Memmingen (as). Die Erdgaspreise steigen seit Monaten, in ganz Deutschland müssen sich die Verbraucher auf einen teuren Winter einstellen. In Memmingen fällt die Preiserhöhung ab dem 1. Dezember mit 68 bzw. 95 Prozent besonders drastisch aus. Die Lokale sprach mit Marcus Geske, Technischer Leiter der Stadtwerke Memmingen, über die aktuelle Situation.
Bei Vergleichen über Prozentpunkte ist das Ausgangsniveau natürlich wichtig: Je günstiger dies ist, desto stärker fällt eine Preiserhöhung ins Gewicht. Nachdem wir seit 2015 auf Preiserhöhungen verzichtet hatten, sind wir von einem sehr niedrigen Preisniveau gestartet. Zuletzt waren wir von 204 möglichen Gas-Lieferanten in Memmingen der Günstigste. Die Erhöhung von 68 Prozent in der Tarifgruppe A 2001 ist damit rechnerisch korrekt. Für die Tarifgruppe MM Online Privat ist Ihre Aussage nicht ganz richtig, es sind 82 Prozent. Für den Verbraucher ist natürlich beides schmerzhaft.
Als Vergleichsgröße dient meist ein Standardverbraucher mit einer Jahresmenge von 20.000 kWh. Bei einer Erhöhung des Arbeitspreises um 3,93 ct pro Kilowattstunde kommen so Mehrkosten von 786 Euro zustande. Daneben gibt es noch den monatlichen Grundpreis, der aber zum 1. Dezember nicht angepasst wird. Die Gesamtkosten belaufen sich dann auf 1.942 Euro pro Jahr. Für diejenigen, die in einer Wohnung mit geringeren Gasverbräuchen auskommen, ist die Kostensteigerung entsprechend geringer.
Ja, die Erhöhung war leider notwendig. Auch wir müssen unser Erdgas auf dem Markt einkaufen, zum Großteil auf dem Spotmarkt (Gasbörse Leipzig EEX). Die tagesaktuellen Preise für den Gaseinkauf sind an der Börse innerhalb weniger Monate und Wochen von 2,0 bis 2,5 Cent auf heute 9,1 Cent pro Kilowattstunde angestiegen. Diesen Anstieg können wir in keiner Weise kompensieren.
Es ist schon eine kuriose Entwicklung, dass der Gaspreis in dieser Zeit um den Faktor vier gestiegen ist. Uns ist auch bewusst, dass hier große Summen auf die Verbraucher zukommen. Wir sind aber gezwungen, diese Preise an die Kunden weiterzugeben, um unser Defizit, das wir derzeit täglich erwirtschaften, wenigstens im Zaum zu halten.
Das ist grundsätzlich richtig. Auch wir waren in der Lage die bisherige Entwicklung der Gaspreise zu kompensieren. Die aktuellen Preise sind noch vom Juli 2015, und selbst die seit 1. Januar 2021 auferlegte CO2-Steuer haben wir nicht an unsere Kunden weitergeben müssen. Doch was derzeit passiert, derartige Preisanstiege, das hat mit normalem Marktgeschehen nichts mehr zu tun. Das Modell von Angebot und Nachfrage greift momentan nicht.
Das in Memmingen bezogene Erdgas kommt rein physisch nahezu ausschließlich aus Russland.
Über die Gründe dieses plötzlichen Preisanstiegs können wir nur spekulieren, und die von Ihnen genannten Punkte spielen dabei sicherlich eine Rolle. Vermutlich ist es ein Zusammentreffen mehrerer Faktoren, auf die weder der Verbraucher in Memmingen noch wir als letztes Glied in der Verteilerkette Einfluss haben. Eine Diskussion über die Ursachen ist müßig und nutzt uns letztlich auch nicht wirklich etwas. Die relativ leeren Lagerbestände haben aber sicherlich auch damit etwas zu tun, dass die Speicherbewirtschaftung zum Teil privatisiert wurde. Wer kauft schon bei derartigen Marktpreisen Erdgas ein, um es einzulagern?
Auch hierzu will und kann ich mich nicht äußern. Nur so viel: Diejenigen, die es eigentlich wissen müssten - oder zumindest so tun, als wüssten sie es - revidieren ihre langfristigen Einschätzungen derzeit im Wochenrythmus!