnehmerzahl ist auf 20 begrenzt.
Frau Pan, ich danke Ihnen sehr herzlich für das Interview und wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihren Vorhaben!
Efrat Pan: Ich bedanke mich für Ihr Interesse.