Inzwischen wurde bereits eine Planstelle im Dienstleistungszentrum geschaffen, die mit Michaela Braun, ausgebildete Hauswirtschafterin und Absolventin der Fachakademie für Ernährungs- und Versorgungsmanagement (rechts) und Verena Bertele, gelernte Hauswirtschafterin und Fachfrau für Ernährung und Management, besetzt ist. Beide Damen leisten nicht nur Hilfe im Haushalt und für Familien, sondern führen auch Beratungen und Schulungen durch. Fotos: Sonnleitner
Memmingen (as). Sehr beeindruckt zeigte sich Staatssekretär Johannes Hintersberger von dem „lebensnahen Modellprojekt" im Pflegebereich, das im Rahmen der altersgerechten Quartiersentwicklung in Erkheim entstand. Auf Einladung des Memminger Landtagsabgeordneten Klaus Holetschek und Erkheims Bürgermeister Christian Seeberger war Hintersberger mit Begleitern aus dem Bayerischen Staatsministerium in den Ort gekommen, um dort eine Wohngemeinschaft für Demenzbetroffene zu besichtigen. Im Rathaus wurde das neu entstandene Zentrum für haushaltsnahe Dienstleistungen vorgestellt.
Angesichts der älter werdenden
Gesellschaft sucht die Politik auch in Bayern nach Wegen, wie Kommunen für ihre
wachsende Anzahl älterer, unterstützungsbedürftiger sowie dementiell erkrankter
Einwohner eine Infrastruktur für qualitätsgesicherte und finanzierbare hauswirtschaftliche
Leistungen aufbauen können. In Erkheim ist dies gelungen. Neben Mindelheim
wurde der Markt im Februar 2015 vom Staatsministerium als Modellkommune
für eine Studie über "Hauswirtschaftliche Dienstleistungen auf kommunaler Ebene"
ausgewählt.
Das ins Rathaus integrierte "Dienstleistungszentrum für
haushaltsnahe Angebote" wird vom Bayerischen Ministerium für Ernährung und
Landwirtschaft für zwei Jahre mit insgesamt 94.000 Euro gefördert. Mit dieser
Anschubfinanzierung ist es gelungen, ein Dienstleistungszentrum aufzubauen, in
dem Fachkräfte, Angelernte und Ehrenamtliche zusammen wirken und
unterschiedliche Hilfen zur Bewältigung des Alltags anbieten. Eine
Unterstützung, die nicht nur Senioren, sondern auch berufstätigen Eltern und
alleinerziehenden Müttern zugutekommen soll.
"Modellhaftes erreicht"
Das im Herbst 2015 gegründete
Dienstleistungszentrum ist Ansprechpartner für Fragen und Hilfe rund um
den Haushalt. Es kann von jedem Haushalt im Landkreis in Anspruch genommen
werden. „Das Angebot reicht von der Zubereitung von Speisen, Wäsche waschen bis
hin zum Organisieren von Familienfeiern oder Vorträgen über Ernährung bei Diabetes, Gicht oder
Bluthochdruck“, erklärt Klaus Holetschek, stellvertretender Vorsitzender
des Arbeitskreises Gesundheit und Pflege der CSU-Fraktion im Bayerischen
Landtag.
„Erkheim hat für den ländlichen Raum Modellhaftes erreicht“, lobt MdL Holetschek. Derzeit wird darüber beraten, ob die Förderung auf vier Jahre ausgedehnt werden kann.
"Erste Anlaufstelle und Ansprechpartner"
Das
Dienstleitungszentrum hat auch Türöffnerfunktion, insofern dass durch
die Hilfe im Haushalt die Hemmschwelle geringer ist, pflegerische
Leistungen in Anspruch zu nehmen. „Die Mitarbeiter vom
Dienstleistungszentrum
könnten erste Anlaufstelle und Ansprechpartner sein, wenn in einem
Haushalt
oder bei einer Familie Bedarf da ist“, so Holetschek.
„Ich bin sehr froh darüber, dass es mir gelungen ist, dieses in Bayern bisher einzigartige Projekt gegen die Mitbewerbung anderer Gemeinden nach Erkheim zu holen“, bekennt Bürgermeister Seeberger. „Die Unterbringung älterer Menschen in einem Heim sollte nur der letzte Ausweg sein. Ihrem Verbleib in der vertrauten Gemeinde und Umgebung räume ich als ihr Bürgermeister absolute Priorität ein.“
In der sanierten und umgebauten alte Molkerei im Herzen des Marktes Erkheim ist nun die Wohngemeinschaft für Demenzbetroffene untergebracht. Das Wohnen mitten im Ort soll die Inklusion fördern.
Soziale Strukturen vor Ort vernetzen
Angedacht ist derzeit, die Hilfe in die "Wohngemeinschaft für Demenzbetroffene" einzubringe und so die hauswirtschaftlichen mit pflegerischen Dienstleistungen zu vernetzen. Diese Wohngemeinschaft mitten im Zentrum des 3.000-Seelen-Marktes Erkheim entstand vor zwei Jahren im umgebauten und sanierten Gebäude der alten Molkerei. Einen Träger gibt es nicht – „wer hier wohnt, ist (unterstützt von den Angehörigen) Chef und Auftraggeber“, erklärt Quartiersmanagerin und Pflegefachkraft Evi Uhl.
Derzeit
wohnen hier zehn Demenzbetroffene - so selbstbestimmt
wie möglich und mit so viel Hilfe wie nötig - in eigenen vier Wänden. "Dies ist ein stressfreier Raum“,
erklärt die Vorsitzende von Familie und Gesundheit 21 Evi Uhl. Möglich sei dies nicht
zuletzt dank einer sehr engagierten Nachbarschaftshilfe. Die „Kümmerer“ wirken
zusammen mit geschulten Ehrenamtlichen als Alltagsbegleiter.
"Wichtiger Baustein in der Quartiersentwicklung"
"Respekt und Dank" bekundete Staatssekretär Hintersberger den Engagierten vor Ort. „Das Thema geht uns alle an, auf allen Ebenen und in allen Fachbereichen“, so der Politiker. Durch leidenschaftliche Kümmerer vor Ort habe man hier einen lebensnahen Weg gefunden, auf die demographische Entwicklung zu reagieren. Das Projekt sei „ein wichtiger Baustein in der Quartiersentwicklung und ein Modell, das in die Fläche getragen werden kann und soll“.
Nun geht es darum, die Ansätze weiter auszubauen. Dafür hofft die Kommune, unterstützt von MdL Holetschek, der von einem „Labor der Zukunft“ sprach, auf eine Verlängerung der Förderdauer.
Info: Dienstleitungen im Haushalt gehören zu den "niedrigschwelligen Entlastungsangeboten". Für Menschen mit Pflegegrad I stellen die Pflegekassen dafür monatlich 125 Euro zur Verfügung.
Unser Vorschaubild: Beim Stimmkreisbesuch von Staatsminister Johannes Hintersberger (4. von links) im Erkheimer Rathaus: Judith Regel-Keitel, Projektleiterin am Fortbildungszentrum Hauswirtschaft Triesdorf, Ministerialrätin Gisela Miethaner, Leiterin Referat Bildung und Schulwesen in der Hauswirtschaft (StMELF) und Erkheims Bürgermeister Christian Seeberger. Rechts neben Hintersberger: Landtagsabgeordneter Klaus Holetschek (stv. Vorsitzender des Arbeitskreises Gesundheit und Pflege der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag), Bernhard Seidenath, gesundheits- und pflegepolitischer Sprecher der CSU-Landtagsfraktion, Quartiersmanagerin Evi Uhl, Dr. Christine Schwendner, stv. Leiterin Referat Seniorenpolitik, Seniorenarbeit, und Hubert Plepla, Koordinationsstelle seniorenpolitisches Gesamtkonzept Landratsamt Unterallgäu.