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Der Arbeitswelt fehlt Manpower

Lösungsansätze am IHK-Fachkräftetag

veröffentlicht am 17.04.2023
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Bei der Podiumsdiskussion zum Thema "New Work: Vielfalt leben". Von links: Staatsministerin Ulrike Scharf, Reinhold Braun, Ramona Meinzer, Elsa Koller-Knedlik. Foto: Svenja Gropper

Augsburg (sg). Derzeit fehlen 4 Prozent Arbeits- und Fachkräfte in Schwaben, bis 2035 werden es laut IHK-Konjunkturbericht über 20 Prozent sein, in allen Branchen. Einerseits wirkt der demographische Wandel, aber auch veränderte Erwartungen der jüngeren Generationen an die Arbeitswelt werden deutlich. Wie kann der Wirtschaftssandort Schwaben dennoch stark bleiben? Wie kann ausreichend Arbeitsleistung generiert werden? Darüber diskutierten beim IHK-Fachkräftetag in Augsburg rund 200 Unternehmer und Unternehmerinnen aus der Region.

Es gebe keine einfache Lösung, um dem Arbeits- und Fachkräftemangel zu begegnen, so Ulrike Scharf, Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales. Neue Wege zu gehen sei unumgänglich, denn die jungen Generationen fordern ein Umdenken auf dem Arbeitsmarkt. Eine neue Arbeitskultur, verbesserte Arbeitsbedingungen, faire Löhne und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf seien essentielle Punkte. Scharf sieht Chancen in flachen Hierarchien, Feedback-Kultur, mobilem Arbeiten und einer 4-Tage-Woche. Eine Stärkung der Wirtschaft entstehe zudem durch Digitalisierung und Automatisierung von Prozessen und durch Bindung von Arbeitskräften, so Reinhold Braun, stellvertretender Präsident der IHK Schwaben. Und auch mehr Arbeitszeit generiere bekanntlich mehr Arbeitsleistung - ein „elephant in the room“, den kaum jemand anspreche. Scharf griff dieses Thema auf und sprach sich für ein attraktiveres Zeitmanagement aus. Man müsse „das Arbeitszeitgesetz ins 20. Jahrhundert holen“, so Scharf. Eine Höchstarbeitszeit pro Woche sei in manchen Branchen sinnvoller als eine Höchstarbeitszeit pro Tag. Es gebe in der Industrie oder Gastronomie beispielsweise Aufträge, die mehr Arbeitszeit am Tag erfordern – dafür wäre die Arbeitswoche insgesamt kürzer. Denn es ginge nicht um mehr, sondern um flexibleres Arbeiten.

Neue Werte

Angesichts der Coronakrise nehme sie bei den jungen Menschen vermehrt wahr, dass es um Sinnhaftigkeit, Freude und Nachhaltigkeit bei der Arbeit gehe, so Scharf. Geldverdienen stehe nicht mehr im Mittelpunkt. Letztlich wissen die jungen Generationen, dass sie gebraucht werden und kehren damit das Blatt um – nicht mehr der Arbeitgeber sucht seine Mannschaft aus, sondern junge Menschen „testen“ den Chef in der Probezeit. Im Workshop über Generationenmanagement unterstrich Theo Grassl, Dozent und Berater für Unternehmen, diese Bedürfnisse: Die jungen Generationen wünschen sich Kooperation und Austausch mit der Führung. Bei ihnen sind Work-Life-Balance und Selbstverwirklichung wichtige Werte. Grassl appelliert an die Führungskräfte dies ernst zu nehmen, denn sonst wandern junge Arbeitnehmer nicht selten ins Ausland ab.

Familie und Beruf

„Beschäftigte schätzen es sehr, wenn Arbeitgeber die Bedürfnisse der Familien im Blick haben“, so Staatsministerin Scharf. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf werde immer wichtiger, nicht nur das Thema Kinderbetreuung, sondern auch die Pflege von Angehörigen werden in Zukunft eine größere Rolle spielen. Arbeitnehmer erwarten immer mehr, dass die Arbeit zu ihrer individuellen Lebensphase passe, betonte auch Elsa Koller-Knedlik von der Bundesagentur für Arbeit Augsburg.

Fachkräfte aus dem Ausland

In einer Podiumsdiskussion teilten Ramona Meinzer von der Aumüller Aumatic GmbH und Reinhold Braun von der Sortimo International GmbH ihre guten Erfahrungen mit ausländischen Fachkräften. So arbeiten bei Sortimo in Zusmarshausen Menschen aus 40 Nationen. „Man muss sich nur die Zeit nehmen und ausländische Mitarbeiter mit Familien kennenlernen“, erklärte Meinzer. Individuelle Beziehungen zu Mitarbeitern seien dem Unternehmen in Thierhaupten generell sehr wichtig.
Bezahlbarer Wohnraum bleibt auch bei der Gewinnung von Fachkräften aus dem Ausland ein Knackpunkt: Wer keine passende Wohnung in der Nähe des Unternehmens findet, sucht woanders. Gut qualifizierte Fachkräfte gehen dann in EU-Nachbarländer, wie die Erfahrung zeigt und finden dort Beschäftigung. Denn der Fachkräftemangel ist längst ein globales Problem, so Franziska Gehrmann von der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit in ihrem Workshop „Fachkräfteeinwanderung – wie gelingt das erfolgreiche Ankommen?“. Essentiell sei eine gute Sprachbildung bereits vor der Einreise nach Deutschland, eine gute transkulturelle Vorbereitung, Unterstützung bei Wohnraum, Familiennachzug und Hilfe bei alltäglichen Dingen sowie Freizeitangebote, um das Ankommen und vor allem das Dableiben in Deutschland zu erleichtern.