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Mit eingeschränkten Sinnen durch Memmingen

Aktionstag "barrierefreie Zukunft" für mehr gegenseitiges Verständnis

veröffentlicht am 04.05.2023
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Wie fühlt es sich an im Rollstuhl zu sitzen und in Memmingen unterwegs zu sein? Das erlebte eine Gruppe von Schülern der Heilerziehungspflegeschule mit Verena Gotzes (zweite von rechts).

Memmingen (sg). Sich bei einem Stadtrundgang "mit anderen Sinnen" für eine Stunde einfühlen wie es ist eine Sehbehinderung, eine Höreinschränkung, eingeschränkte Mobilität oder eine psychische Erkrankung zu haben - das probierten die Teilnehmer am Aktionstag "Zukunft barrierefrei gestalten" in der Memminger Innenstadt. Dabei gab es einige Aha-Momente, denn vielem sind sich Menschen ohne Einschränkung gar nicht bewusst.

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Yvonne Burckhart (2. von links) verdeutlichte, was es heißt blind zu sein.

Für das Erleben der Seh-Beeinträchtigung wurde eine Gruppe mit verdunkelten Brillen und Blindenstöcken ausgestattet und von Yvonne Burckhart begleitet und geführt, die blind ist. Das Blindenleitsystem war den meisten bisher unbekannt, eine Rille in der Fußgängerzone, die mit dem Taststab erfühlbar ist. Oft ein Konfliktthema mit Gastronomen, die dort zu nah bestuhlen. Laut Satzung müssen 1,20 Meter Abstand gehalten werden - so werden die Gäste nicht versehentlich mit dem Stock eines Blinden "geschlagen". Auch verschiedene Bodenbeläge an der Bushaltestelle zur Kennzeichnung von Wartebereich und Einstieg zeigte Burckhart ihrer Gruppe.

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Am Aktionstag bunt gekennzeichnet: Das Blindenleitsystem.

Erlebtes vergisst man nicht
Im Rollstuhl führte Verena Gotzes eine Gruppe durch die Stadt, die ebenfalls in Rollstühlen Platz nahm. Ihr Motto: "Es gibt nichts besseres als es einfach mal auszuprobieren - was man selbst erlebt hat, vergisst man nicht.". Engagiert führte sie ihre Gruppe, bei der vor allem Schüler der Heilerziehungspflegeschule dabei waren, durch die Stadt. Eine anstrengende Tour auf viel Kopfsteinpflaster, vor allem für die Arme. Die äußeren leicht befahrbaren Wege sind allzu oft mit Ausstellern der Geschäfte blockiert. Da brauche es noch mehr Dialog, so Stadträtin und Vorsitzende des Behindertenbeirates Gotzes, denn vielen Geschäftsleuten sei das nicht bewusst.

Gemeinsam einsam
Mit Lärmschutzkopfhörern ging eine dritte Gruppe zum Simulieren der Hörbeeinträchtigung durch die Stadt. Das Fazit dieser Gruppe war: Wir waren sehr einsam in der Gemeinschaft. Denn die Verständigung war durch viele Nebengeräusche sehr schwierig - Verstehen erforderte unglaublich viel Konzentration und gegenseitiges Anschauen. Auch ein Auto von links kam "plötzlich", da es nicht gehört wurde. Besonders kritisch sind geräuschlose E-Bikes und E-Roller, vor allem, wenn sie von hinten kommen.

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Psychisch eingeschränkt sein fühlt sich manchmal an wie ein Rucksack mit schweren Steinen.

Oft noch ein Tabu
Eine Gruppe, die beim Thema Barrierefreiheit oft nicht mit gedacht wird, ist die Gruppe der psychisch erkrankten und eingeschränkten Menschen. Eine Gruppe, die in unserer Gesellschaft jedoch groß ist - jeder dritte ist von einer depressiven Erkrankung betroffen. Und dennoch ist das Stigma nach wie vor groß. Geführt wurde die Gruppe von Tamara Weiß und Nicole Ried vom Sozialpsychiatrischen Dienst Memmingen. Mit Steinen im Rucksack ging die Gruppe schweigend und verlangsamt durch die Stadt, an vier Stellen wurden Zitate von Betroffenen vorgelesen. Das Gefühl der Belastung durch eine psychische Erkrankung ist von außen nicht sichtbar und schwieriger darzustellen als eine körperliche Beeinträchtigung. Mit dieser Führung ist es jedoch gut gelungen, so das Resümee in der Gruppe.

Organisiert wurde der Tag "Zukunft barrierefrei gestalten" von dem Behindertenbeirat der Stadt Memmingen, dem Bildungswerk der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung, dem Projektbüro Stadt der Freiheitsrechte und der Regens-Wagner-Stiftung. Ein Informationsstand am Weinmarkt und ein gemeinsames Kreidekunstwerk am Theaterplatz und in der Fußgängerzone waren ebenfalls Teil der Aktion.

Fotos: Svenja Gropper

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Am Theaterplatz entstand ein buntes Kreidekunstwerk: "Barrieren überwinden. Zueinander finden.", bei dem jeder mitmachen konnte.