
Memmingen (dl/as). In Form einer einstündigen Performance wurden nun die Ergebnisse des Workshops mit jungen Flüchtlingen, den das Landestheater Schwaben in Auftrag der Bundesagentur für Arbeit veranstaltet hatte, im Großen Haus aufgeführt. Die Podiumsdiskussion im Anschluss an die Vorführung drehte sich um das Thema Zuwanderung.
Wie berichtet, fand unter Leitung von Regisseur Holger Seitz ein vierwöchiger Theaterworkshop unter dem Motto „Ich fahre, ich weiß nicht, wohin? Mich wundert, dass ich so fröhlich bin!“ am Landestheater statt. Täglich sechs Stunden lang haben dreiundzwanzig junge Asylbewerber aus dem Irak, Nigeria, Eritrea, Somalia, Afghanistan, Äthiopien, Pakistan, dem Senegal, Sierra Leone und Syrien ihre Deutschkenntnisse und ihre Körpersprache trainiert.
Ziel des Projektes ist es, Sprachkompetenz und Selbstbewusstsein aufzubauen und so eine bessere Integration in den Arbeitsmarkt und damit in die Gesellschaft zu gewährleisten. Die jungen Leute im Alter zwischen 17 und 21 Jahren, die ohne ihre Familien nach Deutschland gekommen sind, besuchen seit September das Berufsintegrationsjahr am Berufsbildungszentrum (BBZ) Jakob Küner.
Zu Beginn der Theaterperformance, die sie mit Holger Seitz und Boris Stannek, musikalischer Leiter des Projekts, erarbeitet hatten, stellten die Teilnehmer sich dem Publikum in deutscher Sprache vor. In verschiedenen Szenen erzählten sie von ihrem Leben in der Heimat, von den dort zurückgebliebenen Familienmitgliedern, von ihrer Reise nach Deutschland und der Begegnung mit der fremden Kultur. Auch tänzerische Darbietungen waren entstanden, einstudiert von Choreographin Annette Taubmann Bereuter. Sprachspiele und ein pantomimisches Berufe-Raten waren weitere Ausdrucksebenen.
Beeindruckend war die Intensität und Freude, mit der die jungen Menschen agierten. Auch die zarten, anrührenden Momente der Inszenierung zogen die Zuschauer in ihren Bann. Zuckerl zum Abschluss war das gemeinsam gesungene Weihnachtlied „Oh Tannenbaum“.
Podiumsdiskussion zum Thema Zuwanderung
Zur Podiumsdiskussion zum Thema Zuwanderung begrüßte Intendant und Moderator Walter Weyers Claudia Korenke (Vizepräsidentin der Deutsch-Israelischen Gesellschaft), Ingo Werth (Aktivist der Sea Watch e.V.), Josefine Steiger (Industrie- und Handelskammer Schwaben) und Horst Holas (Agentur für Arbeit Kempten-Memmingen)
Ingo Werth betonte, dass es nicht ausreiche, deutsch zu lehren und die Asylbewerber pädagogisch zu betreuen, damit sie Chancen auf einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz hätten. Die Menschen müssten vielmehr "dort abgeholt werden, wo sie stehen". Diejenigen, die „auf der Sonnenseite des Planeten“ geboren worden seien, hätten die Pflicht, den Menschen etwas abzugeben, die fliehen, "weil sie keine Chance mehr sehen, in ihrer Heimat zu überleben". Lediglich ca. drei Prozent der 60 Millionen Flüchtlinge bäten in den Industrieländern um Asyl, „der Rest flüchtet in die Nachbarländer“, stellte Werth klar. „Durch die Zuwanderung geht das Abendland nicht unter“, stimmte Claudia Korenke von der Deutsch-Israelischen Gesellschaft zu.
Ergebnis der fast zweistündigen Diskussion war, dass man weiter darüber sprechen und nachdenken müsse, wie Deutschland mit der Zuwanderung umgehe. Denn nur durch Kommunikation und Information könnten Ängste und Vorurteile abgebaut werden. Dabei helfen konkrete Projekte wie dieses.