Memmingen/Bayern/Deutschland (as/dl). Soll es
deutschlandweite Volksentscheide geben? CSU-Chef Seehofer sieht sie als „Bereicherung unseres
demokratischen Gemeinwesens“. Jetzt ist
die Parteibasis gefragt. Bei der ersten
Mitgliederbefragung in der Geschichte der Partei sollen die Mitglieder darüber abstimmen, ob sich die CSU für Volksentscheide auf Bundesebene einsetzen soll.
Die per Brief oder online eingereichten Stimmzettel sollen bis 4. November ausgezählt werden. Das Ergebnis wird am CSU-Parteitag am 4. und 5. November verkündet und soll in das Grundsatzprogramm einfließen.
In einem Leserbrief äußerte sich Gerd Hoffmann, Mitglied des Landesvorstandes "Mehr
Demokratie e.V. - Bayern", zum CSU-Mitgliederentscheid.
"Mit der Forderung, sich für bundesweite Volksentscheide einzusetzen, könnte die CSU Bayern zum Motor für direkte Demokratie in Deutschland werden", meint Gerd Hoffmann. „Direkte Demokratie wird in Bayern so selbstverständlich praktiziert, wie in keinem anderen Bundesland." Umso unverständlicher ist es seiner Meinung nach, dass die Bürger auf Bundesebene nicht mitbestimmen dürfen. "Deutschland ist Schlusslicht in der Europäischen Union. In allen Mitgliedsstaaten der EU gab es bereits Volksentscheide zu nationalen Themen. Nur in Deutschland nicht“, führt Hoffmann aus.
Direkte Demokratie gegen Politikverdrossenheit
Die direkte Demokratie bekämpfe Politikverdrossenheit: „Viele Menschen ziehen sich aus der politischen Diskussion zurück und lassen sogar ihr Wahlrecht verkümmern. Alle vier Jahre mal ein Kreuz bei Bundestagswahlen zu machen, genügt eben nicht. Die direkte Demokratie motiviert, sich auch zwischen den Wahlen zu engagieren“, erklärt ihr Verfechter Hoffmann. Dem Land Bayern habe es nie geschadet, wenn sich die Bürger eingemischt haben.So sieht das auch CSU-Chef Seehofer: „Bei
vielen Fragen wurden mit der Entscheidung des Volks die Themen befriedet“.
Seehofer erinnert seine Kollegen auch daran, dass die Politiker ihre Mandate den Bürgern
verdanken: „Und deshalb muss man sie ernst nehmen“, so sein Fazit.
„Wesentliche Fragen gehören vors Volk“
„Allein die Möglichkeit von Volksabstimmungen sorgt dafür, dass die Politik in der Nähe der Bürger bleibt“, erklärt Hoffmann. „Wesentliche Fragen gehören vors Volk“. Demnach sollten wichtige Weichenstellungen zu Fragen der Europäischen Integration oder gesellschaftspolitische Themen wie z.B. Gesundheit und Altersversorgung sowie Klima und Umwelt auf Bundesebene vom Volk entschieden werden.
„Die Zeit ist reif für verbindliche Volksentscheide auf Bundesebene. Die bayerischen Erfahrungen können helfen, Bedenken und Ängste gegenüber der direkten Demokratie zu zerstreuen. Deshalb sind die CSU-Mitglieder gut beraten, wenn sie jetzt die Chance nutzen und für Volksentscheide stimmen“, lautet Hoffmanns Appell an die CSU-Mitglieder.
Info: Die Bayerische Verfassung ist eine der ältesten in Deutschland. In ihr ist das Recht auf Popularklage und die direkte Demokratie schon seit 1946 verankert. So selbstverständlich wie in Bayern wird die direkte Demokratie in keinem anderen Bundesland praktiziert. Von insgesamt 70 Volksentscheiden in allen Bundesländern haben 21 in Bayern stattgefunden. Auch bei Bürgerentscheiden in den Kommunen ist Bayern Spitzenreiter. 40 Prozent aller Bürgerbegehren und Bürgerentscheide in Deutschland finden in Bayern statt.
Vorschaubild: Esther Stosch / pixelio.de