Klärte über neue Therapiemöglichkeiten bei Brustkrebs auf: Gynäkologie-Chefarzt Privatdozent Dr. Felix Flock vom Klinikum Memmingen bei einem Informationsabend. Foto: Häfele/Pressestelle Klinikum Memmingen
Memmingen (dl). 70.000 Frauen erkranken jedes Jahr in Deutschland an Brustkrebs. Das bedeutet: Jede achte Frau ist betroffen. „Die Zahl der jährlichen Neuerkrankungen steigt kontinuierlich“, schilderte Gynäkologie-Chefarzt Privatdozent Dr. Felix Flock vom Zertifizierten Brustzentrum am Klinikum Memmingen, der bei einem Informationsabend über neue Therapiemöglichkeiten informierte.
„Brustkrebs hat in den letzten 40 Jahren deutlich zugenommen“, betonte Flock vor rund 100 Interessierten – überwiegend Frauen – im Konferenzraum des Klinikum Memmingen. Allerdings steige auch die Überlebensrate von Jahr zu Jahr: „Sie ist im Laufe der letzten 20 Jahre um ein Drittel gestiegen. Das zeigt, dass unsere medizinischen Maßnahmen fruchten.“
Die Brustkrebs-Früherkennung sei Dank des Mammographie-Screenings, das für Frauen ab 50 Jahren empfohlen wird, deutlich verbessert worden: „Dadurch konnte die Sterblichkeit um 40 Prozent gesenkt werden“, schilderte der Gynäkologie-Chefarzt. Außerdem müsse bei einem früh diagnostizierten Brustkrebs meist weniger radikal operiert werden und eine Chemotherapie, die noch vorhandene Krebszellen abtöten soll, falle meist milder aus oder sei überhaupt nicht notwendig.
Zu beurteilen, ob Frauen von einer Chemotherapie profitieren, sei heute Dank immer besserer Prognose-Parameter möglich: „Mit Hilfe moderner Tests analysieren wir im Tumor die Konzentration bestimmter Eiweiße oder verschiedener Gene, deren Eigenschaften eine Aussage über den Krankheitsverlauf ermöglichen“, so Flock. „Die Tests können beispielsweise eine Aussage darüber geben, wie aggressiv der Tumor ist und ob der Patient ein hohes Wiedererkrankungsrisiko hat.“
Antihormontherapie hemmt Tumorwachstum
Weisen die Brustkrebszellen an ihrer Oberfläche Hormonrezeptoren auf – was bei circa 60 Prozent der Patienten der Fall ist – könne durch eine Antihormontherapie der Tumor am Wachsen gehindert und zurückgedrängt werden. „Die Antihormontherapie blockiert die Hormonproduktion. Denn Hormone wirken wachstumsfördernd auf bestimmte Tumorzellen.“ Bisher habe man solche Therapien über einen Zeitraum von fünf Jahren empfohlen. „Neuere Erkenntnisse zeigen, dass Frauen mit hohem Wiedererkrankungsrisiko bei einer Therapieverlängerung auf zehn Jahre einen Überlebensvorteil haben“, so Flock.
Verkürzt dagegen wird mittlerweile die Therapiezeit einer Bestrahlung nach der Operation: „Die Patientinnen werden nur noch drei statt bisher fünf Wochen bestrahlt. Dadurch leiden sie seltener unter lokalen Nebenwirkungen und ihre Lebensqualität wird verbessert.“
Früher wurde oft übertherapiert
Auch in der Achselhöhle werde heute weniger radikal operiert. „Früher wurden 65 Prozent der Frauen durch Entnahme übermäßig vieler Lymphknoten der Achselhöhle übertherapiert“, so der Gynäkologie-Chefarzt. Nicht immer brächte die Entnahme zahlreicher Lymphknoten Vorteile für den Krankheitsverlauf, jedoch viele Nachteile wie dauerhafte Schmerzen im operierten Arm, Schwellungen und Beweglichkeitseinschränkungen. Denn durch die Lymphknotenentfernung werde das Lymphsystem, ein mikroskopisch feines Netz aus kleinsten Lymphgefäßen, das für den Rücktransport von Gewebsflüssigkeit verantwortlich ist, unwiederbringlich geschädigt, wie Klaus Strobl erklärte, staatlich geprüfter Masseur und Lymphtherapeut von der Frauenklinik des Klinikums Rechts der Isar in München.
Um eine Flüssigkeitsansammlung im operierten Arm zu verhindern, solle man auf direkte Sonneneinstrahlung, übermäßige Hitze oder Kälte, sowie drückende und reibende Kleidung verzichten. „Vermeiden Sie auch eine Überbelastung des betroffenen Armes, beispielsweise durch Sportarten mit harten Schlägen und Haushaltstätigkeiten wie Staubsaugen oder Fensterputzen.“ Wenn möglich, solle man den nicht operierten Arm für solche Arbeiten verwenden. Gut seien auch sanfte Sportarten wie Wassergymnastik, Schwimmen, Tanzen oder Nordic Walking.
„Die Situation ist auf keinen Fall aussichtslos“
Über die Therapiemöglichkeiten bei Metastasen klärte Dr. Freya König vom Zertifizierten Brustkrebszentrum am Klinikum Memmingen auf: „Der Brustkrebs muss viele Entwicklungen durchgehen, um überhaupt die Fähigkeit zu entwickeln zu metastasieren.“ Am häufigsten seien Metastasen in den Knochen, am zweithäufigsten in Leber und Lunge zu finden. „Für viele ist die Diagnose ein Schock, aber es gibt Wege, wie man den Patienten helfen kann“, betonte König. Neue Schübe verhindern und bestehende Metastasen verkleinern könnten medikamentöse Therapien wie die Antihormon- oder die Chemotherapie. Auch mit einer Bestrahlung könne man Metastasen am Wachsen hindern und eindämmen. „Die Situation ist auf keinen Fall aussichtslos“, betonte König.