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Wer im Glashaus sitzt.... - "Endstation Sehnsucht" im Stadttheater

veröffentlicht am 18.12.2013

blanche Blanche (Michaela Fent) umgarnt Stanleys sensibleren Freund Mitch (Chris Urwyler), an dessen Seite sie sich Sicherheit und Geborgenheit erhofft. Foto: Forster /Landestheater Schwaben

Memmingen (as). „Sinnlichkeit, Tod und Einsamkeit“ – so benannte Tennessee Williams selbst einmal den Grundakkord seiner Dramen. Für sein von der Psychoanalyse Freuds beeinflusstes Stück "Endstation Sehnsucht" (A Streetcar Named Desire), 1947 in New York uraufgeführt, erhielt er den Pulitzer-Preis. Gast-Regisseur Dietmar Nieder schafft es in seiner Inszenierung, etwas von der flirrenden Hitze des Südstaatenklimas in den Memminger Winter zu transportieren. Die Zuschauer im Stadttheater erleben einen langen, aber dennoch kurzweiligen und spannenden Theaterabend mit brillanten Darstellern.

In seinem Drama „Endstation Sehnsucht“ lässt Tennessee Williams zwei Welten aufeinanderprallen: das raue, rücksichtslose Machertum der aufstrebenden Einwanderer und die Dekadenz der aussterbenden Südstaatenaristokratie. Personifiziert werden beide Pole durch den polnischen Einwanderer Stanley Kowalski (Dino Nolting) und die welkende Südstaatenschönheit Blanche duBois (Michaela Fent). Blanche, einzig Überlebende einer Dynastie von Plantagenbesitzern, hat den Halt verloren, treibt wie ein Blatt im Herbstwind durch ihr Leben. Trost und Selbstbestätigung sucht sie im Alkohol und in wahllosen Affären. Als sie schließlich noch ihren Job verliert, flieht sie nach New Orleans zu ihrer Schwester Stella (Carolin Jakoby). Doch diese ist ihrem brutalen Mann Stanley sexuell hörig. Und der entwickelt schnell eine Aversion gegen das exaltierte Getue des ungebetenen Gastes. Mit Gewalt zerrt er die Schwägerin von dem hohen Ross herunter, mit dem sie durch den Lügenwald ihre Phantasiewelt trabt – ein Sturz ins Bodenlose von dem die labile Frau sich nicht mehr erholen wird.

Dietmar Nieder, in erster Linie Schauspieler und Schauspiellehrer, mag im Regiefach noch kein alter Hase sein, doch er beherrscht es meisterhaft. Alle Schauspieler rechtfertigten sein Vertrauen in die eigene Zunft in höchstem Maße. In feinsinnigem Spiel verstehen es die Hauptdarsteller, das komplexe Gespinst der Beziehungen zwischen den in ihren Lebenslügen gefangenen Figuren sicht- und fühlbar zu machen. Dabei flicht Nieder wohl dosiert ein paar komische Elemente ein, ohne dem Stück die psychologische Tiefe zu nehmen oder die Figuren der Lächerlichkeit preiszugeben.

Ein Geniestreich ist das Bühnenbild von Sabine Manteuffel: Zwei fahrbare Glaskabinen repräsentieren das beengte häusliche Ambiente der Kowalskis - stehen aber auch für Eingeschlossensein, Unentrinnbarkeit. Die transparenten Wände erlauben ein raffiniertes Spiel des Verbergens und Offenbarens, ein Spiel mit Nacktheit bzw. Enthüllung und Maske, Reinwaschen und  - schließlich -  Besudelung: Die Vergewaltigung ihres Schwagers (dargestellt durch schnelles Rotieren des Glaskastens, der das Bad darstellt) besiegelt das tragische Ende der Blanche.

Das Publikum bedankte sich mit langem, heftigen Applaus und Extra-Bravos für Michaela Fents Darstellung der exzentrischen Neurotikerin Blanche und Dino Noltings  Interpretation des brutalen und selbstgerechten Stanley Kowalski .

Weitere Vorstellungen am 15. und 21. Dezember sowie am 7., 9. und 15. Januar 2014. Kartenreservierung unter Tel.: 08331/9459-16.