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"Attraktiver Stadteingang nicht erkennbar"

Stellungnahme der Memminger Grünen zum Bahnhofsareal-Entwurf

veröffentlicht am 01.03.2019
Spaziergang Bahnhofsareal

Etwa 50 Bürgerinnen und Bürger nahmen kürzlich am Stadtspaziergang durch das Bahnhofsareal teil, zu dem die Initiative „Zukunft Bf/4 Zukunftsfähiges Bahnhofsareal – Wir fordern Mitbestimmung!“ eingeladen hatte. Foto: Würth

Memmingen (dl). Nach intensiver Auseinandersetzung mit dem Themenkomplex „Planung Bahnhofsareal“ sind die Grünen in Memmingen der Meinung, dass der vorliegende Entwurf städtebaulich nicht überzeuge. "Diese Gestaltung lädt nicht zu einem Spaziergang in die Altstadt ein, sie stellt keinen architektonischen Bezug zur MEWO Kunsthalle auf der gegenüberliegenden Seite her und begeistert nicht", heißt es in einer aktuellen Stellungnahme. Der Entwurf entspreche nicht ausreichend den Richtlinien, die der Memminger Stadtrat im Jahr 2014 aufgestellt habe. "Dadurch bleiben die Chancen für eine nachhaltige, gute Stadtentwicklung ungenutzt."

Die Vorgeschichte in Kürze: Im Februar letzten Jahres hatte der Memminger Stadtrat für den (mittlerweile überarbeiteten) Entwurf der niederländischen Ten Brinke Group votiert - mit fünf Gegenstimmen der ÖDP. Mittlerweile hat sich die Initiative „Zukunft Bf/4 Zukunftsfähiges Bahnhofsareal – Wir fordern Mitbestimmung!“ formiert und strebt einen Bürgerentscheid an, um das geplante und teilweise beschlossene Projekt vorerst zu stoppen. Nicht, um das Vorhaben total zu kippen, sondern um die Bürger/Innen mehr einzubinden und einem profitorientierten Unternehmen nicht total freie Hand zu lassen. Nun spricht sich auch der Kreisverband Memmingen von Bündnis 90 / Die Grünen gegen den bisherigen Entwurf aus.

"Wie ein geschlossener Block"

Ein ganzes Viertel soll fast komplett neu gebaut werden, in Blockrandbebauung mit einem Hotel als „Riegel“ in der Bahnhofstraße. In der Mitte wird ein großer Lebensmittelvollsortimenter entstehen (wir berichteten). Ebenerdig wird es noch Geschäfte geben mit darüber liegenden Büros. "Das wirkt optisch wie ein geschlossener Block. Der vom Stadtrat geforderte „attraktive Stadteingang“ ist nicht erkennbar, schreibt Elisabeth Diefenthaler in der Stellungnahme der Grünen.

Im Entwurf ist in der Bahnhofstraße die LKW-Anlieferungszone für den Supermarkt und die Ein- und Ausfahrt in eine Tiefgarage mit 328 Stellplätzen vorgesehen. "Die Kunden der Büros und der Geschäfte wie auch die Hotelgäste nutzen die Stellplätze in häufigem Wechsel. Es wird mehr Lärm geben, die Luftverschmutzung wird zunehmen. Die Verkehrssituation in der Bahnhofstraße wird sich wesentlich verschärfen", geben die Grünen zu bedenken.

Wenig Aufenthaltsqualität

Der Ten Brinke-Entwurf lasse wenig Freiräume oder Plätze für Stadtbegrünung, nur eine kleine Außensitzecke und ein sehr kleiner öffentlicher Aufenthaltsbereich im Freien seien vorgesehen, letzterer noch dazu verschattet.

"Wir sind der Meinung, dass der Bereich durchlässiger für Fußgänger sein muss. Der Entwurf braucht mehr Charakter - eine moderne und mutige Unverwechselbarkeit, die in Zukunft Memmingen genauso symbolisiert wie schöne historische Gebäude. Das „Gesicht“ des Bahnhofsareals wird für Memmingen prägend sein", schreibt Diefenthaler. Die 2014 vom Stadtrat geforderte „hochwertige und offene Architektur“ sei im Entwurf von Ten Brinke nicht gegeben.

Gemeinwohl statt Gewinnorientierung

"Sorgen macht uns auch, dass das ganze Areal an einen einzelnen Investor verkauft werden soll, von dem dann die Zukunft des Quartiers abhängt. Seine Zielsetzung muss gewinnorientiert sein. Gemeinwohlorientierte Elemente im Quartier vorzusehen, ist eigentlich eine Aufgabe der Stadt", kritisieren die Grünen. Das könnten mehr Bänke zum Verweilen, Fußwege durch das Quartier, Blickachsen oder auch Kunst und Kultur im Viertel sein. So könnte die „Belebung des Quartiers und des gesamten Umfeldes“ aussehen.

Die Memminger Innenstadt verzeichne Leerstände im gewerblichen Bereich. Inzwischen gebe es zwei Lebensmittelgeschäfte in der Bahnhofstraße. "Brauchen wir 2019 und später noch so viel Raum für Handel und Gewerbe?", bezweifeln die Grünen. Das Bahnhofsareal liege in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof und zum Busbahnhof. Die Innenstadt sei gut zu Fuß oder mit dem Rad erreichbar.

Nicht genug neue Wohnungen

Bei aktuell fast 2.000 Wohnungssuchenden werden in Memmingen auch auf lange Sicht immer noch viele Wohnungen gebraucht. Außerdem seien Wohnungen in dieser Lage ideal für Personen, die nicht mehr Auto fahren können oder wollen, wie zum Beispiel Seniorinnen und Senioren. Fazit: "Die 39 geplanten Wohnungen sind viel zu wenig. Damit ist die Forderung des Stadtrates 'Stärkung der Wohnfunktion in der Innenstadt' nicht erfüllt."

Kritik üben die Grünen auch am bisherigen Vorgehen der Stadt: Anstatt einen einzelnen Investor zu suchen, dem es überlassen wird, das Quartier zu entwickeln, zu planen und zu bebauen, müsse zuerst das Konzept stehen und dann erst der oder die Investoren gesucht werden - nicht umgekehrt.

Mitsprache der Bürger gefordert

"Wir Memminger müssen zuerst entscheiden, welche Nutzungen wir brauchen und welche konkreten Ziele wir erreichen wollen. Mit klareren Vorgaben können dann architektonische Antworten entstehen, die mehr Sinn machen", plädieren die Grünen. In Form einer Zukunftswerkstatt der Stadt gemeinsam mit den Anwohner/innen des Quartiers ließe sich ein Konzept entwickeln, das erneuerbare Energien nutze, barrierefrei sei, ein fortschrittliches Verkehrskonzept unterstütze, das offener und einladender sei und ein zukunftsorientiertes, nachhaltiges „Eingangstor“ zur geschichtsträchtigen Stadt Memmingen bilde.