Prof Dr. Dr. Udo Di Fabio, Richter des Bundesverfassungsgerichts a. D., hielt einen kurzweiligen Vortrag mit Diskussion zum Thema "Die rechtlichen Schranken der Klimapolitik". Foto: Svenja Gropper
München (sg). „Welche rechtlichen Grenzen hat die Klimapolitik?“. Darüber hat Prof Dr. Dr. Udo Di Fabio, Richter am Bundesverfassungsgericht a. D., ein kurzweiliges Referat vor rund 200 Gästen im Bayerischen Hof in München gehalten.
Problematisch sieht Di Fabio die unzähligen Verbote - gute Klimapolitik zu betreiben, sollte ein Gebot sein, das ganzheitlich auch andere geopolitisch relevante Faktoren und Entwicklungen berücksichtigt.
Ausgehend vom Schutz des Lebens der körperlichen Unversehrtheit (Art. 2 des Grundgesetzes) gelte auch der Schutz vor Gefahren des Klimawandels in Hinblick auf künftige Generationen. Dies legte Di Fabio seinen Ausführungen zu Grunde, die die Komplexität zwischen globaler, europäischer und deutscher Umsetzung der Klimaziele verdeutlichten. Die Komplexität und somit die Schranken der Klimapolitik entsünden vor allem durch das Aufeinandertreffen von wirtschaftlichen, politischen, ideologischen und juristischen Interessen.
Gewaltig teuer
Die umfangreiche Klima-Gesetzgebung auf EU-Ebene werde gerade von Deutschland noch befeuert, so Di Fabio. Inzwischen gebe es ein „Dreigestirn an Maßnahmen“, das dazu zwinge die Bedingungen des Pariser Klimaabkommens am Ende zu erfüllen.
Den Emissionshandel nannte er dabei „eine ökonomisch elastische Lösung“ für den Übergang. Dadurch entstehe eine Verknappung, wodurch die Kosten in solche Höhen steigen, dass kein privater Hausbesitzer mehr Spaß dran haben wird und auch ohne Heizungsgesetz umdenken müsste. Als zweites kam Di Fabio auf die Regularien zu sprechen, die den Verbrauchern vorgeben, was sie kaufen sollen wie z. B. bestimmten Autos. Schließlich wird der „Green Deal“ der EU auch insofern umgesetzt, als dass Unternehmenszwecke an Ziele der Klimapolitik gebunden werden. „Was da inzwischen in Großunternehmen geschieht, ist gewaltig. Auch gewaltig teuer“, betonte Di Fabio.
Verhältnismäßigkeit
Juristisch müsse der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit diskutiert werden, so Di Fabio. Dieser sei hier jedoch schwer anzulegen, wenn wir davon ausgehen, dass die Übersteigung des 2-Grad-Zieles zu unumkehrbaren Folgen führt und keiner mehr genau vorhersagen kann, welche Katastrophen und Krisen eintreten. „Es geht um die Rettung der Welt, das kann man kaum toppen“, bekräftigte er. Dass Menschen nicht mehr fliegen oder keine Kreuzfahrten mehr machen und ähnliches, darauf könne man sich nicht verlassen. Daher heilige der Zweck scheinbar Mittel und Maßnahmen. Dem entgegen stehe wiederum die im Verfassungsrecht verankerte freie Entfaltung der Persönlichkeit und die Frage, ob der Staat gesellschaftliche Zustände diktieren darf.
Ganzheitliche Politik
Die derzeitigen militärischen Krisen und die Bedrohungslage für westliche Demokratien seien jedoch momentan viel entscheidender als das Weltklima. „Wenn wir uns da nicht behaupten, wird auch das Weltklima keine Chance haben“, so Di Fabio nachdrücklich und machte es bildlich: „Was, wenn russische Panzer an der Oder stehen. Wir sind in einer veränderten Weltlage, das ist nicht nur ein regionaler Krieg in der Ukraine.“
Mit Gesetzen und Behörden werden Systemen für eine allzu lange Zukunft festgelegt, die mögliche Änderungen nicht mitdenkt - „da kann irgendwann alles auf später verschoben werden“, so Di Fabio und fordert: „Wir müssen die ganzheitliche Politik zurückerobern, die auf den Ausgleich verschiedener Ziele bedacht ist.“