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Das Lebenswerk in gute Hände geben

Unternehmensnachfolge ist mehr als ein Kaufvertrag

veröffentlicht am 03.09.2024
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Es braucht meist viel Zeit und Geduld, bis die Schlüssel vertrauensvoll in die Hände der nächsten Generation gelegt werden. Foto: Svenja Gropper

(sg). Familienunternehmen sind ein wichtiger Motor und einer der Erfolgsgaranten der deutschen Wirtschaft - für die Gegenwart und für die Zukunft. Doch damit es weitergeht, braucht es einen Nachfolger. Dieser kann in den Reihen der Familie oder extern gefunden werden. In jedem Fall bedarf der Generationenwechsel Zeit, Geduld, gute Gespräche und Berater, Weitblick und viel Fingerspitzengefühl.

Viel Zeit ist allerdings nicht, denn mittlerweile gibt es mehr Unternehmen als Nachfolger. Das Blatt hat sich in den letzten zehn Jahren deutlich gewendet, viele Babyboomer gehen in den kommenden Jahren in Rente. Auf drei Unternehmen kommt ein Nachfolger, so eine Statistik der IHK Schwaben. Dabei nimmt die Tendenz zur externen Nachfolge zu, gut die Hälfte der Unternehmen setzen einen Fremdgeschäftsführer ein oder verkaufen „ihr Baby“. Damit verbunden sind neben dem Kaufpreis auch emotionale Themen.

„Ein Unternehmen, das nicht zukunftsfähig ist, ist nicht verkaufsfähig“, betont Norbert Lang, systemischer Coach für Übergabeprozesse - denn „ein Käufer kauft die Zukunft“. Er rät außerdem dazu, das Interesse der Mitarbeiter an der Nachfolge zu klären, bevor extern gesucht wird.

Ein kleines Sterben

Beim Übergabeprozess gebe es viele Optionen, aber auch Fallstricke, sagt Maxi Weiss, Beraterin für familiengeführte Unternehmen. Es gehe bei der Übergabe des Lebenswerks um alles, untermalt sie die Perspektive des Seniors - um einen fairen Kaufpreis und die Absicherung seiner Familie, um Sympathie für den Nachfolger, gute Kommunikation und Vertrauen. „Wie ein kleines Sterben“ fühle es sich an, wenn „das Kind“ in fremde Hände gegeben wird. Jede einmal getroffene Entscheidung werde im Prozess der Übergabe auf links gedreht und in Frage gestellt. Derjenige, der geht, muss sich mit einem neuen Lebensabschnitt befassen, mit einer Identität ohne sein Unternehmen, das meist eng mit Familie und Ehrenämtern verwoben ist. Daher rät die Beraterin, schon frühzeitig etwas anderes „für danach“ aufzubauen.

Der Nachfolger sollte neben fachlicher Kompetenz auch Berufserfahrung in Familienbetrieben mitbringen, beleuchtet Weiss die andere Seite. Auch sei es wichtig, dass die neue Familie zur Firma und in die Region passe. Und dass die Firmengeschichte gewürdigt und lebendig gehalten werde.

Das Scheitern mit einplanen, rät Lang, und andere Interessenten nicht aus den Augen verlieren. Bis der richtige gefunden werde, sei nicht nur Zeit, sondern auch viel Geduld notwendig. „Wenn der Prozess scheitert, liegt es an Kommunikation, Emotionen und Vertrauensbrüchen“, betont Weiss – und nicht am Preis.

Rechtzeitig aufhören

Leeb_Geschwister

Die Geschwister Georg und Dr. Julia Eberhardt führen LEEB Flexibles gemeinsam. Foto: Christian D. Keller (illuminAnts e. K.)

„Mit 60 möchte ich die Zukunft unseres Unternehmens geregelt wissen“, sagte Werner Eberhardt und hat nach mehr als 30 Jahren die Unternehmensspitze der LEEB GmbH & Co. KG in die Hände der vierten Generation gelegt. Seine Kinder, Dr. Julia Eberhardt und Georg Eberhardt, führen den Familienbetrieb mittlerweile zusammen als Mehrheitsgesellschafter, nachdem der Memminger Verpackungsexperte LEEB Flexibles mit einem Fremdgeschäftsführer einen kurzen Zwischenschritt gemacht hatte. Julia und Georg Eberhardt waren beruflich vorher eigenständig, hatten eine eigene Karriere, sammelten Auslandserfahrung. „Rückblickend haben wir bei der Firmenübergabe intuitiv viel richtig gemacht, systematisch und strukturiert“, sagt die Wirtschaftspsychologin Dr. Julia Eberhardt. Dass ihr Vater nicht mehr Geschäftsführer war, als die beiden eingestiegen sind, sieht sie als Vorteil. So habe es keine Diskussionen auf geschäftlicher Ebene gegeben. Transparenz, Klarheit, ein gemeinsames Ziel und gleiche Werte seien wichtige Bausteine im Nachfolgeprozess. Auch die Vorbereitung auf den „worst case“ empfiehlt Dr. Eberhardt, die zum Thema Unternehmensnachfolge promoviert hat.