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Altersgerechte Quartiersentwicklung: "Lebensnahes Modellprojekt" in Erkheim

veröffentlicht am 16.01.2017
Modellkommune Erkheim

Inzwischen wurde bereits eine Planstelle im Dienstleistungszentrum geschaffen, die mit Michaela Braun, ausgebildete Hauswirtschafterin und Absolventin der Fachakademie für Ernährungs- und Versorgungsmanagement (rechts) und Verena Bertele, gelernte Hauswirtschafterin und Fachfrau für Ernährung und Management, besetzt ist. Beide Damen leisten nicht nur Hilfe im Haushalt und für Familien, sondern führen auch Beratungen und Schulungen durch. Fotos: Sonnleitner 

Memmingen (as). Sehr beeindruckt zeigte sich Staatssekretär Johannes Hintersberger von dem „lebensnahen Modellprojekt" im Pflegebereich, das im Rahmen der altersgerechten Quartiersentwicklung in Erkheim entstand. Auf Einladung des Memminger Landtagsabgeordneten Klaus Holetschek und Erkheims Bürgermeister Christian Seeberger war Hintersberger mit Begleitern aus dem Bayerischen Staatsministerium in den Ort gekommen, um dort eine Wohngemeinschaft für Demenzbetroffene zu besichtigen. Im Rathaus wurde das neu entstandene Zentrum für haushaltsnahe Dienstleistungen vorgestellt.

Angesichts der älter werdenden Gesellschaft sucht die Politik auch in Bayern nach Wegen, wie Kommunen für ihre wachsende Anzahl älterer, unterstützungsbedürftiger sowie dementiell erkrankter Einwohner eine Infrastruktur für qualitätsgesicherte und finanzierbare hauswirtschaftliche Leistungen aufbauen können. In Erkheim ist dies gelungen. Neben Mindelheim wurde der Markt im Februar 2015 vom Staatsministerium als Modellkommune für eine Studie über "Hauswirtschaftliche Dienstleistungen auf kommunaler Ebene" ausgewählt.

Modellkommune Erkheim

Judith Regel-Keitel betreut das Modellprojekt.

Das ins Rathaus integrierte "Dienstleistungszentrum für haushaltsnahe Angebote" wird vom Bayerischen Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft für zwei Jahre mit insgesamt 94.000 Euro gefördert. Mit dieser Anschubfinanzierung ist es gelungen, ein Dienstleistungszentrum aufzubauen, in dem Fachkräfte, Angelernte und Ehrenamtliche zusammen wirken und unterschiedliche Hilfen zur Bewältigung des Alltags anbieten. Eine Unterstützung, die nicht nur Senioren, sondern auch berufstätigen Eltern und alleinerziehenden Müttern zugutekommen soll.

"Modellhaftes erreicht"

Das im Herbst 2015 gegründete  Dienstleistungszentrum ist Ansprechpartner für Fragen und Hilfe rund um den Haushalt. Es kann von jedem Haushalt im Landkreis in Anspruch genommen werden. „Das Angebot reicht von der Zubereitung von Speisen, Wäsche waschen bis hin zum Organisieren von Familienfeiern oder Vorträgen über Ernährung bei Diabetes, Gicht oder Bluthochdruck“, erklärt Klaus Holetschek, stellvertretender Vorsitzender des Arbeitskreises Gesundheit und Pflege der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag.

„Erkheim hat für den ländlichen Raum Modellhaftes erreicht“, lobt MdL Holetschek. Derzeit wird darüber beraten, ob die Förderung auf vier Jahre ausgedehnt werden kann.

"Erste Anlaufstelle und Ansprechpartner"

Das Dienstleitungszentrum hat auch Türöffnerfunktion, insofern dass durch die Hilfe im Haushalt die Hemmschwelle geringer ist, pflegerische Leistungen in Anspruch zu nehmen. „Die Mitarbeiter vom Dienstleistungszentrum könnten erste Anlaufstelle und Ansprechpartner sein, wenn in einem Haushalt oder bei einer Familie Bedarf da ist“, so Holetschek.

„Ich bin sehr froh darüber, dass es mir gelungen ist, dieses in Bayern bisher einzigartige Projekt gegen die Mitbewerbung anderer Gemeinden nach Erkheim zu holen“, bekennt Bürgermeister Seeberger. „Die Unterbringung älterer Menschen in einem Heim sollte nur der letzte Ausweg sein. Ihrem Verbleib in der vertrauten Gemeinde und Umgebung räume ich als ihr Bürgermeister absolute Priorität ein.“

Modellkommune Erkheim

In der sanierten und umgebauten alte Molkerei im Herzen des Marktes Erkheim ist nun die Wohngemeinschaft für Demenzbetroffene untergebracht. Das Wohnen mitten im Ort soll die Inklusion fördern.

Soziale Strukturen vor Ort vernetzen

Angedacht ist derzeit, die Hilfe in die "Wohngemeinschaft für Demenzbetroffene" einzubringe und so die hauswirtschaftlichen mit pflegerischen Dienstleistungen zu vernetzen. Diese Wohngemeinschaft mitten im Zentrum des 3.000-Seelen-Marktes Erkheim entstand vor zwei Jahren im umgebauten und sanierten Gebäude der alten Molkerei. Einen Träger gibt es nicht – „wer hier wohnt, ist (unterstützt von den Angehörigen) Chef und Auftraggeber“, erklärt Quartiersmanagerin und Pflegefachkraft Evi Uhl.

Derzeit wohnen hier zehn Demenzbetroffene - so selbstbestimmt wie möglich und mit so viel Hilfe wie nötig - in eigenen vier Wänden. "Dies ist ein stressfreier Raum“, erklärt die Vorsitzende von Familie und Gesundheit 21 Evi Uhl. Möglich sei dies nicht zuletzt dank einer sehr engagierten Nachbarschaftshilfe. Die „Kümmerer“ wirken zusammen mit geschulten Ehrenamtlichen als Alltagsbegleiter.

"Wichtiger Baustein in der Quartiersentwicklung"

"Respekt und Dank" bekundete Staatssekretär Hintersberger den Engagierten vor Ort. „Das Thema geht uns alle an, auf allen Ebenen und in allen Fachbereichen“, so der Politiker. Durch leidenschaftliche Kümmerer vor Ort habe man hier einen  lebensnahen Weg gefunden, auf die demographische Entwicklung zu reagieren. Das Projekt sei „ein wichtiger Baustein in der Quartiersentwicklung und ein Modell, das in die Fläche getragen werden kann und soll“.

Nun geht es darum, die Ansätze weiter auszubauen. Dafür hofft die Kommune, unterstützt von MdL Holetschek, der von einem „Labor der Zukunft“ sprach, auf eine Verlängerung der Förderdauer.

Info: Dienstleitungen im Haushalt gehören zu den "niedrigschwelligen Entlastungsangeboten". Für Menschen mit Pflegegrad I stellen die Pflegekassen dafür monatlich 125 Euro zur Verfügung.

Unser Vorschaubild: Beim Stimmkreisbesuch von Staatsminister Johannes Hintersberger (4. von links) im Erkheimer Rathaus: Judith Regel-Keitel, Projektleiterin am Fortbildungszentrum Hauswirtschaft Triesdorf, Ministerialrätin Gisela Miethaner, Leiterin Referat Bildung und Schulwesen in der Hauswirtschaft (StMELF) und Erkheims Bürgermeister Christian Seeberger. Rechts neben Hintersberger: Landtagsabgeordneter Klaus Holetschek (stv. Vorsitzender des Arbeitskreises Gesundheit und Pflege der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag), Bernhard Seidenath, gesundheits- und pflegepolitischer Sprecher der CSU-Landtagsfraktion, Quartiersmanagerin Evi Uhl, Dr. Christine Schwendner, stv. Leiterin Referat Seniorenpolitik, Seniorenarbeit, und Hubert Plepla, Koordinationsstelle seniorenpolitisches Gesamtkonzept Landratsamt Unterallgäu.