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"Das hat mit Stadtöffnung nichts zu tun"

Spaziergang durch das Bahnhofsareal mit "Bf/4" und Architekt

veröffentlicht am 22.02.2019
Spaziergang Bahnhofsareal

Etwa 50 Bürgerinnen und Bürger nahmen am Stadtspaziergang durch das Bahnhofsareal teil. Fotos: Würth

Memmingen (ew). Bereits zum dritten Mal lud der Soziokulturelle Verein Memmingen e.V. kürzlich zu einem Stadtspaziergang rund um das Bahnhofsareal ein. Grund hierfür ist die Kritik am Vorgehen der Stadt bezüglich der Neugestaltung dieses Stadtviertels (wir berichteten). Franziska Mamitzsch vom Soziokulturellen Verein Memmingen e.V. und Franz Schröck vom Architekturforum Allgäu führten die etwa 50 Teilnehmer durch das Areal und beantworteten bereitwillig alle Fragen.

Der Memminger Stadtrat hat beschlossen, dass der niederländische Investor Ten Brinke das komplette Areal kaufen darf, um es dann komplett neu zu bebauen. Es gibt aber auch Vorbehalte gegen diese Vorgehensweise und deshalb formierte sich innerhalb des Soziokulturellen Vereins eine Gruppe mit dem Namen "Bf/4", die nun ein Bürgerbegehren gegen die Pläne des Stadtrates auf den Weg gebracht hat.

Das Potenzial richtig ausnutzen

Mamitzsch machte zu Beginn des Spaziergangs deutlich, dass man nicht grundsätzlich dagegen sei, hier etwas zu machen. Die Sanierung sei unbedingt notwendig, aber es sei auch wichtig, dass das Potenzial, das in diesem Gebiet steckt, mehr ausgenutzt werde. Dies ist ihrer Meinung nach bei den derzeitigen Plänen des Investors Ten Brinke nicht der Fall. Ziel sei es, die derzeitigen Planungen mit einem Investor zu stoppen, um ein neues Verfahren mit Bürgerbeteiligung und einem unabhängigen Expertenteam ins Leben zu rufen.

Der Kemptener Architekt Franz Schröck wusste beim Spaziergang viel über die bestehenden Gebäude zu erzählen. Die Gaststätte "Goldenes Rad", wo der Spaziergang begann, bleibe aus Gründen des Denkmalschutzes bestehen und werde saniert. Hinter dem "Goldenen Rad" werde ein Glasbau entstehen, der den Zugang zum geplanten Supermarkt darstelle, was der Architekt als problematisch sieht.

Im weiteren Verlauf erzählte Schröck, dass 1862 das Kalchtor abgebrochen worden sei, um die Stadt im Zuge der damals neu errichteten Bahnstrecke zu öffnen. Entlang der Bahnhofstraße standen laut Schröck früher lauter villenartige Einzelgebäude wie das ehemalige Malzwerk an der Ecke zur Kalchstraße. Weiter habe es das Haus eines jüdischen Pferdehändlers, der in der Nazizeit nach Brasilien auswanderte, an der Ecke Maximilianstraße gegeben und in der Bahnhofstraße 4 die erste Memminger Tankstelle in den Zwanzigerjahren.

"Modell des Investors entspricht nicht den Tatsachen"

Die Kritik lautet hier, dass der Investor entlang der Bahnhofstraße einen langen Riegel mit einem Hotel hinsetzen wolle. Das habe mit einer Stadtöffnung nichts zu tun und auch das in den Medien gezeigte Modell des Investors entspreche nicht den Tatsachen, weil entlang der Bahnhofstraße keine schönen Geschäfte entstehen, sondern die Ein- und Ausfahrten für die Zulieferung des Supermarktes und der Tiefgaragenstellplätze geplant seien.

LKW-Einfahrt gegenüber der MEWO-Kunsthalle

Schröck befürchtet wegen der Ein- und Ausfahrten auch erhebliche Verkehrsbeeinträchtigungen auf der ohnehin schon sehr stark befahrenen Straße. An dieser Stelle wurde auch Unverständnis über das Kulturverständnis des Stadtrates geäußert. Eine Teilnehmerin meinte, es sei ihr ein Rätsel, wie man gegenüber der MEWO-Kunsthalle eine LKW-Einfahrt planen könne.

"Keine Ortsbindung des Investors"

Beim nächsten Haltepunkt, Ecke Maximilianstraße, entsteht laut Schröck ein sehr hohes Eckhaus, welches für ihn einen riesigen Klotz darstelle. Er zog dabei Vergleiche mit dem „Schandfleck Maxx-Forum“ auf der gegenüberliegenden Seite und warb dafür, „dass man denselben Fehler nicht nochmal macht“. Schröck zweifelt auch an der Fassadenqualität des Investors und nannte als Beispiel einen Supermarkt, den Ten Brinke in Kaufbeuren errichtete. Dieser sei sehr billig gestaltet und dann an einen amerikanischen Investor verkauft worden. Unter Ortsbindung verstehe er etwas anderes, so Schröck.

Union Kino weiter nutzen?

Spaziergang Bahnhofsareal

Das ehemalige Union-Kino könnte laut Bf/4 für kulturelle Zwischennutzung erhalten bleiben.

Das 1939 von den Gebrüdern Zauner errichtete ehemalige Union Kino in der Maximilianstraße sei mit 728 Sitzplätzen der größte Veranstaltungssaal und gleichzeitig der Versammlungssaal der Nationalsozialisten in Memmingen gewesen. Mit dessen Abbruch zerstöre man auch ein Stück Memminger Stadtgeschichte. Man könne das Gebäude durchaus für kulturelle Zwischennutzung, wie beispielsweise durch das Landestheater Schwaben und das Stadtmuseums geschehen, verwenden und auch weiterhin kulturell beleben.

"Supermarkt unnötig"

Weitere Kritik gab es an dem geplanten Supermarkt. Dieser sei eigentlich nicht nötig und die begrünte Dachfläche sei auch nicht für die Öffentlichkeit, sondern nur für Hotelgäste zugänglich, so Schröck.

"Wertvolles Tafelsilber wird verscherbelt"

Grundsätzlich kritisiert die Initiative, dass die Stadt ein solch wertvolles Gelände einem einzigen Investor überlässt. Hier wird laut Schröck "wertvolles Tafelsilber einfach verscherbelt" und das Heft des Handelns aus der Hand gegeben.

Alternativ könne man das Gelände an verschiedene kleinere Investoren abgeben, ergänzt Franziska Mamitzsch. Die Kritik richte sich auch nicht gegen den Investor Ten Brinke, sondern gälte der Tatsache, dass dieses große Gelände an einen ausländischen Investor verkauft, der keinen Bezug zur Stadt hat und deshalb das Potenzial dieses Areals nicht ausschöpfen könne.

Ein weiterer Spaziergangsteilnehmer sorgt sich darum, ob nach der Neugestaltung für die Pflege des Areals gesorgt wird. Ein anderer meinte, man habe doch in Memmingen zwei Baugesellschaften, die gute Arbeit liefern, wie man am Schrannenplatz sehe. Diese könnten das Projekt doch auch stemmen.

Die Initiative "Bf/4" sammelt immer noch Unterschriften für ihr Bürgerbegehren im Konnex am Marktplatz 10 und an ihrem Stand jeden Samstag auf dem Weinmarkt.